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Veröffentlicht am 28­.06.2023

28.6.2023 - KNA

Austrittsrekord in der Kirche - Hoffnung auf Reformen

Die katholische Kirche in Deutschland verzeichnet Austritte in Rekordhöhe. Der Vertrauensverlust infolge des Missbrauchsskandal
wird als Grund ausgemacht, Reformwillen betont.
Von Johannes Senk (KNA)

Bonn (KNA) Das zweite Jahr in Folge verzeichnet die katholische
Kirche in Deutschland einen Rekord an Austritten. Über
eine halbe Million Menschen kehrten der Kirche im vergangenen
Jahr den Rücken, wie aus der am Mittwoch von der Deutschen
Bischofskonferenz in Bonn veröentlichten allgemeinen
Kirchenstatistik hervorgeht. Die Bischöfe sprechen von Vertrauensverlust,
Laienvertreter fordern eine zügige Umsetzung
von Reformen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg
Bätzing, bezeichnete die Zahlen als alarmierend. Wir müssen
weiter konsequent handeln und die Menschen müssen erfahren,
dass wir an ihrer Seite stehen und für sie da sind, so
der Limburger Bischof. Zugleich warnte Bätzing vor Resignation.
Ja, die hohen Austrittszahlen schmerzen und ich weiÿ,
wie sehr sich Ehren- und Hauptamtliche in Pfarreien, Einrichtungen,
Verbänden, Kitas, Schulen und der Caritas für
andere einsetzen und wie wichtig ihnen die frohe Botschaft
vom liebenden Gott ist.

Aus Sicht des Augsburger Bischofs Bertram Meier muss
die Kirche nun verspieltes Vertrauen zurückerlangen. Ho-
nungsvoll stimmten ihn jedoch die nach Corona wieder steigenden
Zahlen der Gottesdienstbesucher, Taufen und Eheschlie
ÿungen. Der Münsteraner Bischof Felix Genn verwies
auf die Tausenden Menschen, die sich in Gemeinden kirchlichen
Kindergärten, Schulen und Pegeeinrichtungen engagierten.
Traurig, aber wenig überrascht äuÿerte sich die Präsidentin
des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK),
Irme Stetter-Karp. Sie forderte eine Weiterführung des ins
Stocken geratenen Reformprozesses Synodaler Weg. Vier Bisch
öfe, unter ihnen der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki,
hatten in der vergangenen Woche die vorgesehenen Finanzmittel
für den geplanten Synodalen Ausschuss blockiert.

Die Finanzierung über den Verband der Diözesen Deutschlands
hätten die 27 Ortsbischöfe einstimmig beschlieÿen müssen.
Es ist beschämend, dass wir nun innerkirchlich darum
kämpfen müssen, dass es überhaupt weitergeht, so die ZdKPr
äsidentin.

Auch der Bochumer Pastoraltheologe Matthias Sellmann
verwies auf den Synodalen Weg. Sein Ziel ist, strukturelle
Missstände abzustellen. Erst wenn diese Hausaufgabe gemacht
sei, lohne sich ein Nachdenken der Kirchenverantwortlichen,
wie sie in der heutigen Zeit von Gott erzählen wollen.

Der Theologe verglich die Situation der katholischen Kirche
mit dem Dieselskandal. Wenn ich nicht sicher darauf vertrauen
kann, dass ein Auto gut funktioniert, dann kann der
Hersteller an der Armatur oder am Lenkrad tun was er will -
die Menschen werden nicht in das Auto einsteigen.

Die Initiative Wir sind Kirche appellierte an die Ausgetretenen, der Kirche die Finanzmittel nicht komplett zu entziehen. Sie sollten sich überlegen, ob es nicht möglich sei, zumindest kirchliche Projekte auf Gemeindeebene weiter zu unterstützen oder an die groÿen kirchlichen Hilfswerke zu spenden.

Laut der Mitgliederstatistik traten bundesweit im vergangenen
Jahr 522.821 Menschen aus der Kirche aus - noch einmal
deutlich mehr als im Vorjahr (359.338). Insgesamt liegt
die Mitgliederzahl nun bei rund 20,9 Millionen Katholiken.

Zuletzt geändert am 29­.06.2023