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Veröffentlicht am 21­.09.2007

21.9.2007 - www.welt.de

Missbrauchskandal: Kirchenbasis will Bischof entmachten

Nach der Verhaftung des früheren Pfarrers von Riekofen wegen Missbrauchsvorwürfen hat der Regensburger Bischof seinen Besuch in der Gemeinde kurzfristig abgesagt. Dafür erntete er erneue Kritik von der Kirchenbasis. Nun fordert die Kirchenvolksbewegung vom Vatikan, Bischof Müller zu entmachten.

Drei Wochen nach der Verhaftung des früheren Pfarrers von Riekofen wegen Missbrauchsvorwürfen hat der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller am Donnerstag einen für das Wochenende geplanten Besuch in der Gemeinde abgesagt. Unterdessen wächst an der Kirchenbasis der Zorn auf den Bischof. Die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ forderte gestern vom Vatikan, Bischof Müller zu entmachten und ihm einen sogenannten Koadjutor als Aufpasser zur Seite zu stellen. Trotz Verurteilung wieder im Dienst Der 39 Jahre alte Ex-Pfarrer von Riekofen war Ende August verhaftet worden, weil er sich jahrelang an einem Ministranten vergangen haben soll. Der Geistliche war bereits im Jahr 2000 wegen sexuellen Kindesmissbrauchs zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Die Diözese Regensburg setzte ihn anschließend dennoch wieder in der Seelsorge-Arbeit ein.

Ursprünglich wollte Müller an diesem Sonntag den neuen katholischen Pfarrer in der kleinen Gemeinde im Landkreis Regensburg persönlich ins Amt einführen. Ein Sprecher des Regensburger Ordinariats begründete die kurzfristige Absage des seit zwei Wochen geplanten Bischofsbesuchs mit dem Medienrummel. Unter diesen Bedingungen bestehe die Gefahr, dass der Gottesdienst zur Einführung des Pfarrers gestört werde, erklärte ein Bistumssprecher. Stattdessen will der Bischof nach wochenlangem Schweigen heute erstmals in einer Pressekonferenz zu dem Fall Stellung nehmen. Vorwürfe wegen angeblicher Vertuschung Unterdessen hat die „Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen“ dem Bistum Regensburg eine Vertuschung von Missbrauchsfällen vorgeworfen. Die bundesweite Initiative will an diesem Sonntag in Riekofen nach dem Gottesdienst gemeinsam mit Betroffenen über Missbrauchsfälle in der Kirche berichten. Ein Vertreter der Initiative kündigte an, unter Umständen gegen die Verantwortlichen des Ordinariats rechtliche Schritte einleiten zu wollen.

Ein Sprecher des Kirchenvolksbegehrens „Wir sind Kirche“ monierte, durch das Verhalten von Bischof Müller werde „die Unsicherheit und Hilflosigkeit der Bistumsleitung immer größer“. Der Vatikan sei nun gefordert. Um die Glaubwürdigkeit der Kirche wieder herzustellen, müsste Bischof Müller ein Koadjutor zur Seite gestellt werden. Nach dem Kirchenrecht kann ein Bischofskoadjutor vom Vatikan mit besonderen Befugnissen in der jeweiligen Diözese ausgestattet werden.

Zuletzt geändert am 21­.09.2007