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Veröffentlicht am 25­.09.2008

25.9.2008 - ZEIT-MAGAZIN

"Glauben und Stil" Georg Gänswein im Interview

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Von anderem Kaliber sind die Eingriffe Benedikts in die Liturgie der Weltkirche – die sacht, aber bestimmt betriebene Renaissance kirchlicher Formen, deren sich viele Katholiken seit dem reformerischen Zweiten Vatikanischen Konzil der sechziger Jahre zu schämen scheinen. "Vorkonziliar" ist der Kampfbegriff gegen das Alte, zu Überwindende. Es klingt wie das Wort "vormodern" in gewissen weltlichen Debatten. Wer eines von beiden ist, der ist so gut wie erledigt. "Vorkonziliar", also zu überwinden war ganz zentral die altehrwürdige Messe mit dem Gesicht des Priesters zu Gott und dem Rücken zum Volk. Längst ist es umgekehrt. Nun rehabilitiert Benedikt die von den Reformern überwunden geglaubte Formensprache der überkommenen Messe, wo er kann. Das ist keine Stilfrage mehr. Hier geht es um alles.

Ein anderes großes Wort der katholischen Reformära war Communio, und seine Verwandtschaft mit "Kommune" ist keineswegs irreführend. Auch die Kirche hatte ihr "1968". Kommunität. Wie in einer Riesensprechblase schwebte das Wort über den utopischen Sehnsuchtslandschaften der Epoche.

Man schaue sich Michelangelo Antonionis Hippiefilm Zabriskie Point von 1970 mit der legendären Massenszene von Nackten in der Wüste noch einmal an oder Bilder von Woodstock und dann Videos von Weltjugend- und Kirchentagen, dann versteht man es. Was den Hippies die libertäre Gemeinschaft der Liebenden war, ist vielen Katholiken bis heute die Gemeinschaft der Gläubigen. Sie steht im Zentrum des Gottesdienstes. In nuce: Selbsterlösung durch Vereinigung. Benedikt sieht das anders. In den Kirchen Roms steht wieder das Kreuz auf dem Altar, dazu sechs Kerzen, drei links, drei rechts. Also – wie viel Rückbesinnung, wie viel konziliare Schubumkehr will der Papst?

"Wer ihn kennt", antwortet Georg Gänswein, "kennt ihn sehr stark als jemanden, der für Kontinuität in der Liturgie steht. Es ist so ein Dogma, dass das Zweite Vatikanische Konzil Brüche gebracht habe. Es kann doch nicht sein, dass ein Vatikanum irgendwelche Brüche schafft. Der Papst hat die Kontinuität der Kirche zu wahren und nicht zu brechen. Nein, Papst Benedikt ist sich selbst treu geblieben."

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"Dass es falsche Entwicklungen inner- und außerhalb der Liturgie, in der kirchlichen Kunst gegeben hat", fährt Gänswein fort, "ist für jeden klar, der gesunde Sinne hat. Aber Papst Benedikt ist kein Bilderstürmer, vom ganzen Typus her nicht. Er geht nicht mit der Planierraupe vor. Er sieht sich die Dinge an und agiert sanft, aber entschieden." Wer etwa erwartet habe, es werde unter Benedikt in der Personalpolitik einen Schnitt geben, der sehe sich getäuscht.

Wie aber wird es weitergehen – wird Benedikt XVI., der stets die Kontinuität der Kirche und ihrer Formen betont, bei seinen bisherigen Korrekturen stehen bleiben, oder werden weitere folgen?

"Wo die Kontinuität noch nicht zu ihrem Ziel gefunden hat, wird es weitergehen. Im Klerus sind natürlich einige, die das nicht gern sehen. Viele, die jünger sind als ich, sind da viel konsequenter." Er meint: was Korrekturen an den Sechziger-Jahre-Reformen angeht. Wenn schon katholisch, wenn schon Priester, dann richtig.

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Das vollständige Interview:
http://www.zeit.de/2008/40/Mode-Gaenswein-40?page=all

Zuletzt geändert am 07­.12.2008