15.7.2009 - Süddeutsche Zeitung
Dirigent Enoch zu Guttenberg über Kardinal Ratzinger
SZ: Sie stammen aus einer streng katholischen Familie. Kann die Kirche die Entfremdung des Menschen von der Schöpfung aufhalten?
Enoch zu Guttenberg: Das ist ein trauriges, gleichzeitig heißes Kapitel. Während meiner Zeit im Vorstand im BUND waren Bernhard Grzimek, Hubert Weinzierl und ich 1978 beim damaligen Kardinal Joseph Ratzinger. Wir baten dringend um kirchliches Eintreten zum Erhalt der Schöpfung und um die Einsetzung eines katholischen Umweltbeauftragten nach dem Vorbild der evangelischen Kirche. Der Kardinal antwortete – ich zitiere wortgetreu: „Was Sie mir über die Lage der Natur und über den Planeten und über die Zukunft der Menschen erzählt haben, das leuchtet alles ein. Nur – wir haben gerade erst den Galilei überwunden, und jetzt kommen Sie schon wieder mit etwas Neuem.” So ließ uns der Kardinal zwar mit seinem Segen, aber im Regen stehen.
Selten habe ich ein Umweltgespräch so bedrückt verlassen. Mittlerweile ist wohl die Botschaft um die Gefährdung und Zerstörung auch in der katholischen Kirche angekommen, allerdings sehr spät. Es ist halt schwierig mit unserer Kirche. Zum einen beklagt sie mit Recht den Werteverfall, zum anderen ruiniert sie mit hässlichen Volksaltären Ignaz-Günther- oder Asam-Kirchen. Das unterscheidet sie nicht wesentlich von der Flurbereinigung, die weitestgehend unsere Heimat zerstört hat. Vom schlimmen Tausch einer bald tausendjährigen ehrwürdigen Liturgie gegen schlechte Klampfen-Veranstaltungen einmal ganz zu schweigen.
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aus dem Interview mit dem Dirigent Enoch zu Guttenberg über seinen Sohn, den Minister Karl-Theodor zu Guttenberg, und die Rolle von Geschichte, Musik und Adel in der Familie Quelle
Titel: „Er ist ein Delphin im Haifischbecken”
Zuletzt geändert am 11.08.2009