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Veröffentlicht am 17­.04.2010

17.4.2010 - Augsburger Allgemeine

Walter Mixa: Verbrannte Erde im Bistum Augsburg

Ein Kommentar von Markus Günther

Ist das eine Kampagne bestimmter Medien gegen den Bischof von Augsburg? Oder ist es eine Intrige innerkirchlicher Gegner Mixas? Oder noch anders: Scheitert der Bischof an seinen eigenen Fehlern, an mangelnder Wahrhaftigkeit und schlechtem Krisenmanagement? Die Antwort lautet: An allem ist etwas Wahres dran. Vieles und viele haben den Bischof beschädigt; aber mehr als jeder andere hat er sich selbst geschadet.

Entscheidend ist längst nicht mehr, wie genau sich die Fäden dieser Geschichte versponnen haben. Entscheidend ist, dass Walter Mixa gefesselt ist in einem Knäuel von Vorwürfen und Enthüllungen, Verdächtigungen und Peinlichkeiten, Beschuldigungen, Ungereimtheiten, Halbwahrheiten und späten Geständnissen. Er wird sich aus diesem Knäuel nicht mehr befreien können.

Wenn Journalisten einen Rücktritt fordern, ist das per se problematisch. Medien sollten sich nicht zum Richter aufspielen. In der medialen Empörungskultur unserer Tage ist das vorsichtige, besonnene Urteil wertvoller als die selbstgerechte moralische Überheblichkeit. Diese Zeitung beteiligt sich auch nicht, wie manche unserer Leser meinen, an einer Hetzkampagne gegen den Bischof. Bei jedem einzelnen Vorwurf, der erhoben wird, gilt auch für den Bischof die Unschuldsvermutung. Was ihn entlastet, was überhaupt für und nicht gegen ihn spricht, haben wir in den vergangenen Wochen nach bestem Wissen und Gewissen dargestellt.

Doch auch mit einem nüchternen, unvoreingenommenen Blick kann man nicht mehr daran vorbeisehen, dass dem Bischof nur noch der Rücktritt bleibt. Es ist der beste Dienst, den er seiner Kirche und den Katholiken im Bistum Augsburg noch erweisen kann.

Für die Katholiken waren die letzten Wochen eine Katastrophe. Viele haben in einem für die Kirche ungemein schwierigen Meinungsklima ihren Bischof verteidigt. Sie haben sich auf sein Wort verlassen, dass er niemals Kinder geschlagen habe. Jetzt sagt er, dass er Ohrfeigen eben doch nicht ausschließen könne. Aber warum wurde dann auch auf die hartnäckigsten Nachfragen hin alles immer wieder abgestritten? Warum wurde den mutmaßlichen Opfern erst einmal mit Klage gedroht?

Die Vorwürfe finanzieller Unregelmäßigkeiten sind im Detail schwer zu bewerten. Die Aufsichtsgremien sind sicher nicht unschuldig, wenn sie die kuriosen Anschaffungen genehmigt haben. Doch was mindestens bleibt, ist das Kopfschütteln über einen Priester, der einem zwielichtigen Mann 43 000 Mark zahlte, einen Teppich für 18 000 Mark kaufte und das Geld dafür später von der Stiftung nahm. Mixa hat das Geld zurückgezahlt und sich nicht bereichert. Blamiert hat er sich aber ohne Zweifel.

Mit seinen pointierten, manchmal allzu konfrontativ formulierten Debattenbeiträgen hat Walter Mixa sich früh viele Feinde gemacht. Das allein spricht nicht gegen ihn. Ein Bischof muss auch gegen Widerspruch für seine Überzeugungen eintreten. Zur Polarisierung aber haben die Zuspitzungen schon früh beigetragen.

Dennoch wäre es falsch zu glauben, Mixas konservative Ansichten seien ihm zum Verhängnis geworden, so falsch eben wie die Vermutung, er sei einfach nur Opfer einer Kampagne. Was Mixa zu Fall bringt, hat mit rechts und links nichts zu tun und auch nicht mit der Macht der Medien. Zum Verhängnis wird ihm Menschliches, allzu Menschliches. Dazu gehört ein Hang zur Eitelkeit, aber auch mangelndes Urteilsvermögen und schlechte Menschenkenntnis.

Bischöfe sind keine Heiligen, das ist wahr. Aber sie müssen überzeugende Vorbilder sein. Ein solches Vorbild war Walter Mixa, der als Pfarrer charismatisch und erfolgreich war, als Bischof nie.

Ist der Rücktritt unausweichlich? Ja. Mit jedem Tag nimmt die Kirche größeren Schaden. Das Recht des Bischofs auf sein Amt findet seine Grenze dort, wo er dem ihm anvertrauten Bistum mehr schadet als nutzt. Wie weit will man es kommen lassen? Wie viele Katholiken werden noch austreten? Will man sich einbunkern und die Augen vor der Realität verschließen, wenn selbst die treusten Priester und Laien das Vertrauen verloren haben und auf ein befreiendes Ende hoffen? Wenn der Bischof im Bistum Augsburg mehr hinterlassen will als verbrannte Erde, ist es für den Rücktritt höchste Zeit.

Zuletzt geändert am 18­.04.2010