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Veröffentlicht am 07­.05.2010

7.5.2010 - Süddeutsche Zeitung

Kirche verbarg Missbrauchsfälle

Ministerium: In diesem Jahr bereits 96 Ermittlungen

München/Würzburg– Die katholische Kirche hat Fälle von sexueller und körperlicher Gewalt gegen Kinder über Jahrzehnte vor der Justiz verborgen gehalten. Das geht aus einem Bericht des Justizministeriums hervor, der am Donnerstag im Rechtsausschuss des Landtags gegeben wurde. In diesem Jahr habe es im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch und körperlichen Misshandlungen 41 Ermittlungsverfahren und 55 Fälle von Vorermittlungen gegeben, sagte Helmut Seitz, der Abteilungsleiter Strafrecht des Ministeriums. Nur zwei der fast 100 Verdachtsfälle betreffen laut Ministerium die evangelische Kirche, der Rest spielte sich in katholischen Einrichtungen ab. „Über Jahre hinweg sind die Verfahren nicht annähernd so häufig aufgetreten wie in den vergangenen Wochen“, sagte Seitz. In manchen Fällen habe sich gezeigt, dass die Verdachtsfälle innerkirchlich seit langem bekannt waren. „Sie wurden damals nicht den Behörden mitgeteilt, sondern intern geregelt.“ So seien mehrfach auffällig gewordene Geistliche nur an andere Orte versetzt worden. „Das ist eine Art des Umgangs mit den Opfern, die man als in hohem Maße zynisch bezeichnen muss“, sagte dazu die stellvertretende Ausschusschefin Petra Guttenberger (CSU).

Bei einer Telefonaktion des Bistums Würzburg zur aktuellen Krise in der katholischen Kirche haben Gläubige im Gespräch mit Seelsorgern jetzt ihrem Unmut Luft machen können. Zahlreiche Anrufer hätten Reformen in der Kirche gefordert, beispielsweise bei der Frage nach der Rolle der Frau und der kirchlichen Sexualmoral, teilte das Ordinariat am Donnerstag mit. Andere hätten ihre Enttäuschung über die Kirche ausgedrückt und einen Glaubwürdigkeitsverlust beklagt. 117 Frauen und Männer hatten sich gemeldet. dpa

Zuletzt geändert am 08­.05.2010