11.7.2010 - Welt online
Kirchenaustritte in einzelnen Bistümern verdoppelt
Die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche haben unmittelbare Auswirkung auf die Zahl der Kirchenaustritte. „Die Zahl der Kirchenaustritte hat sich seither dramatisch erhöht und in manchen Bistümern fast verdoppelt“, erklärte der Religionssoziologe Detlev Pollack (Münster) bei einer Tagung der evangelischen Akademie Tutzing. Jüngsten Erhebungen seines Instituts an der Universität Münster zufolge sei die Zahl der Kirchenaustritte bei der evangelischen Kirche zwar ebenfalls angestiegen, doch bei weitem nicht so sehr wie bei der katholischen Kirche. „Offenbar gibt es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Missbrauchsskandalen und den Kirchenaustritten“, sagte Pollack.
Bei einem Vergleich der Kirchenaustrittszahlen über Jahre hinweg lasse sich Pollack zufolge fast immer eine Verbindung zu gesellschaftspolitischen Veränderungen erkennen. Als in den 1970er Jahren etwa der Konjunkturzuschlag eingeführt wurde, habe dies ebenfalls unmittelbare Auswirkungen auf die Zahl der Kirchenaustritte gehabt. Insgesamt habe sich die Zahl der Austritte kontinuierlich erhöht. Dies deute auf einen „säkularen Trend“ in der Gesellschaft hin.
„Die Menschen machen es sich nicht leicht mit einem Kirchenaustritt“, betonte Pollack. Meist würden sie sich erst nach vielen und reiflichen Überlegungen dafür entscheiden. Vielen sei die Kirche fremd geworden, andere wollten Kirchensteuer sparen oder meinten, sie könnten auch ohne Kirche christlich sein. An die Adresse der Kirchen gerichtet sprach sich der Religionssoziologe dafür aus, das Augenmerk stärker auf die Kirchenmitgliedschaft zu richten. „Es sollte stärker untersucht werden, was die Menschen an die Kirche bindet“, sagte Pollack.
http://www.welt.de/politik/deutschland/article8412643/Kirchenaustritte-in-einzelnen-Bistuemern-verdoppelt.html
Zuletzt geändert am 12.07.2010