14.8.2010 - Badische Zeitung
Rücktritte und Protest gegen die Bischöfe
von Bettina Wieselmann
STUTTGART. Ein papstkritischer Rundfunkpfarrer zieht sich auf bischöflichen Druck aus der Leitung des katholischen Instituts zur Förderung des publizistischen Nachwuchses (IFP) zurück – und bleibt nach Informationen der Badischen Zeitung nicht allein. Am Sonntag legt der Geistliche Direktor der Münchner Journalistenschule, Pfarrer Michael Broch (67), sein Amt nieder. Mit sofortiger Wirkung ist auch der langjährige IFP-Aufsichtsratsvorsitzende, der Hörfunkdirektor des SWR, Bernhard Hermann, von seinen Ehrenämtern in der katholischen Kirche zurückgetreten. Andere Mitglieder des Aufsichtsrats erwägen diesen Schritt.
Mit einem sehr papstkritischen Interview Mitte Mai in der Leonberger Kreiszeitung hatte der Rottenberger Diözesanpriester, der einst bei Joseph Ratzinger sein Examen abgelegt hat, auch Entrüstung im Münchner Institut erregt. "Fürchterlich" betroffen von den vielen bekannt gewordenen Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche, hatte Broch das geschlossene System der "Männerwirtschaft" und bischöfliche "Bunkermentalität" kritisiert und gesagt: "Wenn es so weitergeht, fährt Papst Benedikt die Kirche an die Wand."
Nach interner Missbilligung hatte sich Broch kurz darauf entschuldigt. Allein der Mainzer Bischof Karl Kardinal Lehmann schloss sich ausdrücklich dem einstimmigen Votum des IFP-Aufsichtsrats an, Broch im Amt zu belassen. Gestern ließ Hermann nun die Bischöfe wissen, dass sein Vertrauensvorrat erschöpft sei. Der BZ sagte Hermann: "Wenn Bischöfe sich in ihrer Mehrheit als Repräsentanten eines gnadenlosen Systems gerieren, will ich mit denen als katholischer Christ nichts mehr zu tun haben."
Gestern teilte die Deutsche Bischofskonferenz offiziell den Rücktritt Brochs mit. Es gibt Anzeichen, dass ihr Vorsitzender selbst zu einem anderen Urteil gekommen ist. In der Pressemitteilung heißt es, Robert Zollitsch hoffe, "dass man die Beweggründe der Bischöfe als auch von Pfarrer Broch auch dann respektieren werde, wenn man sie persönlich nicht für schlüssig hält".
Zuletzt geändert am 14.08.2010