15.9.2010 - Frankfurter Rundschau
Kritik an Kirche von oben
Von Moritz Zimmermann
Das Problem ist klar: Es gibt zu wenig Priester. Nur die Lösung dieses Problems und wie die Zukunft der katholischen Gemeinden in Frankfurt aussehen könnte, das steht noch nicht fest. Doch es gibt Anzeichen wohin es gehen soll. "Die Veränderung geht in Richtung Großpfarrei, die dann, so hört man, 20.000 Katholiken umfassen könnte", schreibt Dekan Rolf Glaser im in Kürze erscheinenden Pfarrbrief seiner Gemeinde Mariä Himmelfahrt. Und weiter: "Die bisherigen Pfarreien würden im Zuge dieser Veränderung zwangsläufig aufgelöst."
Unter anderem wegen dieser anstehenden Neuerungen fand am vergangenen Wochenende in St. Markus im Stadtteil Nied der Dekanatstag des Dekanats Höchst statt. Die engagierte Auseinandersetzung der 150 Teilnehmer mit der Zukunft des kirchlichen Lebens und der ehrenamtlichen Arbeit im Dekanat stand unter dem Motto "Nahe bei den Menschen".
Hierzu stellten zunächst die sieben Gemeinden des Dekanats ihre besonderen Aktivitäten vor. Am Samstag hielt der Mainzer Theologe Stefan Knobloch zunächst ein Referat, indem er das hierarchische Führungsdenken der Bistumsspitze in Limburg scharf kritisiert: "Kirchliche Entscheidungen gewinnen heute ihre Plausibilität aus ,demokratisch' zu nennenden Entscheidungsprozessen und nicht aufgrund der formalen Autorität eines Bischofs." Dabei bezog sich Knobloch auf Aussagen des Bischofs Tebartz-van Elst in einer Frankfurter Zeitung sowie ein Positionspapier von Weihbischof Thomas Löhr.
Anschließend wurde in kleinen Gesprächsrunden deutlich, dass die Gemeindemitglieder gefragt und gehört werden wollen zu wichtigen Fragen wie der nach einer möglichen Neustrukturierung. Eine Großgemeinde mit 20.000 Mitgliedern erscheine dabei als nicht zielführend, außerdem müssten etwa Zulassungsbedingungen für den Priesterberuf entschärft und dieser dadurch attraktiver gemacht werden. Ein Verfechter des Umstrukturierungskonzepts ist der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz, der außerplanmäßig zu Wort kam. Er berichtete von seinen Erfahrungen mit dem Pilotprojekt in Wiesbaden, wobei er aber auch betonte, dass es in der katholischen Kirche keine Denkverbote gebe.
Nach der Neuordnung dürfte es in Frankfurt schließlich acht bis neun Pfarreien geben, was besonders Auswirkungen· auf Pfarrgemeinde- und Verwaltungsräte hätte. Die Wahlen zum Gemeinderat stehen im Herbst 2011 an. Nicht geklärt ist jedoch, wer zukünftig Kindertagesstätten und Liegenschaften verwaltet, da die einzelnen Gemeinden als Knotenpunkte bestehen bleiben sollen.
Dass es Strukturveränderungen in Frankfurt geben muss, darin sind sich alle einig. Doch ein Brodeln im Dekanat ist nicht zu übersehen. Nicht wenige sind der Ansicht, das komme von der Art und Weise, wie diese durchgesetzt werden sollen.
Zuletzt geändert am 16.10.2010