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Veröffentlicht am 30­.07.2011

John Allen jun.

zu Priestermangel und Pfingstbewegung

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In den Entwicklungsländern haben der gewaltige Priestermangel und das passive Verständnis der Rolle der Laien zu riesigen Löchern im katholischen Seelsorgenetz geführt. Kommen derzeit in den USA auf einen Priester 1300 Katholiken, so in Lateinamerika 8000, und vielerorts ist die Lage noch viel schlimmer. Ein brasilianischer Autor beschrieb die praktische Realität so: »Wir haben für ungefähr 140 Millionen Katholiken nur 18 000 Priester. Dagegen haben die >Assemblies of God< in Brasilien achteinhalb Millionen Gläubige und über 52 000 Pastoren.« Das heißt, auf einen Pastor kommen 163 Gemeindemitglieder, bei den Katholiken auf einen Priester 7 777.

2007 erläuterte in Honduras eine Frau, die die letzte Katholikin in einer Familie ist, welche ihre katholischen Wurzeln bis auf die Zeit von Kolum­bus zurückverfolgen kann, wie ihre Verwandten alle Pfingstler geworden seien. Vor einigen Jahren habe ihre Schwiegermutter Krebs gehabt und sei sechs Monate lang im Krankenhaus gewesen. Während dieser Zeit habe es ihr überforderter katholischer Gemeindepfarrer nur zweimal geschafft, sie ganz kurz zu besuchen. Das katholische Krankenhaus habe über keinen Krankenhausseelsorger verfügt. Aber eine Gruppe von Frauen der örtlichen Pfingstkirche habe täglich mehrere Stunden in ihrem Zimmer verbracht. Diese Frauen hätten ihr während der Chemotherapie-Behandlungen die Hand gehalten, für sie gebetet, ihr beim Essen geholfen und sie sauber gehalten. Sie hätten sich auch um ihren Haushalt und ihre Kinder gekümmert. Die Folge dieses Erlebnisses sei gewesen, dass ihre Schwiegermutter nach ihrer Genesung die Gottesdienste der Pfingstkirche besucht und nach und nach die ganze Verwandtschaft für diese gewonnen habe.
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in: John L. Allen, Das neue Gesicht der Kirche. Die Zukunft des Katholizismus. Gütersloh 2010, 427.

Zuletzt geändert am 30­.07.2011