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Veröffentlicht am 20­.12.2011

20.12.2011 - Badische Zeitung

Kein Pardon für wiederverheiratete Geschiedene

von: Gerhard Kiefer

Kein Pardon für wiederverheiratete Geschiedene Das Kommunionsverbot bleibt / Die Vatikan-Medien erteilen mit einem Ratzinger-Text Erzbischof Zollitsch eine Absage. Katholiken, die geschieden und wieder verheiratet sind, können auch künftig nicht damit rechnen, wieder zur Kommunion gehen zu dürfen. Die unmittelbar vor dem Papstbesuch im Herbst öffentlich formulierte Hoffnung des Freiburger Erzbischofs Robert Zollitsch, "dass wir in der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen weiterkommen werden", geht offenbar nicht in Erfüllung. Und das, obwohl Zollitsch betont hatte, das sei schließlich "auch eine Frage der Barmherzigkeit".

Das Vatikan-Blatt Osservatore Romano und der Papstsender Radio Vatikan haben jetzt einen Text des damaligen Kardinals und heutigen Papstes Joseph Ratzinger aus dem Jahr 1998 veröffentlicht, der Einwände "gegen die kirchliche Lehre über den Kommunionempfang von wiederverheirateten Geschiedenen" zurückweist. Das dokumentiert offenbar die Absage des Vatikans an alle Versuche, die Haltung der Kirche in dieser angesichts vieler Ehescheidungen auch unter Katholiken immer drängenderen Frage zu korrigieren. Kirchliche Insider sprechen gar von einer "Klatsche für Zollitsch".

Der Erzbischof, seit Februar 2008 auch Vorsitzender der Deutschen Katholischen Bischofskonferenz (DBK), hatte ausdrücklich auf das Beispiel von Bundespräsident Christian Wulff verwiesen. Auch der CDU-Politiker, Katholik, geschieden und wieder verheiratet, darf nicht mehr kommunizieren. Zollitsch argumentierte in einem Zeit-Interview, es gehe darum, Menschen zu helfen, "deren Leben in wichtigen Dingen unglücklich verlaufen ist" – und zu diesen Dingen zählt er ausdrücklich "auch eine gescheiterte Ehe". Doch seine Sichtweise wird keineswegs von allen deutschen Bischöfen geteilt.

"Die Lehre der Kirche ist klar"

Kölns konservativer Kardinal Joachim Meisner reagierte sofort kühl mit dem Hinweis, der Freiburger Kollege habe nur für sich, nicht aber für die Deutsche Bischofskonferenz gesprochen. Und die Reaktion des Apostolischen Nuntius in Berlin, Erzbischof Jean-Claude Périsset, antizipierte schon damals offenbar, was der Vatikan mit diesem Ratzinger-Text von 1998 nun ausdrücklich bekräftigt. Der Nuntius gab noch vor der Ankunft des Papstes und möglicherweise schon auf dessen Geheiß dem Freiburger Erzbischof Kontra: "Die Lehre der Kirche ist klar und mit einer Veränderung nicht zu rechnen." Aufgabe der päpstlichen Diplomaten in den Hauptstädten ist es auch, die jeweilige "Ortskirche" zu überwachen.

Wenig hilfreich wirkt Périssets lapidarer Hinweis, jeder könne ja die Gültigkeit seiner Ehe von einem kirchlichen Gericht überprüfen lassen. Werde sie annulliert, dürften die Betreffenden wieder heiraten und auch zur Kommunion gehen. Von den Sakramenten ausgeschlossen zu sein bedeute nicht, am übrigen kirchlichen Leben nicht mehr teilnehmen zu dürfen. Aber wer nach Scheidung und Wiederheirat nicht mehr kommunizieren könne, müsse "aus innerer Ehrlichkeit den Schmerz über das Scheitern des Eheversprechens aushalten".

In seinem Dokument von 1998 verweist Kardinal Ratzinger, damals Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, darauf, die Kirche leite "die Unauflöslichkeit der Ehe aus der Treue gegenüber dem Wort Jesu" her. Jesus verweise über das Gesetz hinaus auf den Schöpferwillen und fasse seine Lehre so zusammen: "Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen." Nur so könne, so Ratzinger in seiner offenbar auch noch heute jeder Diskussion entzogenen Sichtweise von 1998, "die Ehe der gottgegebenen Berufung zur Liebe und der menschlichen Würde voll gerecht und zum Zeichen der unbedingten Bundesliebe Gottes, das heißt zum Sakrament, werden". Der Kardinal distanziert sich ausdrücklich von der – "sich vom Herrenwort immer mehr entfernenden" – liberaleren Praxis der von Rom getrennten Ostkirchen, von denen manche Scheidungsgründe anerkennen: "Sie kann von der katholischen Kirche aus lehrmäßigen Gründen nicht übernommen werden." Die Unauflöslichkeit der Ehe sei eine jener "Normen göttlichen Rechts, die auf den Herrn selbst zurückgehen und über die die Kirche keine Verfügungsgewalt hat".

Schon Oskar Saier wurde einst eingerüffelt

Wie Zollitsch war auch sein Vorgänger Oskar Saier daran gescheitert, die Kirche mit wiederverheirateten Katholiken barmherziger umgehen zu lassen. Saier und seine Suffraganbischöfe und heutigen Kardinäle Walter Kasper (damals Rottenburg/Stuttgart) und Karl Lehmann (Mainz, damals Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz) hatten dazu einen gemeinsamen Hirtenbrief geschrieben, waren dafür aber von Ratzinger in Rom heftigst gerüffelt worden. Saier, damals immerhin Vizevorsitzender der Bischofskonferenz, habe, so schrieb jüngst die FAZ, "den Vatikan als gebrochener Mann verlassen".

http://www.badische-zeitung.de/kommentare-1/kein-pardon-fuer-wiederverheiratete-geschiedene--53696088.html

Zuletzt geändert am 20­.12.2011