17.3.2012 - spiegel-online
Niederlande: Katholische Kirche soll Kastration von Jungen angeordnet haben
Amsterdam - Die katholische Kirche der Niederlande hat einem Bericht der Zeitung "NRC Handelsblad" zufolge in den fünfziger Jahren mehrere Jungen kastrieren lassen, um deren angebliche Homosexualität "zu heilen".
Bekannt geworden war demnach der Fall eines Jungen, der Mitte der fünfziger Jahre in einem katholischen Internat missbraucht worden sei. Als dieser sich gewehrt habe, sei er in einer kirchengeführten psychiatrischen Klinik untergebracht und dort kastriert worden, mit dem Ziel, ihn von seinen "homosexuellen Neigungen zu befreien".
Laut der Zeitung gibt es Hinweise auf zehn weitere Fälle. Das Blatt beruft sich dabei auf Aussagen von Opfern, ärztliche Berichte, Privatbriefe und Anwaltsdokumente.
Eine unabhängige Kommission hatte auf Initiative der katholischen Kirche in den Niederlanden eine Untersuchung zu sexuellem Missbrauch durchgeführt. Der Bericht war im Dezember 2011 vorgestellt worden. Demnach wurden zwischen 1945 und 1981 zwischen 10.000 und 20.000 Kinder in kirchlichen Einrichtungen sexuell missbraucht.
Zehntausende sollen zudem von Angehörigen oder Mitarbeitern der katholischen Kirche mindestens belästigt worden sein, mehrere tausend seien schwerwiegend misshandelt worden.
Obwohl es schon während der Erstellung des Berichts den Verdacht auf Kastrationen als "therapeutische Maßnahme zur Heilung der Homosexualität" gegeben haben soll, war dieser Aspekt nicht in die endgültige Fassung aufgenommen worden. Laut der Zeitung gibt die Kommission an, den betreffenden Report nicht erhalten zu haben.
usp/dpa
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,822008,00.html
Zuletzt geändert am 18.03.2012