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Veröffentlicht am 24­.02.2013

24.2.2013 - focus.de

Wie Christen in Indonesien um ihr Leben fürchten

Christen in aller Welt müssen wegen ihres Glaubens um ihr Leben fürchten. Auch in Indonesien, dem bevölkerungsreichsten islamischen Land, kommt es immer wieder zu Übergriffen gegen Christen.

Schon früh am Morgen klingelt sein Handy Sturm. „Wir haben Probleme. Sie wollen unsere Kirche dicht machen“, ruft der Mann in den Hörer. Theophilus Bela ist Anrufe wie den vom vergangenen Freitag gewöhnt. Der Präsident der Nichtregierungsorganisation „Christliches Forums“ ist Anlaufstelle und Sorgentelefon für verfolgte Christen in Indonesien. An diesem Freitag ruft ihn ein Gemeindemitglied der pentecostal church in Banten, etwa 120 Kilometer südwestlich von Jakarta an. „Radikale Islamisten wollten beim Gemeinderat gegen die Kirche protestieren“, sagt Bela.

Die Sorge der evangelikalen rund 30-köpfige Gemeinde ist nicht unbegründet. Immer wieder haben Proteste radikaler Islamisten dazu geführt, dass Behörden Kirchen in Indonesien geschlossen haben. Die Evangelische Kirche in Deutschland ruft darum an diesem zweiten Fastensonntag zum Gebet für verfolgte Christen und ganz besonders für Christen in Indonesien auf. „Seit vielen Jahren kommt es dort immer wieder zu Übergriffen von radikalen islamistischen Kräften, denen die Polizei und andere staatliche Stellen nicht mit der erforderlichen Entschiedenheit begegnen“, sagt der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider.

Der Bürgermeister macht die Kirchen dicht Indonesien ist der Staat mit der größten muslimischen Bevölkerung der Welt. Knapp zehn Prozent sind Christen. Daneben gibt es einige wenige Hinduisten, Buddhisten und Juden. In der indonesischen Verfassung ist Religionsfreiheit garantiert. „Normalerweise leben Christen und Muslime auch sehr friedlich miteinander“, sagt Bela. Allerdings kommt es in einzelnen Orten immer wieder zu Konflikten über die Frage, wo Christen ihre Gottesdienste feiern dürfen.

Muslimische Gruppen organisieren dort Proteste gegen den Bau oder schon bestehende Kirchen. Lokale Behörden lassen sich durch die Stimmung der Massen leichter beeinflussen als durch die geltende Rechtslage. „So ist es schon häufig abgelaufen. Erst protestieren radikale Islamisten gegen die Kirchen, dann kommt der Bürgermeister und macht sie dicht.“ Auf diese Weise wurde Anfang Februar auch die evangelische Toba-Batak-Kirche in Nord-Bekasi, einem Vorort von Jakarta, geschlossen. Seitdem feiert die Gemeinde ihre Sonntagsgottesdienste unter freiem Himmel vor der Kirche.

Steinwerfer warten nach dem Gottesdienst Bei einer anderen Toba-Batak-Kirche in Bekasi hatten vor zwei Wochen 300 radikale Islamisten angekündigt, den Sonntagsgottesdienst stören zu wollen. „Sie sitzen dann auf dem Zaun oder stehen vor der Tür, schreien und stören den Gottesdienst. Manche tragen ein Messer, andere werfen mit Steinen“, erzählt Bela von solchen Protestaktionen.

Dieses Mal erfuhr er rechtzeitig von den Plänen und konnte den Polizeipräsidenten von Jakarta einschalten. „Der hat dann selber 300 Beamte zur Kirche geschickt, so dass nichts passiert ist“, sagt er.

Nicht so friedlich ging es in Makassar im Zentrum von Indonesien zu. Hier haben vor drei Wochen radikale Islamisten Molotow-Cocktails auf fünf protestantische Kirchen geworfen. Menschen wurden nicht verletzt, aber der Sachschaden war hoch. 75 solcher Angriffe gegen Kirchen und christliche Gemeinden zählte Theophilus Bela allein im vergangenen Jahr. In diesem Jahr war es fast einer pro Woche.

Die Politik schaut tatenlos zu Trotzdem weiß der 70-Jährige, dass es sich um lokale Probleme handelt. Der Staat unterstützt die Diskriminierung der religiösen Minderheiten nicht. Aber: „Wenn Kirchen gestört werden, schläft der Präsident“, kritisiert er. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel hat er darüber gesprochen, als sie im vergangenen Jahr Indonesien besuchte. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat vor zwei Wochen bei seinem Besuch in Jakarta im Gespräch mit seinem indonesischen Amtskollegen Marty Natalegawa betont, dass der Schutz von Minderheiten und religiöser Freiheit ein wichtiges Thema bleiben müsse, wie FOCUS aus dem Auswärtigen Amt erfuhr. Der pentacostal-church von Banten konnte Bela mit seiner Nichtregierungsorganisation für Religionsfreiheit helfen. Am Freitag Abend um 20 Uhr bekommt er den letzten Anruf. „Die Polizei hat den Bürgermeister an die Rechtslage erinnert und ihn aufgefordert, nicht gegen die Kirche aktiv zu werden“, sagt er. Das Problem habe sich damit erledigt. Zunächst einmal.

http://www.focus.de/politik/ausland/christenverfolgung-in-indonesien-300-polizisten-muessen-gottesdienst-schuetzen_aid_926324.html

Zuletzt geändert am 25­.02.2013