5. Mai 2014 - National Catholic Reporter
Ludwig Müller stellt U.S.-amerikanische Ordensschwestern zur Rede
von Denis Coday
Der Chef der Glaubenskongregation hat dem Verband der Führungskräfte der U.S.- Schwesternorden (LCWR) vorgeworfen, sich nicht an die vom Vatikan auferlegten Maßnahmen zur Reorganisation ihres Verbandes zu halten. Diese Maßnahmen wurden vom Vatikan angeordnet, nachdem eine Untersuchung des Vatikans die Treue des Verbandes zur vatikanischen Glaubenslehre bemängelt hatte.
Kardinal Müller, Präfekt der Kongregation, sagte den Führungskräften vom Verband, dass sie die vom Vatikan festgelegten Bestimmungen zu Auswahl der Gastredner auf ihrer Jahresversammlung ignorieren würden und behauptete, dass die Arbeit des Verbandes die Ketzerei fördern würde.
Müllers Bemerkungen waren die unverblümtesten und feindseligsten Äußerungen seit der Vatikan vor zwei Jahren damit anfing, dem Schwesternverband Zügel anzulegen. Müller ordnete an, dass der Verband die Tagesordnung und die Auswahl der Redner/innen seiner Jahresversammlung dem vom Vatikan bestellten Aufseher zur Genehmigung vorzulegen habe.
Müller meinte, dass ihn die Auswahl der Gastredner/innen und die verbreiteten Materialien an der Fähigkeit des Schwesternverbandes zweifeln lassen, sich einvernehmlich in die offizielle Kirche einzufügen (sentire cum Ecclesia)."
"Die Besorgnis geht sogar noch über die in der Untersuchung geäußerte Kritik hinaus, die bemängelte, dass Gegendarstellungen ausblieben, wenn Redner auf den Versammlungen von der offiziellen Kirchenlehre abwichen," sagte Müller. "Die Untersuchung äußert Bedenken bezüglich der Abweichungen von der Kirchenlehre angesichts der Verantwortung des Verbandes, ein Bild des religiösen Lebens zu vermitteln, dass im Einklang mit dem offiziellen Bild der Kirche ist, und dafür zu sorgen, dass das religiöse Leben fest auf den Grundfesten der offiziellen Lehre steht."
Die Ansprache Müllers an die Mitglieder des Leitungsgremiums des Verbandes wurde auf der Webseite der Kongregation veröffentlicht. Sie ist auf den 30. April datiert, dem Tag, als die Schwestern zu ihrer jährlichen Berichterstattung in Rom waren.
An dem Treffen nahmen die Josephsschwester Carol Zinn, die Franziskanerin Florence Deacon, Sharon Holland von den Schwestern des unbefleckten Herzens Mariens, die LCWRGeschäftsführerin Janet Mock, Müller, weitere leitende Mitarbeiter der Kongregation, sowie Peter Sartain, Erzbischof von Seattle, sowie der Vertreter des Vatikans bei den Ordensschwestern teil.
In einer Pressemitteilung der LCWR hieß es am Montag, dass Müllers Bemerkungen "inhaltlich genau dem Auftrag entsprachen, über den sie der Vatikan im April 2012 in Kenntnis gesetzt hatte. Wie es der Kardinal auch sagte, seine Ausführungen sollten den Rahmen für das anschließende Gespräch festlegen."
Das folgende Gespräch wird in der Stellungnahme des LCWR als, "Dialog, respektvoll und auf-den-Punkt-kommend" geschildert.
Die LCWR-Sprecherin teilte dem NCR am Montag mit, dass der Verband keine Interviews geben würde.
Müller äußerte gezielte Kritik an der Entscheidung der Führungskräfte ihre diesjährige Auszeichnung für herausragendes Leadership einer Theologin zu verleihen, die von der U.S.- Bischofskonferenz schwerwiegender Abweichungen von der offiziellen Glaubenslehre beschuldigt wurde. Er erwähnte sie nicht namentlich, doch Müller bezog sich auf die Josephsschwester Elizabeth Johnson, Theologin an der Fordham Universität in New York.
Die entschiedenste Kritik von Müller bezog sich jedoch darauf, dass die Schwestern die Gedanken der "Conscious Evolution" (eine Theorie der bewussten, absichtlichen Evolution) verbreiten würden. Müller verglich diesen Ansatz mit dem Gnostizismus, womit verschiedene Sekten des 2. Jahrhunderts bezeichnet werden, die obskure Wahrheiten verherrlichten und christlichen Glauben mit heidnischen Ansichten und Theorien vermischten. "Gnosis" ist das griechische Wort für Wissen.
"Immer wieder sehen wir in der Kirchengeschichte die tragischen Konsequenzen, wenn von dieser bitteren Frucht gekostet wird," sagte Müller. "Diese Theorie bietet dem Ordensleben keine Nahrung für seine Bestimmung als besonders ermächtigte und prophetische Stimme, die in der Offenbarung Christi der göttlichen Liebe für eine verwundete Welt wurzelt."
Vor zwei Jahren war Barbara Marx Hubbard, eine der führenden Köpfe des Konzepts der Conscious Evolution, Hauptrednerin auf der LCWR-Jahresversammlung. Seit dieser Versammlung, so Müller, "würde Conscious Evolution in jedem Newsletter sowie in veröffentlichten Heften der LCWR auftauchen. Wir haben sogar bemerkt, dass einige Orden ihr Leitbild angepasst haben um Konzepte und unfertige Begriffe aus dem Gebiet der Conscious Evolution zu übernehmen."
"Es tut mir leid, dies so direkt und unverblümt sagen zu müssen, doch es ist zu wichtig, als dass man es hinter blumiger Sprache verstecken sollte," sagte Müller in einer seiner mehrmaligen Entschuldigungen für seine Direktheit. "Die der Conscious Evolution zugrunde liegenden Thesen stehen im Widerspruch zur christlichen Offenbarung."
Im April 2012 benannte der Vatikan den Erzbischof von Seattle, J. Peter Sartain als "erzbischöflichen Repräsentanten" des Vatikans bei der LCWR und stattete ihn mit Befugnissen aus, die Verfassung und Arbeitsinhalte der LCWR zu ändern. In seiner Ansprache sagte Müller, dass diese Beauftragung als "grobe und unverhältnismäßige Einmischung in die Tagesarbeit des Verbandes gesehen wurde. Der Heilige Stuhl sähe jedoch diese Maßnahme nicht als 'Bestrafung' sondern als Ansatzpunkt für Dialog und Einsicht."
Dass die LCWR nicht mit Sartain abgestimmt hätte, wer auf der diesjährige Jahresversammlung geehrt würde, "ist in der Tat sehr bedauerlich und zeigt deutlich die Notwendigkeit der im Maßnahmenkatolag enthaltenen Bestimmung auf, nach der alle Redner auf größeren Veranstaltungen vom Vertreter des Vatikans genehmigt werden müssen."
"Ich muss Sie daher darauf hinweisen, dass diese Bestimmung vollständig gültig ist. Der Heilige Stuhl erwartet, dass nach der diesjährigen Jahresversammlung Erzbischof Sartain eine aktive Rolle in der Auswahl der Redner/innen und der Personen, die geehrt und ausgezeichnet werden sollen, übernimmt," sagte Müller.
Müller beschloss seine Ansprache mit einer Warnung: "In dieser Phase der Umsetzung der vom Vatikan verhängten Maßnahmen erwarten wir, dass die Treue zu Kirche klarer zum Ausdruck kommt und wir erwarten Zeichen der echten Zusammenarbeit."
Müllers Bemerkungen sind hier nachzulesen: http://www.doctrinafidei.va/muller/rc_con_cfaith_doc_20140430_muller-lcwr_en.html
Dennis Coday ist Redakteur des NCR.
Orginalartikel: http://ncronline.org/news/vatican/head-vatican-doctrinal-congregation-confronts-lcwr-noncooperation
Übersetzung: Bernie Aurin, info@pink-smoke-tour.de
Zuletzt geändert am 07.05.2014