| |
Veröffentlicht am 18­.09.2014

18.9.2014 - Süddeutsche Zeitung

Eklat an der Uni Eichstätt

München – In die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) kehrt kein Friede ein. Jetzt kam es zum Eklat zwischen Stiftungsrat und Hochschulrat. Deren beide Vorsitzende, der Kardinal und der Philosoph, fanden nicht zusammen. Nach einem Krisengespräch mit Kardinal Reinhard Marx hat der Vorsitzende des Hochschulrates, der Münchner Philosoph Wilhelm Vossenkuhl, seinen Rücktritt erklärt.

Vossenkuhl leitete den Hochschulrat seit 2012. Er hatte sich in der Suche nach geeigneten Präsidentschaftskandidaten engagiert und kritisiert, dass Marx als Vorsitzender des Stiftungsrates im Juli ein Interimspräsidium unter Führung der Eichstätter Professorin Gabriele Gien für die angeschlagene Hochschule bestellt hat. Die geplante Wahl war mangels Kandidaten abgesagt worden. Ein solches Vorgehen widerspreche dem bayerischen Hochschulrecht und der Grundordnung der Universität, hatte Vossenkuhl daraufhin erklärt. Auch andere Hochschulratsmitglieder wie der Wirtschaftsprofessor Joachim Genosko schlossen sich dieser Meinung an. Der Hochschulrat werde durch die Entscheidung des Kirchenoberen um das Recht gebracht, einen Präsidenten zu wählen. Nun habe der Kardinal ihm in einem Gespräch mitgeteilt, dass er an der Einsetzung eines Interimspräsidiums zum 1. Oktober festhalte, so Vossenkuhl. Dies könne er aber als Hochschulratsvorsitzender nicht mittragen, erklärte er jetzt und setzte Präsidium und Hochschulrat darüber in Kenntnis. Der Kanzler der KU, Thomas Kleinert, der noch bis Oktober die Universität kommissarisch leitet, nahm die Entscheidung Vossenkuhls „mit großem Bedauern“ zur Kenntnis.

Die Eichstätter KU kommt seit Jahren nicht zur Ruhe und findet keinen allseits akzeptierten Präsidenten. Auch inhaltliche Differenzen zwischen Kirchentreuen und Reformern spielen eine Rolle. Anfang dieses Jahres war der Dominikanerpater Richard Schenk zurückgetreten, ebenso ein Vizepräsident. Der Umbau der Fakultäten hatte zuvor für Unmut gesorgt. Nun soll die Literaturwissenschaftlerin und bisherige Senatsvorsitzende Gabriele Gien mit ihrem persönlich ausgesuchten Führungsteam für Frieden sorgen. Mehr als 100 Professoren hatten ihr in einem offenen Brief im Sommer Solidarität bekundet. Gien selbst hatte Vossenkuhl die Hand ausgestreckt, doch der wollte unter diesen Bedingungen nicht kooperieren.

MARTINA SCHERF

Zuletzt geändert am 19­.09.2014