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Veröffentlicht am 02­.12.2008

75. Geburtstag Prof. Hasenhüttl

Wir sind Kirche dankt dem mutigen Theologen Hasenhüttl für sein aufrechtes Zeugnis

Pressemitteilung zum 75. Geburtstag von Prof. Dr. Dr. Gotthold Hasenhüttl am 2. Dezember 2008

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche gratuliert Prof. Dr. Dr. Gotthold Hasenhüttl, der am 2. Dezember 2008 seinen 75. Geburtstag begeht. Mit seinem Eintreten für Wahrheit und Frieden, Dialog und ökumenische Verständigung, vor allem auch mit seinem Bestreben um eine Erneuerung der römisch-katholischen Kirche hat der Priester und Geisteswissenschaftler nach Ansicht von Wir sind Kirche wegweisende Zeichen gesetzt, die ihm zeitlebens aber auch viel Unverständnis und Ablehnung eingebracht haben. Umso mehr dankt die KirchenVolksBewegung dem mutigen Theologen für sein aufrechtes Zeugnis und wünscht ihm weiterhin Wohlergehen und segensreiches Wirken. Gleichzeitig fordert Wir sind Kirche den künftigen Trierer Diözesanbischof auf, sich unverzüglich für die Rehabilitierung von Prof. Hasenhüttl einzusetzen.

Am Rande des 1. Ökumenischen Kirchentags 2003 in Berlin feierte Hasenhüttl in der evangelischen Gethsemanekirche einen ökumenischen Gottesdienst mit Eucharistiefeier nach katholischem Ritus, bei dem auch evangelische Christinnen und Christen zur Kommunion eingeladen wurden. Dass der damalige Trierer Bischof Dr. Reinhard Marx nach der bereits im Sommer 2003 ausgesprochenen Suspendierung vom Priesteramt Prof. Dr. Dr. Gotthold Hasenhüttl im Januar 2006 auch die kirchliche Lehrerlaubnis (Nihil obstat) entzogen hat, war eine weit überzogene und nicht nachvollziehbare Disziplinierungsmaßnahme. Denn selbst die Eucharistie-Enzyklika vom 17. April 2003 sieht zumindest Ausnahmen für nichtkatholische Gläubige vor.

Als besonders ungerecht empfunden wurden die gegenüber Hasenhüttl verhängten Kirchenstrafen, nachdem der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger beim Requiem für Papst Johannes Paul II. vor den Augen der Weltöffentlichkeit dem evangelischen Prior von Taizé, Roger Schutz, die Kommunion reichte. Auch beim Requiem für Roger Schutz, das Kardinal Walter Kasper hielt, kommunizierten nichtkatholische Christen und Christinnen.

Als Grund der Suspendierung Hasenhüttls wurde im Dekret ausdrücklich nur das Verhalten beim 1. Ökumenischen Kirchentag angegeben. Andere Gründe mögen jedoch entscheidend mitgespielt haben. Sicher auch Hasenhüttls Gottesverständnis, wonach Gott als Ereignis der Liebe im zwischenmenschlichen Kontext zu verstehen ist. In einem Paradigmenwechsel fordert er weniger Juridisches und mehr Charismatisches. Nach seiner Aussage hat „Jesus selbst keine Kirche gegründet. Er hat ihr daher a fortiori keine institutionelle Struktur gegeben; ein hierarchisches Prinzip hat mit dem Wesen der Kirche nichts zu tun.“

Die Zukunft der kritischen Theologie sieht der emeritierte Theologe in Gefahr: „Den einen ist die Kirche heute egal, und die anderen wollen Katechismen, klare Linien, an die sie sich halten können. Der kritische Theologe kann ja nur an den Glaubensverstand der Menschen appellieren, und das ist schwer.“ so Hasenhüttl 2006 in einem Interview. „Manchmal denke ich, dass die kritische Theologie, die mein ganzes Leben geprägt hat, viel weniger bewirkt hat als diese eine Messe, die ich beim Ökumenischen Kirchentag gefeiert habe. ... Es war neben meiner Primiz der wichtigste Gottesdienst meines Lebens.“

Trotz aller Einschüchterungsversuche und trotz der harten Strafmaßnahmen gegen Prof. Hasenhüttl ist nach Ansicht der katholischen Reformbewegung die theologisch fundierte und vielerorts praktizierte ökumenische Gastfreundschaft bei Eucharistie und Abendmahl nicht mehr aufzuhalten. Was theologisch möglich und pastoral notwendig ist, haben die beiden ökumenischen Gottesdienste mit wechselseitiger Gastfreundschaft am Rande des Ersten Ökumenischen Kirchentages 2003 in der Berliner Gethsemane-Kirche, an denen die Wir sind Kirche wesentlich beteiligt war, gezeigt und damit ein bleibendes zukunftsweisendes ökumenisches Zeichen gesetzt - auch für den Zweiten Ökumenischen Kirchentag 2010 in München.


Lebensdaten:
Gotthold Hasenhüttl wurde am 2. Dezember 1933 in Graz geboren. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie u.a. an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, empfing er 1959 die Priesterweihe in Rom. 1962 promovierte Hasenhüttl zum Dr. theol. (Der Glaubensvollzug. Eine Begegnung mit Rudolf Bultmann aus katholischem Glaubensverständnis). Danach war er zwei Jahre als Kaplan in der Steiermark tätig, bevor er 1964 als Assistent von Prof. Dr. Hans Küng an die Universität Tübingen ging. 1969 wurde Hasenhüttl dort habilitiert (Charisma, Ordnungsprinzip der Kirche). 1972 promovierte er erneut, diesmal zum Dr. phil. mit einer Arbeit über den Gottesgedanken bei Sartre.
Von 1974 bis zu seiner Emeritierung 2002 war er Professor für Systematische Theologie an der Philosophischen Fakultät der Universität des Saarlandes. Forschungsaufenthalte: 1982/83 Südamerika, 1987 Schwarzafrika, 1988 Taiwan, 1991 Philippinen. Seit 1989 ist Prof. Hasenhüttl Vorsitzender der Internationalen Paulusgesellschaft, seit 1993 Ordentliches Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste. Seine wohl wichtigsten theologischen Werke: „Kritische Dogmatik“ (1979) und „Glaube ohne Mythos“ (2001 in 2 Bänden).


Chronologie der „Straftat“ am Rande des 1. Ökumenischen Kirchentags in Berlin
siehe auch > ausführliche Text- und Fotodokumentation Stichwort "Gottesdienste"

29. Mai 2003: Hasenhüttl feiert in der Gethsemane-Kirche in Berlin einen ökumenischen Gottesdienst mit Eucharistiefeier nach katholischem Ritus und offener Kommunion, der u.a. vom Ökumenischen Netzwerk „Initiative Kirche von unten“ und der KirchenVolksBewegung vorbereitet und gestaltet war.
17. Juli 2003: Der Trierer Bischof Dr. Reinhard Marx suspendiert Hasenhüttl von seinem Priesteramt, das er 44 Jahre ausgeübt hatte, da er sich weigert, die Einladung evangelischer Christen und Christinnen zum Herrenmahl zu bereuen. Dabei kündigt Marx bereits an, auch die kirchliche Lehrerlaubnis entziehen zu wollen.
18. Juli 2003: Hasenhüttl legt gegen das Vorgehen Berufung beim Hl. Stuhl in Rom ein.
3. Juni 2004: Kardinal Ratzinger bestätigt den Entscheid des Bischofs von Trier.
4. Juni 2004: Hasenhüttl nimmt die kirchenrechtliche Möglichkeit wahr, Einspruch bei der Glaubenskongregation zu erheben.
4. Dezember 2004: Hasenhüttl erhält das endgültige Dekret der Glaubenskongregation zu seiner Suspendierung. Darin wird die Einladung evangelischer Christen und Christinnen zur Eucharistie als „Straftat“ bezeichnet, sowie sein Tun als „schwerwiegender Missbrauch“ des Amtes. Nur wenn er bereue und verspreche, es nie wieder zu tun, würde die Suspendierung aufgehoben.
2. Januar 2006: Bischof Reinhard Marx, der jetzige Erzbischof von München und Freising, sieht sich zu einer weiteren Strafmaßnahme gezwungen und entzieht Gotthold Hasenhüttl das Nihil obstat und damit die kirchliche Lehrerlaubnis.


Lesetipps:
„Nein und Amen“ (Artikel über Gotthold Hasenhüttl als einstigen Freund und Kollegen von Joseph Ratzinger)
DIE ZEIT 19. Januar 2006

„Ich habe keine Minute bereut“ Interview mit Gotthold Hasenhüttl
PUBLIK-FORUM 12. Mai 2006


Termintipp:
17. Januar 2009 (Sa) 15.30 Uhr – Augsburg Tagungszentrum im Diako
"Dialog der Christen - Dialog der Religionen"
Vortrag und Festakt mit Prof. Dr. Dr. Gotthold Hasenhüttl
(Saarbrücken) zu seinem 75. Geburtstag
Info: www.augsburger-theologie-gespraeche.de


Kontakt:
Christian Weisner (Bundesteam)
+49 (0)8131-260250 oder +49 (0)172-5184082
presse@wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 02­.12.2008