Vergebungsbitte des Papstes
Wir sind Kirche: Dies kann und darf kein Schlussstrich sein
München / Rom, 11. Juni 2010
Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche begrüßt die heutige Vergebungsbitte, die Papst Benedikt endlich zum Ende des Priesterjahres gegenüber den Betroffenen sexualisierter Gewalt von Priestern und Ordensleuten ausgesprochen hat. Die Vergebungsbitte kann und darf aber kein Schlussstrich sein. Die Aufarbeitung und Klärung der Frage nach den Ursachen der Jahrzehnte lang verschwiegenen und vertuschten Missbrauchsfälle ist nach wie vor dringend notwendig.
Von den Betroffenen sowie von den Gläubigen kann Vergebung nur gewährt werden, wenn auch wesentliche strukturelle Veränderungen innerhalb der römisch-katholischen Kirche vorgenommen werden. Angesichts der wohl größten Kirchenkrise seit der Reformation darf es dabei keine Tabu-Themen geben.
Wenn der Papst heute erklärt, Ungläubige würden den Zölibat als „Skandal“ sehen, so ist sehr zu bedauern ist, dass der Papst nicht bereit ist, auf die vielen Hinweise und Bitten – auch seitens zahlreicher Bischöfe in aller Welt – zu reagieren und endlich Konsequenzen im Hinblick auf eine Reform der Zölibatsverpflichtung zu ziehen, anfangsweise wenigstens in Form der „viri probati“ (Weihe „erprobter“ verheirateter Männer). Denn die Zölibatsverpflichtung ist auch Ausdruck der Sexualfeindlichkeit und Frauenängstlichkeit einer männerbündischen, auf absolutem Gehorsam beruhenden Kirche. Ebenfalls macht die Tatsache, dass weltweit immer weniger Gemeinden Eucharistie mit einem Priester feiern können, die Diskussion der Zulassungsbedingungen zum Priesteramt drängender denn je.
Bemerkenswert ist, dass der Papst – anders als in seinem Brief vom 20. März 2010 an die Kirche in Irland, in dem er nicht kirchliche Strukturen sondern gesellschaftliche Tendenzen für die Verfehlungen verantwortlich machte – mittlerweile selber zugestanden hat, dass "die Sünde in der Kirche selbst existiert".
Doch Benedikt XVI. hält scheinbar unbeirrt und uneinsichtig an seinem idealisierten und der heutigen Zeit nicht entsprechenden Priesterbild fest. Wieder einmal ist nicht die Rede vom Schaden, den die Opfer genommen haben, sondern vom geschädigten Image eines hohen und hehren Priesterbildes à la Pfarrer von Ars, das ohnehin nicht der Wirklichkeit entspricht, an dem aber Papst Benedikt und die Piusbruderschaft festhalten. Anders als erwartet, wird der heilige Pfarrer von Ars, Jean-Marie Vianney, aber nicht zum „Patron der Priester“ proklamiert, bleibt jedoch „Patron der Pfarrer“.
Irritierend in der heutigen Meldung – zumindest in der Übersetzung von Radio Vatikan – ist auch die Aussage, Priester „sollten als gute Hirten auch einmal den Stock einsetzen, um den Glauben zu schützen ‚gegen die Verfälscher’“. Es sei keine Liebe, so der Papst wörtlich, „wenn man die Irrlehre, die Entstellung und Auflösung des Glaubens wuchern lässt...“
Die Internationale Bewegung Wir sind Kirche hat zum Ende des Priesterjahres und im Hinblick auf das anstehende 50-jährige Jubiläum des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) zu einer „Dekade des Volkes Gottes“ aufgerufen gemäß der Dogmatischen Konstitution über die Kirche „Lumen gentium“, die die „communio“ (Gemeinschaft) aller Gläubigen über eine Zwei-Stände-Kirche von Klerikern und sogenannten Laien stellt.
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Meldung von Radio Vatikan, 11. Juni 2010:
Papst beendet Priesterjahr - Mea Culpa zu Missbrauchsfällen
http://www.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=399996
Zuletzt geändert am 11.06.2010