Überarbeitete Leitlinien der DBK
Wir sind Kirche: Ein kleiner Fortschritt, aber noch lange nicht der große Wurf
Erste Stellungnahme zu den überarbeiteten Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch
Die heute von Bischof Dr. Stephan Ackermann vorgelegten überarbeiteten Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch enthalten notwendige Schritte in die richtige Richtung, reichen aber bei weitem nicht aus, den unermesslichen Vertrauensschaden zu beheben, den die jahrzehntelang praktizierte Vertuschung sexualisierter Gewalt für die römisch-katholische Kirche verursacht hat.
Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche begrüßt vor allem die grundsätzliche Anzeigepflicht bei den Strafverfolgungsbehörden, die nur auf ausdrücklichen Wunsch des betroffenen Opfers entfallen kann (Punkt 27). Ein zentraler Schwachpunkt ist jedoch nach wie vor die zu geringe Unabhängigkeit der zuständigen Ansprechpersonen in den einzelnen Diözesen. Dies zusammengenommen ergibt weiterhin eine nur schwer zu kontrollierende Grauzone, denn die vom Bischof beauftragte Person nimmt eine erste Bewertung der Hinweise auf ihre Plausibilität vor (Punkt 10).
Die Arbeit unabhängiger Beratungsstellen wie „zartbitter“ oder das seit 2002 bestehende Nottelefon der KirchenVolksBewegung werden deshalb auch weiterhin dringend erforderlich sein, damit es nicht wieder zu kircheninternen Regelungen an den Strafverfolgungsbehörden vorbei und zu Stillhalteabkommen kommt.
Eine zentrale Frage ist, ob die überarbeiteten Leitlinien der von Papst Benedikt seit geraumer Zeit geforderten Null-Toleranz-Politik gegenüber straffällig gewordenen Priestern entsprechen. Den Leitlinien nach sollen straffällig gewordene Personen nicht mehr in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden (Punkt 42), dürfen aber ansonsten unter gewissen Voraussetzungen (Punkt 43 bis 47) weiterhin als Priester in der Seelsorge arbeiten.
Wichtige Dinge wie die Entschädigungsfrage und die Prävention wurden in den Leitlinien ausgeklammert und auf den Runden Tisch der Bundesregierung bzw. die Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz verschoben. Dabei stellt sich die Frage, warum sich die deutschen Bischöfe nicht an der vor Kurzem vorgelegten Rahmenordnung der österreichischen Bischöfe orientiert haben, die sich sehr deutlich und konkret zu Ombudsstellen, Entschädigungen und Präventionen bekannt haben. („Die Wahrheit wird euch frei machen“ Rahmenordnung für die katholische Kirche in Österreich vom 21. Juni 2010 http://www.bischofskonferenz.at/site/article_list.siteswift?so=all&do=all&c=download&d=article%3A388%3A1)
Buchtipp: „Macht, Sexualität und die katholische Kirche. Eine notwendige Konfrontation“
Die von Wir sind Kirche mitherausgegebene deutsche Übersetzung des Buches des australischen Bischofs Geoffrey Robinson ist vor Kurzem in der Publik-Forum-Edition erschienen (ISBN: 978-3-88095-196-9). Auf Anfrage übersenden wir Ihnen gerne das Buch als PDF.
Wir sind Kirche-Positionspapier „Sexualität als Leben spendende Kraft“ vom November 2008 www.wir-sind-kirche.de/files/844_PositionSexualethik2.pdf
Wir sind Kirche-Nottelefon bei sexualisierter Gewalt in der Kirche
Über das 2002 von der KirchenVolksBewegung eingerichtete Nottelefon wurden in den vergangenen acht Jahren 400 Betroffene intensiv beraten und begleitet. Diese Arbeit wird weitergeführt werden, bis in allen Bistümern unabhängige und kompetente AnsprechpartnerInnen benannt werden und bis die jahrzehntelang verschwiegenen und vertuschten Missbrauchsfälle aufgearbeitet sowie mit durchgreifenden, sichtbaren Maßnahmen neue Fälle so weit wie möglich verhindert werden.
Wir bitten Sie, das Wir sind Kirche-Nottelefon weiterhin in Ihren Medien bekannt zu machen.
Kontakt:
Annegret Laakmann
Referentin der KirchenVolksBewegung und Ansprechpartnerin des Wir sind Kirche -Not-Telefons
Tel: 02364-5588 oder 0175-9509814
laakmann@wir-sind-kirche.de
Christian Weisner
Wir sind Kirche-Bundesteam
Tel: 0172-518 40 82
presse@wir-sind-kirche.de
Homepage: www.wir-sind-kirche.de
Zuletzt geändert am 29.01.2014