Bischofskonferenz Regensburg (2)
Statements beim Pressegespräch der Reformgruppen am 27. Februar 2012
Ein Jahr ist seit dem Theologenmemorandum, gut acht Monate sind seit der Auftaktveranstaltung zum Gesprächsprozess der Bischöfe und fünf Monate seit dem Papstbesuch vergangen. Diese drei Ereignisse werfen auf ihre je eigene Art ein Schlaglicht auf die Kommunikationsstrukturen in der röm. kath. Kirche. Maulkörbe für Theologinnen und Theologen, die in ihrer Sorge um die Zukunft der Kirche kritisch ihre Stimme erheben. Die Bischöfe laden zu Gespräch - aber die wenigsten kommen selbst dazu. Und nach dem Papstbesuch konnte man nicht einmal sagen: Gut, dass wir darüber geredet haben. Denn geredet hat nur einer.
Das, was in 2. Vatikanischen Konzil hoffnungsvoll begonnen hatte, nämlich ein Miteinander des ganzen Gottesvolkes, also auch ein miteinander Reden, Entscheidungen treffen und Verantwortung tragen wird durch ein monarchistisches, autokratisches, mehr und mehr diktatorisches System vernichtet – das ist jetzt mit Bischof Zdarsas Plänen zu pastoralen Räumen und zum Rückbau der Mitwirkungsrechte der Laien auch in der Diözese Augsburg angekommen. Wir erleben eine große Hilflosigkeit derjenigen, die sich ernsthaft der konziliaren Idee der Mitwirkung des ganzen Gottesvolkes verpflichtet sehen. Im Gegenzug erhalten diejenigen, die sich der Weltflucht des Papstes anschließen Aufwind. Der spontane Versuch den „Weltbild“- Verlag abzustoßen ist dafür symptomatisch. Er ist insbesondere auch dafür symptomatisch, dass extrem rückwärtsgewandte Kreise innerhalb der Kirche starken Druck auf die Kirchenleitung ausüben, die diesem auch immer mehr nachgeben.
Vor diesem Hintergrund die Themen des heutigen Pressegesprächs:
1. Gesprächsprozess bundesweit und in den Diözesen
2. Mitwirkung und Eigenverantwortung der Laien in Katholikenräten: aktuelle Entwicklungen in den Bistümern Augsburg, München, Regensburg etc.
3. Priesterinitiativen in Österreich, Passau, München
4. Vorschau auf den 98. Deutschen Katholikentag in Mannheim sowie zum 99. Katholikentag 2014 in Regensburg
5. Thema sexualisierte Gewalt in der Kirche bleibt weiter aktuell
Sigrid Grabmeier Wir sind Kirche-Bundesteam
Tel. 0170-8626-290, grabmeier@wir-sind-kirche.de
Gesprächsprozess bundesweit und in den Diözesen
Christian Weisner, Wir sind Kirche-Bundesteam (München, Erzbistum München und Freising)
Tel. 0172-5 18 40 82, presse@wir-sind-kirche.de
Mitwirkung und Eigenverantwortung der Laien in Katholikenräte
Die Mitwirkung und Eigenverantwortung der Laien, die sich inbesondere in den Katholikenräte auch manifestiert, ist ein zentrales Thema der Laienverantwortung Regensburg e.V. einer Vereinigung von Gläubigen nach CIC canon 215. Am 15.11.2005 hat der die Bischofskonferenz einladende Ortsbischof Gerhard Ludwig Müller widerrechtlich alle Katholikenräte in dier Diözese Regensburg aufgelöst. Aus den Protesten gegen diesen Akt mit dem die Ergebnisse des II. Vatikanischen Konzils und vor allem der Würzburger Synode auf den Kopf gestellt wurden, entstand unsere Vereinigung. Das oberste Verwaltungsgericht der Kirche, die Apostolische Signatur in Rom hat sich in dieser kirchenrechtlichen Frage in die Unzuständigkeit geflüchtet.
Das Thema ist leider wieder brandaktuell: Der Bischof von Augsburg plant nun ähnliches. Ich fordere hier und heute die Bischofskonferenz auf sich der Ergebnisse der Würzburger Synode zu erinnern und ihren Bischofskollegen Konrad Zdarsa davon abzuhalten es dem Regensburger Bischof gleichzutun und die eigenverantwortlich als Katholikenräte handelnden Pfarrgemeinderäten zu nur noch den Pfarrer beratenden Pastoralräten mit dem Pfarrer als Vorsitzenden zu degradieren.
Wir sind in Kontakt mit den Aktivitäten in Augsburg, die das verhindern wollen und unterstützen diese. Am Samstag fand dort ein Treffen mit 120 Vertretern statt. Wir begrüßen die Aktion „Die Kirche umarmen“ am nächsten Sonntag, die in ca. 100 Pfarrgemeinden stattfinden wird.
Aus diesem Anlass darf ich auch an unsere Dokumentation erinnern „Durch Taufe und Firmung zur Mitwirkung und Eigenverantwortung berufen“. Darin haben wir die Geschehnisse in Regensburg dokumentiert und vor allem die Lehren und Konsequenzen erarbeitet, die aus diesen Erfahrungen zu ziehen sind. Es gibt eine Mustersatzung darin für Katholikenräte auf Diözesanebene. Alle Abhängigkeiten von der hierarchisch verfassten Kirche sind darin eliminiert! Wir haben erst im Herbst diese Dokumentation an alle ZdK-Delegierten verschickt. Auch hier die Aufforderungen an die Bischöfe das Communioprinzip des II. Vatikanums endlich ernst zunehmen und solchen Entwicklungen nicht länger im Weg zu stehen.
Prof. Dr. Johannes Grabmeier, Laienverantwortung Regensburg e.V. (Deggendorf, Bistum Regensburg)
Tel. 0171-550-3789, johannes.grabmeier@laienverantwortungregensburg.de
Studientag der DBK „Entwicklung der Katholisch-Theologischen Fakultäten und Wissenschaftlichen Nachwuchses in der Theologie.“
Mit den vom Staat eingerichteten katholisch-theologischen Fakultäten genießt die Kirche ein starkes Privileg, das staatskirchenrechtlich und in Konkordaten gut abgesichert ist. Natürlich kann es dem Steuerzahler nicht zugemutet werden, wenn immer weniger Theologiestudenten auf Grund beispielsweise innerkirchlicher Restriktionen an den Universitäten sich einschreiben, die theologischen Fakultäten in voller Breite weiter zu erhalten. Insofern wird die Kirche hier Rückbau akzeptieren müssen, es sei denn sie ändert die derzeitigen Voraussetzungen! Für wichtig halten wir in diesem Zusammenhang, dass die Professorinnen und Professoren noch immer sich eigenständig und relativ unabhängig vom sogenannten Lehramt äußern können. Das ist sicher auch dem staatlichen System geschuldet, auch wenn, und da darf ich an den Fall der Liturgiewissenschaftlers Prof. Dr. August Jilek in Regensburg, erinnern, bisweilen hier die Bischöfe über Gebühr von Art. 3 § 3 des Bayerischen Konkordat Art. 3 § 3 Gebrauch machen: "Sollte einer der genannten Lehrer vom Diözesanbischof wegen seiner Lehre oder wegen seines sittlichen Verhaltens aus triftigen Gründen beanstandet werden, so wird der Staat unbeschadet der staatsdienerlichen Rechte alsbald auf andere Weise für einen entsprechenden Ersatz sorgen.“ Hier darf der Staat aber nicht zulassen, dass das zum Freibrief wird, einem Bischof unliebsame und unbequeme Theologen auf Staatskosten loszuwerden. Der Staat sollte sich stärker als bisher als Vertragspartner den Nachweis der angeblich triftigen Gründen erklären lassen und das dann auch schon einmal zurückweisen, falls das nur konstruiert ist. Vor 3 Jahren bei der Unterzeichnung der Petition Vaticanum II durch die Regensburger Professoren Schöttler, Porzelt und Demel hat der Bischof auch sofort wieder damit gedroht – allerdings in diesem Fall ohne Erfolg.
Prof. Dr. Johannes Grabmeier, Laienverantwortung Regensburg e.V. (Deggendorf, Bistum Regensburg)
Tel. 0171-550-3789, johannes.grabmeier@laienverantwortungregensburg.de
Priesterinitiativen in Österreich, Passau, München
Unsere Oberhirten treffen sich zur Bischofskonferenz, dürfen oder wollen aber über die wichtigsten Probleme in der Kirche nicht reden.
Vor einem Jahr haben Theologieprofessorinnen und -professoren ein Memorandum zur dramatischen Lage der Kirche erstellt, das von über 300 Theologen unterzeichnet worden ist. Ein hochbrisantes Papier, das aber von der Kirchenleitung ignoriert wird.
Aus diesem Memorandum könnte man die Tagesordnung für drei Wochen Bischofskonferenz gestalten über drängendste Probleme der Kirche in Deutschland. Doch dieses Memorandum ist offenbar in Vergessenheit geraten.
Keines der Themen, wie zum Beispiel „verheiratete Priester“ oder „Frauen im kirchlichen Amt“ rüttelt an Glaubenswahrheiten. Sie sind also verhandelbar. Trotzdem werden sie in Rom totgeschwiegen.
Seit Jahrzehnten wird in der Kirche Dialog gefordert. Hin und wieder erklären sich auch Bischöfe dazu bereit. Aber fruchtbare Ergebnisse werden rechtzeitig so zurechtgebogen, dass sie ins Leere laufen.
In Österreich hat sich jetzt eine Pfarrerinitiative gebildet, die zum „Ungehorsam“ aufruft. Der Begriff ist von der Kirchenleitung scharf kritisiert worden, ist aber unentbehrlich geworden. Wer Jahrzehnte lang erfolglos um Dialog gebettelt hat, der schreitet irgendwann eigenverantwortlich zur Tat.
Was diese Pfarrer von ihren Bischöfen fordern, könnten und sollten Bischöfe auch vom Papst fordern.
Bischöfe müssen ihren Dienst in erster Linie für das Gottesvolk leisten, und dann erst für die Hierarchie, sonst werden sie unglaubwürdig.
Berthold Starzinger, Aktionskreis Regensburg AKR (Regensburg, Bistum Regensburg) Tel. 0941-32192, Berthold.Starzinger@gmx.de
Vorschau auf den 98. Deutschen Katholikentag in Mannheim
Magnus Lux, Wir sind Kirche-Bundesteam (Schonungen, Bistum Würzburg)
Tel. 0176-41266392, Famlux@t-online.de
Katholikentag 2014 in Regensburg
Die Kirche ist ebenso dynamisch wie die Gesellschaft. Sie steht nicht neben und schon gar nicht außerhalb der Gesellschaft. Im Jahre 2014 findet der 99. Deutsche Katholikentag in Regensburg statt – und wir freuen uns darauf, nicht zuletzt auch deshalb weil der Diözesanrat der Katholiken schon 2004 dem Bischof von Regensburg einen solchen Vorschlag gemacht hat.
Wir sind dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sehr dankbar, dass die Vielfalt – auch die kritische – beim Katholikentag 2014 in Regensburg gewährleistet ist. Wir wünschen uns den Katholikentag als ein „großes Fest des Miteinander“. Ganz im Gegensatz zu dem, was die Diözese Regensburg seit dem Amtsantritt von Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller und jüngst auch die Diözese Augsburg erlebt, nämlich eine Aus- und Abgrenzung des Volkes Gottes. Wir hoffen, dass sich der Regensburger Bischof an seine Zusagen hält, die er dem ZdK gegenüber gegeben hat.
Wir haben in einem umfangreichen Brief an alle ZdK-Mitglieder insbesondere auch darum gebeten, dass die weiterhin untragbare Situation der Mitwirkung der Laien in der Diözese Regensburg bei den vorbereitenden Gesprächen zur Sprache kommt, und dass nicht nur aufgrund eines Diktats des Geldes (von Bischof Müller) geplant wird. Bischof Dr. Müller hat mehrfach bewiesen, dass er Geld als Machtmittel einsetzt.
Leider tun sich gerade die Bischöfe von Regensburg und Augsburg mit Strukturdiskussionen hervor. Das schmerzt, denn mit Strukturveränderungen unter dem Mantel der „Pastoral“ – mit vergrößerten Pfarreien und Verringerung von Dekanaten oder mit dem Pfarrer als Vorsitzendem des Pfarrgemeinderates – wird bei niemandem das Vertrauen in die befreiende Botschaft des Evangeliums gestärkt, wird kein Kranker mehr getröstet, kein Sterbender begleitet und keine Familie Halt finden. Deshalb sind solche Strukturdebatten eine Mogelpackung. Sie lenken ab von den wichtigen Themen. Und sie bedeuten mehr Verwaltungsarbeit für die Pfarrer. Sie bedeuten insbesondere das Zementieren der Hoheit der Priester über das Geld und Vermögen. Es ist sehr fraglich, ob das deren Kernaufgabe ist.
Wir setzen darauf, dass durch die Glaubensverkündigung und die Sakramente – durch Worte und Taten – der Glaube gelebt wird – und nicht durch – von einzelnen Bischöfen ausgelöste - Machtgeplänkel und Machtdemonstrationen, nicht durch das eifersüchtige Schielen darauf, wer z.B. Gemeindeleitung hat.
Wir setzen darauf, dass Laien aktiv Mitverantwortung tragen, Zeugnis geben aufgrund ihrer von Gott geschenkten Charismen – aufgrund ihrer Sendung durch Taufe und Firmung. Deshalb wünschen wir uns, dass gerade das Zusammenwirken aller ein Schwerpunkt des Katholikentages in Regensburg wird. Er soll ein großes Fest des Miteinander werden.
Fritz Wallner, Laienverantwortung Regensburg e.V. (Schierling, Bistum Regensburg)
Tel. 0170-5217925, fritz.wallner@laienverantwortung-regensburg.de
Thema sexualisierte Gewalt in der Kirche bleibt weiter aktuell
Bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals muss sich die katholische Kirche mit Thema Machtstrukturen beschäftigen. Dass da noch wesentliche Defizite in der Bereitschaft dazu bestehen, dokumetiert sich z.B. auch in den Äußerungen von Bischof Müller anlässlich des Kongresses zum Sexuellen Missbrauch im Vatikan, der immer noch von Einzelfällen spricht. Diese sogenannten "Einzelfälle" sind systematisch vertuscht, verschwiegen und verschoben worden. Keine Organisation konnte so perfekt die in ihrem Dienst stehenden Personen, nachdem sie auffällig geworden waren, an einen anderen Ort verpflanzen und ihnen dort somit ein neues "Wirkungsfeld" schaffen wie die katholische Kirche. Und in keiner Organisation hat eine Person einen solchen Vertrauensvorschuss und eine derartige moralische Machtstellung wie ein Priester in der katholischen Kirche. In keiner Organisation können Männer mit einer mangelnden sexuellen Reife derartig gut und unauffällig Unterschlupf finden wie in der katholischen Kirche. Und das nicht nur über Jahrzehnte sondern über Jahrhunderte hinweg. Bischof Müller behauptet immer noch, verantwortlich sei der Täter. Der ist das natürlich auch, aber ebenso verantwortlich ist die Organisation die solches Handeln befördert. -Die Strukturen des Systems Katholische Kirche, die Machtmissbrauch - denn sexualisierte Gewalt ist Machtmissbrauch - verursachen und fördern müssen endlich auch von den Leitungskräften in Rom und in den Bistümern realisiert und verändert werden. Ansonsten bleibt das, was an bisheriger positiver Aufarbeitung geschehen ist Stückwerk und die Verkündigung der Liebe Gottes gerade für die Schwachen, Kleinen und Machtlosen gerät zur Parodie.
Sigrid Grabmeier Wir sind Kirche-Bundesteam
Tel. 0170-8626-290, grabmeier@wir-sind-kirche.de
Zuletzt geändert am 28.02.2012