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Veröffentlicht am 20­.12.2016

Kirche und Schule

Für ein gemeinsames werteorientiertes Unterrichtsfach für alle an allen Schulen

Wir sind Kirche zur Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zur Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts

Pressemitteilung München, 20.12.2016

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche begrüßt grundsätzlich die in der Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) angestrebte stärkere Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirche als einen längst überfälligen ersten Schritt in die richtige Richtung.

Angesichts der Debatten über den Islam, das christliche Abendland und das Zusammenleben in der multikulturellen Gesellschaft stellt sich aber mit großer Dringlichkeit die Frage, ob es in der derzeitigen Situation nicht sinnvoller und zukunftsorientiert wäre, ein gemeinsames werteorientiertes Unterrichtsfach für alle an allen Schulen einzuführen.


Denn in einer konfessionell pluralen und multi-ethnischen Gesellschaft braucht es die Erziehung zu einem demokratischen Bewusstsein und zu einem gemeinsames „Wir-Gefühl“ für alle Schülerinnen und Schüler, nicht nur für diejenigen, die am Religionsunterricht teilnehmen.

Für die Kirchen wird es infolge abnehmender Schülerzahlen zunehmend schwieriger, katholische und evangelische Lerngruppen parallel zum „Ersatzfach“ Ethik bzw. Philosophie und zum islamischen Religionsunterricht einzurichten.

Statt in dieser Situation auf dem im Grundgesetz verankerten konfessionellen Religionsunterricht zu beharren, spricht sich der Religionspädagoge Norbert Scholl für ein verpflichtendes Unterrichtsfach „Lebensgestaltung – Ethik – Religion“ für alle Schüler und Schülerinnen an allen Schulen aus.

Dieses Fach könnte die Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben, für die Anerkennung der unantastbaren Würde jedes Einzelnen (Art. 1 GG) und für eine alle verbindende Wertegemeinschaft legen, einüben und festigen. Gleichzeitig könnte es die Gottesfrage in der säkularen Gesellschaft wachhalten oder wieder neu wecken.

Für die Kirchengemeinden könnte diese neue Situation - ein Verzicht auf Privilegien, den ja das Zweite Vatikanische Konzil empfiehlt (GS 76) - ein Ansporn sein, neue Angebote zur „Frage nach der Zugehörigkeit zur katholischen oder evangelischen Kirche und ihre Bedeutung für das eigene Leben“ (Erklärung der DBK) zu entwickeln. Die dafür sicher erforderlichen zusätzlichen personellen wie finanziellen Ressourcen stellen gute Investitionen in die Zukunft der Kirchen und der Gesamtgesellschaft dar.

Pressekontakt Wir sind Kirche-Bundesteam:
Sigrid Grabmeier, Tel: 0170-8626 290, E-Mail: grabmeier@wir-sind-kirche.de
Magnus Lux, Tel: 0176-41 70 77 25, E-Mail: lux@wir-sind-kirche.de
Christian Weisner, Tel. 0172-5184082, E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de

Norbert Scholl: „Lebensgestaltung-Ethik-Religion“ als verpflichtendes Unterrichtsfach für alle an allen Schulen
„Gelbe Reihe“ von Wir sind Kirche 2016, 48 Seiten
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Stefan Orth: Religionsunterricht - Die Diskussion geht weiter
mit Zitierung von Wir sind Kirche
> HerderKorrespondez 2/2017, Seite 9-10



 

 

 

Verschiedene Positionen zum Thema


Wort der Bischöfe „Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts. Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht“
> Pressemitteilung der DBK vom 16.12.2016
Empfehlung der DBK vom 22. November 2016
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Stephan Pruchniewicz, Fremde(,) Schwestern und Brüder. Kooperativer Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen, Berlin (LIT) 2016, 552 S.
Seine These: „Ein kooperativer Religionsunterricht im Klassenverband an Berufsbildenden Schulen stellt unter den Bedingungen einer multiethnischen und - religiösen Schülerschaft eine notwendige Option zur Gestaltung dieses Unterrichts dar. Dabei entwickelt er aus einer theologischen und philosophischen Mitte heraus einen Raum, der es Schülerinnen und Schülern ermöglicht, in sich entwickelnder eigenständiger religiöser und weltan-schaulicher Identität Toleranz im Sinne einer erweiterten Respekt- Konzeption zu lernen und sie im Dialog mit ihrer heterogenen Umwelt zu leben.“ Und es ist „sinnvoll, die gesamte zu erwartende Schulzeit einer Schülerin oder eines Schülers gepaart mit der für sie relevanten gesellschaftlichen und religiösen Situation ihres Umfeldes in den Blick zu nehmen. Davon ausgehend kann dann festgelegt werden, in welchen Jahrgangsstufen ein konfessionelles Angebot gemacht wird, in welchen ein konfessionell-kooperatives Modell und wann ein interreligiöses Unterrichtsformat notwendig ist.“

Ulrich Riegel, Welche Zukunft hat das konfessionelle Modell? In: Herder Korrespondenz Spezial „Zur Zukunft des Christentums“, Ausg. 2/2016, 57-60; 60:
„Das multi-konfessionelle Modell entlastet die Schulorganisation und entspricht dem Anspruch der säkularen Gesellschaft, religiöse Vielfalt mit Religionsunterricht angemessen zu berücksichtigen. „Hier einigen sich mehrere Religionsgemeinschaften auf eine gemeinsame Grundlage des Religionsunterrichts. Dabei bestimmt jede Religions-gemeinschaft für sich, wie die eigene Perspektive auf die gemeinsam verhandelten Sachverhalte auszusehen hat. Konfessionelle Differenzen werden im multi-konfessionellen Modell somit nicht unkritisch eingeebnet. Es gibt aber eine Absprache, wie mit diesen Differenzen im Religionsunterricht umgegangen werden soll. Die Lerngruppen des multi-konfessionellen Modells bilden damit Schülerinnen und Schüler aus den beteiligten Religionsgemeinschaften. Damit kann sein Bildungsziel gleichzeitig die Entwicklung der individuellen religiösen Identität der Kinder und Jugendlichen sein, wie auch die Entwicklung zum respektvollen Dialog zwischen verschiedenen religiösen Traditionen.“ Und er beschreibt die Vorzüge dieses Modells: „Es entspricht dem aktuellen Zeitgeist, der Religion vor allem als ethische Ressource begreift. Es fügt sich harmonisch in die Schulorganisation ein, weil keine parallelen Lerngruppen gebildet werden müssen. Es behandelt alle religiösen Traditionen prinzipiell gleichberechtigt, was unter den Prämissen einer säkularen Gesellschaft intuitiv als angemessen empfunden wird. Und es räumt vor allem in seiner lebenskundlichen Version den Religionen keinen Sonderstatus im Fächergefüge ein, woran sich konfessionslose Menschen stören könnten. (…) Ein solcher Unterricht könnte sämtliche Positionen innerhalb einer säkularen Gesellschaft berücksichtigen, die mit Wahrheitsanspruch auftreten, und die Kinder und Jugendlichen dazu befähigen, friedfertig mit weltanschaulicher Differenz umzugehen.“

Stefan Leimgruber: Vgl. K. Böhme, H. H. Behr, D. Krochmalnik, B. Schröder, Religionspädagogische Gespräche zwischen Juden, Christen und Muslimen, Berlin 2013
Interreligiöses Lernen „bringt spannende Erkenntnisse von anderen Kulturen und Religionen in die vom Alltagstrott bedrohte Schule. Es weitet den Blick über den Tellerrand hinaus und bringt Erfahrungen in den Raum der Schule hinein. Dem Religionsunterricht kommt die Verantwortung zu, in die Herzen junger Menschen jene Achtung gegenüber Andersglaubenden einzupflanzen, die sie vor sich selbst haben und die Grundlage aller Religionen ist. Interreligiöses Lernen schlägt Brücken zwischen Okzident und Orient, verbindet Freunde miteinander und erarbeitet elementare Beiträge für das Reich Gottes, welches das Christentum überschreitet. Interreligiöses Lernen leistet ‚Miniaturen‘ für etwas mehr Gerechtigkeit und Frieden.“ (www.kaththeol.uni-muenchen.de/lehrstuehle/religionspaedagogik/personen/1leimgruber/zum_download/download/irl_christen.pdf (28.9.2016).

Evangelische Kirche in Deutschland, Religiöse Bildung in der Schule, „Identität und Verständigung“ als zukünftiges Modell des Religionsunterrichts. Beschluss zum Religionsunterricht der 9. Synode der EKD 1997, Friedrichroda 1997.
Vgl. die Darstellung in: Katja Boehme, Interreligiöses Begegnungslernen in der Lehrerbildung. Zum Konzept der Kooperierenden Fächergruppe in der Hochschuldidaktik, in: dies. (Hg.), „Wer ist der Mensch?“ Anthropologie im interreligiösen Lernen und Lehren (Religionspädagogische Gespräche zwischen Juden, Christen und Muslimen 4), Berlin 2013, 233-253, 240f.
Bei diesem Modell handelt es sich um einen „Lernbereich in Form einer Fächergruppe (...), in dem die Fächer evangelische Religion, katholische Religion, Ethik (bzw. Philosophie oder Werte und Normen) und - je nach den regionalen Gegebenheiten - auch orthodoxer, jüdischer und gegebenenfalls islamischer Religionsunterricht in eine bestimmte, geregelte Beziehung zueinander treten. Die geltende rechtliche Stellung und Zuordnung der Fächer in der Fächergruppe bleibt davon unberührt“

Konsistorium der EKD Berlin-Brandenburg / Erzb. Ordinariat Berlin, Eine Fächergruppe religiöser, philosophisch-ethischer und weltanschaulicher Bildung,
in: M. Hahn, Chr. Hartmann, D. Kahl u.a. (Hg.), Religiöse Bildung und religionskundliches Lernen in ostdeutschen Schulen. Dokumente konfessioneller Kooperation, Münster 2000, 189-193.

Im Jahr 2000 griffen das Erzbischöfliche Ordinariat Berlin und das Konsistorium der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg diesen Vorschlag der EKD auf. Der von den beiden Kirchen Berlins vorgelegte Entwurf lässt in einer ersten Phase (Phase 1) Schüler und Schülerinnen in den Fächern Katholischer, Evangelischer, ggf. Islamischer Religionsunterricht, Ethik / Philosophie und Lebens-kunde (der Humanistischen Union) zu einem zuvor festgelegten gemeinsamen Thema im Umfang einer Unterrichtseinheit getrennt lernen. Auf diese Differenzierungsphase des getrennten Fachunterrichts folgen die eigentlichen beiden Kooperationsphasen: die der gegenseitigen Präsentation in einem Forum aller beteiligten Schülerinnen und Schüler (Phase 2) und die eines Austauschs (bzw. der Diskussion) in kleinen, gemischten Gruppen (Phase 3). Eine Reflexionsphase in der eigenen Lerngruppe (Phase 4) schließt die fächerverbindende Kooperation in der Fächergruppe ab. Die Berliner Kirchen präzisierten die Organisation des Konzepts durch den Vorschlag einer „Mindestverpflichtung“ im Umfang von etwa einem Viertel der Unterrichtszeit des Schuljahres für Themen und Arbeitsphasen in Kooperation. Ziel einer solchermaßen regelmäßig angedachten Kooperation dieser wertorientierenden Fächer sollte es sein, „verschiedene Grundüberzeugungen und Weltsichten, Religionen und Bekenntnisse, Glaube und Atheismus reflektiert und systematisch miteinander ins Gespräch“ zu bringen.

Religionsunterricht weiterentwickeln. Konfessionell, kooperativ, kontextuell – 163 Religionspädagogen für einen zukunftsfähigen Religionsunterricht 11. Januar 2017
http://news.rpi-virtuell.de/2017/01/11/konfessionell-kooperativ-kontextuell-163-religionspaedagogen-fuer-einen-zukunftsfaehigen-religionsunterricht/

 

 

 

Zuletzt geändert am 11­.09.2019