Zum Tod von Kardinal Karl Lehmann
„Ein außergewöhnlicher Konzilstheologe im Bischofsamt“
Wir sind Kirche zum Tod von Kardinal Karl Lehmann am 11. März 2018
Pressemitteilung München / Mainz, 11. März 2018
Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche würdigt Kardinal Lehmann als einen Ausnahmetheologen innerhalb der deutschen katholischen Kirche, der sich zeitlebens mit großem Engagement für die Erneuerung der Kirche auf dem Kurs des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Würzburger Synode eingesetzt hat.
Als Schüler von Karl Rahner, dem großen Theologen des 20. Jahrhunderts, hat er an der bis heute zukunftsweisenden Arbeit der Gemeinsamen Synode in der Bundesrepublik Deutschland („Würzburger Synode“ 1971-1975) maßgeblich mitgewirkt, die die Beschlüsse des Konzils für die damalige Bundesrepublik Deutschland umsetzen sollte. Themen, die uns heute noch beschäftigen, gab er Raum: die Beteiligung der „Laien“ an der Verkündigung, die pastoralen Dienste in der Gemeinde, die Verantwortung des ganzen Gottesvolkes an der Sendung der Kirche, das Diakonat der Frau.
Lehmanns theologische Kompetenz, sein pastorales Gespür, seine innerkirchliche Integrationskraft, sein kirchenpolitisches Geschick und sein gesellschaftspolitisches Engagement sind allgemein unbestritten. Viermal haben ihn die deutschen Bischöfe zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Während seiner Amtszeit als Bischof von Mainz (seit 1983) und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (1987 bis 2008) ist aber auch deutlich geworden, wie sehr sich in Rom der Wind gegen das Konzil drehte. Mit fundierten theologischen Argumenten wandte Lehmann sich in vielen Fragen an Rom, konnte sich aber gegen die Machteliten in Rom oft nicht durchsetzen. Papst Johannes Paul II. ernannte ihn wohl auch deshalb erst am 28. Januar 2001 – in einem nachgeschobenen Konsistorium – zum Kardinal.
Intensiv hat sich Lehmann in all den Jahren um die Ökumene bemüht und sich in der Frage des Kirchenverständnisses deutlich gegen einen Exklusivanspruch der römisch katholischen Kirche ausgesprochen.
Für die Zulassung von geschiedenen Wiederverheirateten zur vollen Teilnahme an der Eucharistiefeier hat sich Lehmann bereits im September 1993 im Hirtenwort der oberrheinischen Bischöfe (gemeinsam mit Dr. Oskar Saier, Freiburg, und Dr. Walter Kasper, Rottenburg-Stuttgart) ausgesprochen, war jedoch sehr bald vom damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, gestoppt worden. Im letzten nachsynodalen Schreiben „Amoris laetitia“ hat Papst Franziskus jetzt, wie damals Lehmann, die Bedeutung der Gewissensentscheidung betont – eine späte Genugtuung.
Kardinal Karl Lehmann trat Anfang 2008 aus gesundheitlichen, möglicherweise aber auch aus kirchenpolitischen Gründen von seinem Amt als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz zurück. Es bleibt zu vermuten, dass auch die zunehmenden Divergenzen innerhalb der Bischofskonferenz, vor allem aber die damals intensiven Auseinandersetzungen mit Rom über die Schwangerschaftskonfliktberatung, über die Ökumene mit den Kirchen der Reformation und über zahlreiche pastorale Fragen über die langen Jahre hin seiner Gesundheit sehr geschadet haben.
In seine Amtszeit fiel auch das KirchenVolksBegehren, dessen Unterschriftensammlung er – anders als die Mehrheit der deutschen Bischöfe damals – in seinem Bistum nicht untersagt hatte. Auch wenn Kardinal Lehmann die Bestrebungen der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche öffentlich nicht wohlwollend aufgriff, gebührt ihm unser Dank für seinen Einsatz für eine Erneuerung der Kirche, wie sie Reformbewegungen anstreben. Der Herr nehme ihn auf in sein Reich, für dessen Verwirklichung er sich zeit seines Lebens eingesetzt hat.
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Zuletzt geändert am 11.03.2018