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Veröffentlicht am 25­.09.2018

Veröffentlichung der MHG-Studie

"MHG-Studie hoffentlich Katalysator für schmerzhaften, aber notwendigen Läuterungsprozess"

Erste Einschätzung von Wir sind Kirche nach der offiziellen Vorstellung der MHG-Studie bei der DBK in Fulda

Pressemeitteilung, München / Fulda, 25. September 2018

Die Detailergebnisse der heute vorgestellten MHG-Studie sind erschütternd, aber für die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche, die von 2002 bis 2012 ein niederschwelliges Nottelefon für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Kirche hatte, keineswegs überraschend. Dabei stellen die heute vorgestellten Zahlen erst einen Bruchteil der Fälle sexualisierter Gewalt innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland dar aufgrund der methodischen Grenzen (kein direkter Zugang zu den Akten, die ja teilweise auch manipuliert oder gar vernichtet waren; fehlende Einbeziehung der Orden; sehr unterschiedlichn Erhebungszeiträume in den einzelnen Diözesen) des von den Bischöfen in Auftrag gegebenen, also keineswegs ganz unabhängigen Forschungsprojektes.

Wenn Kardinal Marx von einem Wendepunkt nach dieser Studie spricht, dann müsste ab heute die strukturelle Bekämpfung sexualisierter Gewalt und ihrer systematischen Vertuschung zur Chefsache in jedem Bistum werden. Für die Glaubwürdigkeit gegenüber dem Kirchenvolk wie der Öffentlichkeit ist dazu ein einheitliches und gemeinsames Vorgehen der Bischofskonferenz unverzichtbar.

Alle weiteren Schritte müssen jetzt in enger Zusammenarbeit mit den Betroffenenorganisationen einerseits und den jeweils zuständigen staatlichen Stellen andererseits erfolgen. Unerlässlich ist auch die Aufhebung der gesetzlichen Verjährung für diesbezügliche Straftaten sowie der direkte Zugang zu allen kirchlichen Archiven für unabhängige staatliche Aufklärungsbeauftragte. Die Kirchen dürfen nicht mehr Staat im Staat sein, denn der Staat ist für den Schutz aller Kinder und Jugendlichen verantwortlich. Damit staatliche Stellen in Zukunft einen strengeren Blick auch auf die Kirchen werfen könnten, ist beispielsweise ein neues Bundesministerium für Opferschutz denkbar, das dann für alle Fälle sexualisierter Gewalt auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen zuständig wäre. Der Opferschutz und die Interessen der Betroffenen müssen Vorrang vor den Interessen der Institution haben.

So wichtig alle von dem Forschungskonsortium vorgeschlagenen Maßnahmen zur Aufarbeitung und künftigen Prävention sind und unbedingt von den Bischöfen umgesetzt werden müssen: Dies wird nicht ausreichen. Es braucht eine grundlegenden Kulturwandel innerhalb der katholischen Kirche, eine kritische Auseinandersetzung mit den Machtstrukturen und ein Ende vor allem des Klerikalismus, der immer auch einen geistlichen Machtmissbrauch beinhaltet.

Die Erfahrung zeigt, dass es weiter den Druck der Kirchenbasis und der Öffentlichkeit braucht, damit diese brisante Thematik nicht noch einmal aus dem Blick gerät. Bei aller Verantwortlichkeit der Bischöfe, die jetzt zur Rechenschaft gezogen werden müssen, appelliert Wir sind Kirche aber auch an die Kirchengemeinden und alle Menschen in kirchlichen Einrichtungen, sich jeweils vor Ort für den Schutz junger Menschen noch intensiver einzusetzen, achtsam zu sein und den Kontakt zu bereits von sexualisierter Gewalt Betroffenen zu suchen.

Pressekontakte Wir sind Kirche-Bundesteam: 
Magnus Lux, Tel: 0176 41266392, E-Mail: lux@wir-sind-kirche.de
Christian Weisner, Tel: 0172 5184082, E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de

> mehr zur MHG-Studie im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz

 

Zuletzt geändert am 28­.09.2022