23.12.2010 - Nürnberger Nachrichten
Bischof mit großem Sündenregister: der Fall Mixa
Augsburg - Prügel für Heimkinder, Unterschlagung von Stiftungsgeldern: Doch Walter Mixa hat lange gezögert, ehe er den Papst um die Erlaubnis zum Rücktritt als Augsburger Bischof bat. Er hinterließ seinem Nachfolger Konrad Zdarsa eine zutiefst gespaltene Diözese.
Wenn all das stimmt, was ein Sonderermittler zusammengetragen hat, dann hätte Walter Mixa eigentlich nie Bischof von Augsburg werden dürfen: Prügel für Heimkinder, Unterschlagung von Stiftungsgeldern – wie kann das zusammengehen mit der von der katholischen Kirche immer wieder propagierten Hilfe für die Schwachen und Armen? Aber Walter Mixa war, als all die schlimmen Vorwürfe aus seiner Zeit als Stadtpfarrer von Schrobenhausen im Frühjahr 2010 bekanntwurden, noch nicht einmal zum Rücktritt bereit. Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Erbischof Robert Zollitsch, mussten auf ihn einreden. Und handelten sich glatt eine Rüge des Papstes ein: Sie seien zu wenig brüderlich mit Mixa umgegangen.
Überhaupt scheint Benedikt XVI. dem emeritierten Bischof noch sehr gewogen zu sein, erst vor ein paar Wochen durfte Mixa am Rande der Generalaudienz mit ihm plaudern und ihm einen Brief zustecken. Doch deutschlandweit blickten 2010 Katholiken entsetzt auf einen Bischof, dessen Sündenregister immer umfangreicher wurde. Sebastian Knott hat einen Bericht dazu erstellt. Der Sonderermittler schrieb von schlimmen Drohungen und von Schlägen mit der Faust, dem Stock, dem Gürtel. Die Aussagen ehemaliger Bewohner des Waisenhauses St. Josef seien glaubwürdig.
Es entstand ein Bild, das den heute 69- jährigen Mixa als frömmelnden Peiniger zeigt, der angeblich unartigen Kindern prügelnd den Satan „austreiben“ will. Mit einem Vokabular, das an Mittelalter und Inquisition erinnert, soll Mixa in Schrobenhausen die Heimkinder zwischen 1975 und 1996 bedroht haben. „Du landest im Fegefeuer“, soll er gesagt haben und auch „In Dir ist der Satan“. Oder: „Ich werde dir schon die schmutzigen Gedanken austreiben.“
Dossier: homosexuelle Belästigungen
Zudem machten im Frühsommer Gerüchte die Runde, es gebe ein Dossier zu Mixa, darin sei unter anderem von Alkoholabhängigkeit und homosexuellen Belästigungen die Rede. Als der Papst Mixas Rücktrittsgesuch annahm, war das Bistum Augsburg bereits tief gespalten: auf der einen Seite Mixas konservative Verbündete, die sich in Verschwörungstheorien verstiegen, auf der anderen Seite die eher progressiven Kräfte, die für eine Erneuerung in der Diözese warben. Nur zwei Monate dauerte es, da hatte Rom im Görlitzer Bischof Konrad Zdarsa einen Nachfolger für Mixa gefunden – eine für Vatikan-Verhältnisse im Eiltempo abgewickelte Personalie. Aber würde es Zdarsa gelingen, den Vertrauensverlust der Kirche in Augsburg zu stoppen? Würde er einen neuen Aufbruch in der 1,6- Millionen-Mitglieder-Diözese herbeiführen können?
Als konfliktscheu und harmoniebedürftig war er beschrieben worden, als der 66-Jährige nach Augsburg kam, wo er am 23. Oktober in sein Amt eingeführt wurde. „Man muss nun sehen, wie die konservativen Netzwerke weiter arbeiten“, sagte Christian Weisner von der Laienorganisation „Wir sind Kirche“. Doch Zdarsa handelte entschlossen – er rief den höchst umstrittenen Geschäftsführer der Mediengruppe Sankt Ulrich Verlag, Dirk Hermann Voß, ab. Der Verlagschef und engste Medienberater Mixas hatte zuvor bereits seine Aufgaben als Koordinator der Öffentlichkeitsarbeit im Bistum verloren. Er galt als einflussreiche und konservative Größe in Augsburg und als umtriebiger Geschäftsmann. Er soll auch Mixa dazu gedrängt haben, die Prügelvorwürfe zunächst zu leugnen.
Für Frieden und Einigkeit sorgen
Zdarsa hat betont, dass er wieder für Frieden und Einigkeit im Bistum sorgen wolle. Größere Konflikte sind bislang in der Tat nicht aufgetreten. Die Gläubigen und die kirchlichen Mitarbeiter haben ihn erleichtert und freundlich empfangen. Die Kirche von Augsburg ist wieder in ruhigeres Fahrwasser geraten, obwohl sie 2010 einen bitteren Mitgliederschwund zu verkraften hatte: 11 351 Menschen traten aus, im Vorjahr waren es nur 6953 gewesen. In seiner Botschaft zum Jahresende an die Gläubigen sprach Zdarsa von „den bedrückenden Erfahrungen der vergangenen Monate“ – und machte den Katholiken Mut für das neue Jahr.
http://www.nordbayern.de/nuernberger-nachrichten/region-bayern/bischof-mit-grossem-sundenregister-der-fall-mixa-1.398887
Zuletzt geändert am 12.01.2011