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Veröffentlicht am 18­.10.2024

Dr. Martin Schockenhoff

Vatikanische Echokammern. Nichts Neues zum Thema Frauenweihe aus dem Vatikan

> englisch

Auf der ersten Sitzung der Weltsynode im Oktober 2023 wurde das Thema Frauenweihe intensiv diskutiert. Es wurde beschlossen, insbesondere die Möglichkeit der Zulassung von Frauen zum Diakonat zu prüfen und auf die Tagesordnung der zweiten Sitzungsperiode zu setzen. Einige, darunter auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Bätzing, hielten das Frauendiakonat für in absehbarer Zeit erreichbar.

Im März 2024 hat Papst Franziskus das Thema überraschend von der Tagesordnung der Weltsynode gestrichen. Er hat erklärt, dass dieses Thema noch näherer theologischer Klärung bedürfe, und er hat hierfür, ebenso für andere Fragen wie beispielsweise priesterliche Lebensformen, eine Arbeitsgruppe außerhalb der Weltsynode eingesetzt.

Dies hat bei vielen Enttäuschung und Empörung hervorgerufen. Es zeichnete sich ab, dass das Thema Frauenweihe entgegen dem Willen des Papstes doch in der Weltsynode zur Sprache kommen würde. Am ersten Tag der zweiten Sitzungsperiode eröffnete Kardinal Manuel Fernández, der Vorsitzende des Dikasteriums für die Glaubenslehre, den verwunderten Delegierten, dass sein Dikasterium ein Dokument zur Frauenweihe vorbereite. Dies werde Aussagen zu den Charismen der Frauen einschließlich der Möglichkeit ihrer Assistenz bei sakramentalen Akten enthalten. Eine positive Entscheidung über die Zulassung von Frauen zum Diakonat werde das Papier jedoch nicht enthalten.

Mit dieser Ankündigung gleich zu Beginn der zweiten Sitzungsperiode sollte den Delegierten offenbar klargemacht werden, dass sie sich mit dem Thema Frauenweihe besser gar nicht erst beschäftigen, weil etwaige Verlautbarungen aus der Weltsynode heraus durch das angekündigte Dokument seines Dikasteriums ohnehin überholt sein würden. Im weiteren Verlauf der zweiten Sitzungsperiode wurden den Delegierten die Zwischenergebnisse der vom Papst eingesetzten externen Kommissionen präsentiert, darunter auch das Zwischenergebnis der Arbeitsgruppe 5 betreffend die Möglichkeit der Weihe von Frauen. Der im italienischen Original aus knapp zwei Seiten bestehende Zwischenbericht liegt auch in englischer Übersetzung vor.

Der Inhalt dieses Zwischenberichts bestätigt die Befürchtungen aller, die auf Fortschritte gehofft hatten. Bereits eingangs wird das Thema auf die „participation in decision-making processes and the leadership of communities“ von Frauen beschränkt. Unter „decision-making“ verstehen der Papst und der Vatikan die der eigentlichen Entscheidung vorgelagerte Stufe des gegenseitigen Zuhörens, der Abwägung und der Diskussion. Eine Teilhabe der Frauen an den Entscheidungen selbst steht von vornherein nicht zur Debatte.

Die Zulassung von Frauen zum Diakonat wurde in der Arbeitsgruppe 5 offenkundig nicht eigenständig behandelt. Vielmehr verweist der Zwischenbericht unmissverständlich darauf, dass man sich insoweit auf die Aussagen des zuständigen Dikasteriums für die Glaubenslehre beziehe:

„Regarding the latter topic [Anm: die Frage der Zulassung von Frauen zum Diakonat] we would like to share from the outset … that the Dicastery judges that there is still no room for a positive decision by the Magisterium regarding the access of women to the diaconate.”

Im Folgenden wird ausgeführt, dass einige bedeutende Frauen in der frühen Kirchengeschichte und auch gegenwärtig auch ohne Diakonatsweihe maßgebliche Autorität besessen und Einfluss ausgeübt hätten. Als Beispiele werden Hildegard von Bingen, Katharina von Siena, Teresa von Ávila, Maria Montessori, Dorothy Day und Madeleine Delbrêl genannt.

Der Zwischenbericht endet mit den Worten:

„In the light of these beautiful testimonies, the question of women’s access to the diaconate takes on a different perspective. Meanwhile, the in-depth study of their multifacited Christian witness can help today imagine new forms of ministry that can create still broader opportunities for a more incisive female presence in the Church (Evangelii Gaudium, 103).”

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Arbeitsgruppe 5, deren Mitglieder den Delegierten der Weltsynode nicht bekannt gegeben wurden, bislang keine eigenständige Prüfung der Frage der Frauenweihe vorgenommen hat. Sie hat sich darauf beschränkt, die Aussagen des Dikasteriums für die Glaubenslehre und das von diesem angekündigte Arbeitsprogramm wiederzugeben. Diese Arbeitsgruppe, sofern es sie überhaupt gibt, wird keine eigenständige Prüfung vornehmen. Aufgrund des Zwischenberichts ist davon auszugehen, dass sich ihr Abschlussbericht darauf beschränken wird, das von Kardinal Fernández angekündigte Papier zur Frauenweihe inhaltlich zu bestätigen. Mit anderen Worten: Die Arbeitsgruppe 5 eine vatikanische Echokammer.

Dr. Martin Schockenhoff, 18. Oktober 2024

> Zwischenergebnisse aller 10 Studienkommissionen in verschiedenen Sprachen

> Informationen und Dokumente zur 2. Sitzung der XVI. Versammlung in verschiedenen Sprachen

Zuletzt geändert am 21­.10.2024