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Veröffentlicht am 25­.05.2020

Gedanken zum Frauen-Forum des Synodalen Weges

Berufen – aber nicht gerufen?

Auch für Männer ist die Frauenfrage eine Frage für die Zukunft der ganzen Kirche

> english: Feeling Called – But Not Being Called?
For men, too the issue of women is a question concerning the future of the whole Church

Magnus Lux und Christian Weisner, Wir sind Kirche-Bundesteam

Es ist schon bemerkenswert, wenn ein Kurienkardinal wie Marc Ouellet Frauen „eine stärkere Rolle bei der Ausbildung künftiger Priester“ zuweisen will, um „ihnen beim affektiven und psychologischen Reifen [zu] helfen.“ „Vielen Priestern oder Seminaristen gelte eine Frau heute generell als ‚Gefahr‘“.[1] Für den neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, ist „die Thematik Frau in der Kirche ... die dringendste Zukunftsfrage, die wir haben.“ [2] Die Frage, ob Frauen auch für das Priesteramt geweiht werden sollten, spricht er nicht an. Zu wirkmächtig ist immer noch das Apostolische Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“ von 1994, mit dem Papst Johannes Paul II. und sein damaliger Glaubenspräfekt Joseph Ratzinger die Diskussion um die Weihe von Priesterinnen auf alle Ewigkeit hin unterbinden wollten.

Doch das Gegenteil wurde erreicht. Die Diskussion bricht nicht ab und ist in den Frauenverbänden, in verschiedenen Reformgruppen, seit 1995 in der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche und seit Anfang 2019 mit der „Aktion Maria 2.0“ so lebendig wie nie. Frauen wie Männer machen lautstark deutlich, dass sie die Lösung der Frauenfrage für entscheidend für die Zukunft der Kirche halten. Die Priesterweihe von Frauen „rigoros abzulehnen und lediglich mit der Tradition zu argumentieren, überzeugt nicht mehr“, so Magdeburgs Bischof Gerhard Feige. Zwar hält er „momentan ... die Möglichkeit, Frauen zu Priestern zu weihen, noch für unwahrscheinlich, da dies von zahlreichen Katholiken nicht mitgetragen und die Einheit der Kirche daran zerbrechen würde.“ Aber die Priesterweihe für Frauen werde kommen.[3]

Seit biblischer Zeit unbestritten

Jedes Jahr in der Osterzeit hören wir die Texte der Auferstehung mit der ersten Beauftragung einer Frau zur Verkündigung: Maria von Magdala, 2016 von Papst Franziskus zur „Apostelin der Apostel“ erhoben. Frauen wie Junia, Tabitha und Phoebe haben Gemeinden geleitet und waren diakonisch tätig. Wenn sich die Bischöfe „Nachfolger der Apostel“ nennen, wo sind dann die „Nachfolgerinnen der Apostolin der Apostel – Maria von Magdala“?

Die Zeit drängt! Viele Frauen sind schon aus der Kirche ausgezogen oder haben sich in die innere Emigration und Resignation zurückgezogen. Mit dem Auszug besonders der jüngeren Frauen aus einer hierarchisch von Männern geleiteten Kirche geht viel geistgewirktes Potenzial der Frauen verloren. In der Folge fällt in den Familien die Verkündigung des Glaubens für die nächste Generation von Kindern aus.

Gerade das diakonische Amt wird seit biblischer Zeit unbestritten auch von Frauen ausgeführt. Anfang des 20. Jahrhunderts legte der spätere Münchner Kardinal Michael Faulhaber eine der ersten Studien zum Frauendiakonat vor. 1908 segnete er Frauen, die die „Vereinigung katholischer Diakoninnen“ gründeten. Edith Stein, die später heiliggesprochen wurde, erhebt in den 1930er Jahren die Forderung nach dem Diakonat der Frau. Seit der Einführung des Ständigen Diakonats für verheiratete Männer nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist die Diskussion um das Diakoninnenamt weltweit neu entflammt.[4]

Eine zukunftsfähige Kirche kann es nur mit einem erneuerten Amtsverständnis geben, das am dienenden Christus orientiert ist und in der auch Frauen durch Weihe zum Dienst beauftragt werden. Wenn die Geschlechterapartheid in unserer Kirche nicht aufgegeben wird, versündigt sich die Kirchenleitung am Evangelium und an den Frauen, widerspricht den Menschenrechten und schadet massiv der Ökumene.

Doch immer noch machen sich Kirchenmänner anheischig, die Lösung aller Probleme alleine vorgeben zu können. Sie beharren auf der engen Auslegung der „hierarchischen Verfasstheit“ der Kirche, obwohl dieses Wort im Neuen Testament nirgends vorkommt; denn dort ist von Dienst die Rede, nicht von Herrschaft. Sie beharren darauf, dass sie „auf den Herrn hören“, wenn sie die Traditionen der Kirche verteidigen, ja sie dem Evangelium überordnen. Sie verkaufen ihre Reformunfähigkeit als das Festhalten am wahren Glauben. Doch wer die befreiende Botschaft vom Reich Gottes, die Jesus, der Christus, uns allen bringt, nach Gutdünken auslegt, um die Machtverhältnisse in der Kirche zu zementieren: der ist es, der spaltet! Frauen können ganze Staaten leiten, aber in der Kirche werden sie oftmals noch als Menschen 2. Klasse angesehen, was damit kaschiert wird, dass Frauen „zwar die gleiche Würde, aber nicht die gleichen Rechte wie der Mann" haben.

Doch mit einem schnellen Kurswechsel in der Frauenfrage würde Franziskus eine Kirchenspaltung größeren Ausmaßes riskieren. Durch Symbolhandlungen wie die Berufung von mehr Frauen in die „Internationale Theologenkommission“ hält Franziskus formal an den Entscheidungen seiner Vorgänger fest. Aber das Thema Frau und Weihepriestertum muss „ganz oben auf der Tagesordnung“ bleiben.

Die von Papst Franziskus im Jahr 2016 eingesetzte internationale Studienkommission zur Geschichte des Diakoninnenamtes wurde im Sommer 2019 allerdings ohne Veröffentlichung eines Ergebnisses beendet. Von der auf Anregung der Panamazonien-Synode in der Karwoche 2020 vom Papst neu eingerichteten Studienkommission zur Untersuchung des Frauendiakonats ist, so ist zu befürchten, wenig zu erwarten. Denn diese Kommission ist nicht paritätisch besetzt und hat weder Mitglieder aus Amazonien noch solche mit Fachkenntnissen auf diesem Gebiet.

Aufmunterung zur Weiterarbeit auch nach „Querida Amazonia“

Jetzt berufen sich die Bremser auf das nachsynodale Schreiben „Querida Amazonia“ von Papst Franziskus, in dem dieser verschiedene Visionen für die Kirche aufzeigt, aber – und das ist auf den ersten Blick und vor allem für die Teilnehmenden der Synode sehr enttäuschend - nicht auf die drängende Frauenfrage eingeht. Zur Weihe von Frauen äußert er sich sogar ablehnend – und wird dafür von konservativer Seite gelobt. Ja, Franziskus provoziert, aber in alle Richtungen, wenn er zur Frauenweihe zu bedenken gibt: „Eine solche Sichtweise wäre in Wirklichkeit eine Begrenzung der Perspektiven: Sie würde uns auf eine Klerikalisierung der Frauen hinlenken und den großen Wert dessen, was sie schon gegeben haben, schmälern als auch auf subtile Weise zu einer Verarmung ihres unverzichtbaren Beitrags führen“ (QA 100).

Es stimmt, wir brauchen tatsächlich keine Frauen als „Klerikerinnen“. Müssen wir dann aber nicht mit Fug und Recht fragen: Wenn wir dem Klerikalismus entgegentreten wollen: Gelingt uns das, wenn wir an den Männern als „Kleriker“ festhalten? Bedenken wir: Kleriker*innen sind nach dem NT „von Gott Erwählte“, berufen in „ein heiliges Volk, eine königliche Priesterschaft“. Unsere Taufe ist unsere Priester*innen-Weihe! Die Berufung zum Dienst des Presbyters ist die Berufung zur Gemeindeleitung, keine persönliche Auszeichnung und spezielle Heiligung. Für die Gemeindeleitung braucht es keine gesonderte Weihe.

Die Diskussion über die dringende Erneuerung des Amtsverständnis ist durch „Querida Amazonia“ nicht beendet, sondern sollte auf dem Synodalen Weg in Deutschland mit theologischen Argumenten und praktischen Erfahrungen intensiv weitergeführt werden. Je einvernehmlicher am Ende die Beschlüsse ausfallen, umso mehr Gewicht werden sie dann im Vatikan und auf jeden Fall bei Papst Franziskus haben.

 

 

Feeling Called – But Not Being Called?

For men, too the issue of women is a question concerning the future of the whole Church

Magnus Lux and Christian Weisner, Wir sind Kirche-Bundesteam
Translation by Martina Stamm, Managing Director, We are Church Germany

It is remarkable when a Curia Cardinal like Marc Ouellet wants to give women "a stronger role in the training of future priests" in order to "help them to mature emotionally and psychologically". "For many priests or seminarians today, a woman is generally considered a 'danger'” (1). For the new president of the German Bishops' Conference, Bishop Georg Bätzing, "the topic of women in the Church ... is the most urgent question for the future that we have."(2) He does not address the question of whether women should also be ordained for the priesthood. Still too powerful is the Apostolic Letter "Ordinatio Sacerdotalis" of 1994, with which Pope John Paul II and his then Prefect of Faith Joseph Ratzinger wanted to stop the discussion about the ordination of priestesses for all eternity.

But the opposite was achieved. The discussion does not break off and is as alive as never before in women's associations, in various reform groups, since 1995 in the Church People's Movement We are Church and since the beginning of 2019 with the campaign "Aktion Maria 2.0". Both women and men make it loud and clear that they consider the solution of the women's question to be decisive for the future of the Church. To "rigorously reject the ordination of women to the priesthood and to argue only with tradition is no longer convincing", said Bishop Gerhard Feige of Magdeburg. Admittedly, he "at present ... considers the possibility to ordain women priests improbable, since this would not be supported by many Catholics and the unity of the church would be broken by it.” But the ordination of women to the priesthood will come.(3)

Undisputed since biblical times

Every year during the Easter season we hear the texts of the resurrection with the first commissioning of a woman to preach: Mary of Magdala, proclaimed "Apostle of the Apostles" by Pope Francis in 2016. Women like Junia, Tabitha and Phoebe have led congregations and been diaconically active. If the bishops call themselves "successors of the apostles", where are the "female successors of the apostle of the apostles - Mary of Magdala"?

Time is running out! Many women have already left the Church or have retreated into inner emigration and resignation. With the departure (exodus?) of especially the younger women from a Church hierarchically led by men, much of the spiritual potential of women is lost. As a consequence, the proclamation of the faith for the next generation of children is lost in the families.

Especially the diaconal ministry has indisputably been performed by women since biblical times. At the beginning of the 20th century the later Munich Cardinal Michael Faulhaber presented one of the first studies on the diaconate of women. In 1908 he blessed women who had founded the "Association of Catholic Deaconesses". Edith Stein, who was later canonized, raised the demand for the diaconate of women in the 1930s. Since the introduction of the permanent diaconate for married men after the Second Vatican Council, the discussion about the office of deaconess has been reignited worldwide.(4)

There can be a sustainable Church only with a renewed understanding of ministry oriented to the serving Christ and in which women are also commissioned to serve through ordination. If gender apartheid is not abandoned in our Church, the Church leadership sins against the Gospel and against women, contradicts human rights and massively damages  ecumenism.

But still churchmen pledge themselves  to being able to solve all problems alone. They insist on the narrow interpretation of the "hierarchical constitution" of the Church, although this word is nowhere to be found in the New Testament. For there the talk is of service, not of dominion. They insist that they "listen to the Lord" when they defend the traditions of the Church, even putting them above the Gospel. They sell their inability to bring about reform as an adherence to the true faith. But whoever interprets the liberating message of the Kingdom of God, which Jesus, the Christ, brings to us all, as he sees fit in order to cement the balance of power in the Churchis the one who divides! Women can lead whole states, but in the Church they are often still regarded as second-class human beings, which is concealed by the fact that women have "the same dignity but not the same rights as men".

With a rapid change of course on the issue of women, Francis would risk a major division of the Church. Through symbolic acts such as the appointment of more women to the "International Theological Commission", Francis formally adheres to the decisions of his predecessors. But the issue of women’s rights and the ordained priesthood must remain "at the top of the agenda".

However, the International Commission for the Study of the History of the Ministry of Deaconesses, set up by Pope Francis in 2016, ended in the summer of 2019 without any result being published. It is to be feared that little can be expected from the Study Commission on the History of the Diaconate of Women, which was newly established by the Pope at the suggestion of the Panamazonian Synod in the Holy Week 2020. For this commission is not composed on a parity basis and has neither members from Amazonia nor those with expertise in this field.

Encouragement to continue working even after "Querida Amazonia"

Now the brakemen refer to the post-synodal letter "Querida Amazonia" of Pope Francis, in which he points out different visions for the Church, but - and this is at first sight and above all very disappointing for the participants of the Synod - does not deal with the urgent issue of women. He even expresses his disapproval on the consecration of women  - and is praised for it by conservatives. Yes, Francis provokes, but in all directions, when he says about the consecration of women: "Such a view would in reality be a limitation of perspectives: it would direct us towards a clericalization of women, diminishing the great value of what they have already given and also subtly impoverishing their indispensable contribution" (QA 100).

It's true, we really do not need women as "clerics." But then must we not ask with every justification: if we want to oppose clericalism: can we do it by holding on to men as "clerics"? Let us consider this: according to the New Testament, clerics are "chosen by God", called to "a holy nation, a royal priesthood". Our baptism is our ordination as priests! The calling to the presbyter's ministry is the calling to be a church leader, not a personal award and special sanctification. No special consecration is needed for the leadership of the congregation.

The discussion about the urgent renewal of the understanding of office is not ended by "Querida Amazonia", but should be intensively continued on the synodal way in Germany with theological arguments and practical experiences. The more consensual the decisions turn out in the end, the more weight they will then have in the Vatican and certainly with Pope Francis.

Translation by Martina Stamm, Managing Director, We are Church Germany

 

 


[1] https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/2020-04/ouellet-kardinal-frauen-kirche-osservatore-priester-seminar-vati.html

[2] https://www.katholisch.de/artikel/24730-baetzing-frauenfrage-wird-wichtigste-herausforderung-meiner-amtszeit

[3] https://www.katholisch.de/artikel/20651-bischof-feige-priesterweihe-fuer-frauen-wird-kommen

[4] Hünermann, Peter/ Biesinger, Albert/ Heimbach-Steins, Marianne/ Jensen, Anne (Hg.Innen)
Diakonat: Ein Amt für Frauen in der Kirche – Ein frauengerechtes Amt? Schwabenverlag AG, Ostfildern. 2002, 420 Seiten (Dokumentation des gleichnamigen Kongresses im Jahr 1997)

 

 

Zuletzt geändert am 28­.05.2020