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Veröffentlicht am 16­.07.2023

Umfrage zur Kirchensteuer

Wir sind Kirche zur repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur

Die DPA-Meldung vom 16. Juli 2023 mit Zitierung von Wir sind Kirche ist vielfach aufgegriffen worden:

https://www.wir-sind-kirche.de/echo

https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/steuern-viele-menschen-finden-die-kirchensteuer-nicht-mehr-zeitgemaess-id67203641.html

Auf Anfrage der DPA hatte Wir sind Kirche folgende Kommentierung vorab gegeben.

Dass selbst von den Kirchenmitgliedern, die insgesamt nicht einmal mehr die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, fast die Hälfte die Kirchensteuer nicht mehr für zeitgemäß erachtet, sollte für die Kirchenleitungen höchst alarmierend sein. Die Selbstverständlichkeit, einer der beiden großen Kirchen anzugehören, ist schon lange vorbei. Warum soll ich, so fragen sich viele, ein Leben lang für eine Institution zahlen, wenn ich deren Leistungen und Einrichtungen ohnehin nicht in Anspruch nehme, höchstens noch kirchlich beerdigt werden möchte? Die Kirchensteuer, die es seit etwa 200 Jahren und in dieser Form nur in Deutschland gibt, wird im Auftrag der Kirchen über die Finanzämter eingezogen. Auch das verstehen viele einfach nicht mehr. Wohl auch angesichts der schrumpfenden Einkommen sind immer weniger Menschen bereit, einen lebenslangen „Mitgliedsbeitrag“ zu leisten, nur weil sie als kleines Kind getauft wurden.

Doch nach wie vor sind die beiden großen Kirchen in Deutschland wichtige Träger von Sozial- und Bildungseinrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Altenheime bis hin zu Sozialstationen und zur Bahnhofsmission. Auch wenn viele dieser Angebote vom Staat und von den Sozialkassen mitfinanziert werden, hätte ein weiterer Rückzug der Kirchen aus diesen Bereichen erhebliche negative Folgen für die Gesamtgesellschaft. Andere Träger müssten gefunden werden. Schon jetzt stoßen z.B. die Beendigung der kirchlichen Trägerschaft von Schulen und Kindergärten einerseits und die Zusammenlegung von Kirchengemeinden im XXL-Format andererseits auf viel Unverständnis und Protest. Und das ist nachvollziehbar angesichts der derzeit noch sprudelnden Kirchensteuern, der Staatsleistungen an die Kirche (über deren Ablösung gerade debattiert wird) und weiterer Finanzquellen.

Wenn die Kirchen auch in Zukunft noch Gelder für die Finanzierung ihrer vielfältigen und anerkennenswerten Aufgaben erhalten wollen, müssen sie alle Finanzquellen transparent offen legen, echte Mitbestimmung ermöglichen und sehr viel mehr dafür werben, wie das z.B. in Italien ganz selbstverständlich ist. 

Statt der als anonym empfundenen Kirchensteuer wird es sich vielleicht mehr und mehr durchsetzen, nach einem Austritt aus der Kirchensteuergemeinschaft – was kein Glaubensabfall bedeuten muss – konkrete Projekte auf Gemeindeebene oder auch die großen kirchlichen Hilfswerke zu unterstützen.

Dass nur ein Fünftel der Befragten (wird hier zwischen den Konfessionen unterschieden???) den Reformstau als möglichen Austrittsgrund nennen, kann als Desinteresse aber auch als fehlende Hoffnung in die Reformierbarkeit besonders der römisch-katholischen Kirche gedeutet werden. Keinesfalls sollten Bischöfe dies als Vorwand nehmen, den jahrzehntelangen Reformstau kleinzureden oder gar zu ignorieren.

Christian Weisner

Zuletzt geändert am 16­.07.2023