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Veröffentlicht am 23­.04.2024

Klaus Huber

Meine Geschichte mit der Kirche

Ich wurde von meinen Eltern sehr religiös erzogen, jedoch ohne irgendwelche fanatische Indoktrination. So war es selbstverständlich, dass ich nach meiner Erstkommunion Ministrant und später auch in der Jugendarbeit aktiv wurde. Als sensibler Junge nahm ich alles sehr ernst, auch Regelungen wie die damalige Verpflichtung zur Nüchternheit vor einem Kommunionempfang. Ich war auch sehr aufnahmebereit für religiöse Impulse von Pfarrern, denen ich mit Ehrfurcht begegnete und die in unserm Haus ein- und ausgingen. So wuchs in mir immer mehr der Wunsch, einmal Priester, sprich Pfarrer oder noch eher Mönch zu werden. Ich war so sehr davon gefesselt dass mir ein Traum meiner frühen Jugend in Erinnerung geblieben ist: dass ich auf einem Weg zum Rebberg vor einer über mir schwebenden himmlischen Erscheinung kniete.

Je näher das Abitur an einer christlichen Heimschule kam, desto mehr verstärkte sich dieser Wunsch, auch durch Fahrten in eine Benediktinerabtei in Franken (Münsterschwarzach), wo schon vor mir andere frühere Schüler diese Schule waren. Die Folge war, dass ich zwei Wochen nach meinem Abitur dort als Novize eintrat. Wie sehr ich im diesen Entschluss gerungen hatte, zeigt dass ich mich damals, erst als Novize angemeldet, eine Woche danach wieder abgemeldet und dann noch in derselben Woche wieder anmeldete. Brisant war hierbei die Tatsache, dass meine Mutter damals schon Witwe war, als mein Vater an einer schweren Krankheit gestorben war und ich erst 14 Jahre alt war. Für die Größe meiner Mutter spricht, dass sie mir damals nichts in den Weg legte. Sie lebte nach dem Tod meines Vaters mit einer ledigen Schwester in unserem Wohnhaus. Zehre ich bis heute an den Erinnerungen an die für mich bewegende Zeit, auch mit anderen Novizen an Abenden im Advent in der Zelle des Magisters, so war ich doch bei Spaziergängen mit anderen Novizen am Main recht hin- und hergerissen, wenn ich dort glückliche Familien miteinander sah. So kam es, das ich nach 1 Jahr und 1 Tag wieder aus dem Kloster nach Hause zurückkehrte. Wenn auch damals böse Zungen in meinem Wohnort meinten meine Mutter habe „ihr Muttersöhnchen“ zurückgeholt – es war meine freie Entscheidung.

Die Zeit bis zum PH-Studium überbrückte ich mit einer Tätigkeit als Mesner für den verstorbenen Vorgänger sowie einer kurzen Zeit bei der Bundeswehr, aus der ich aus gesundheitlichen Gründen bald wieder zurückkehren durfte. Als Junglehrer war ich wie in meiner Pfarrgemeinde und wieder in der Jugendarbeit tätig. Als offener und schon damals kirchenkritischer Mensch nahm ich vom Amt des Pfarrgemeinderats Abschied, als mir immer wieder beschieden wurde, dass meine Ideen hier „nicht gebraucht“ wurden oder „die Zeit noch nicht reif dafür“ war.

In jener Zeit erschien die kirchenkritische Zeitung „Publik“, die ich wie ihre Nachfolgezeitschrift „Publik-Forum“ abonnierte. Ich kam auch mit der Bewegung „Wir sind Kirche“ in Kontakt, in der ich bis heute Mitglied bin. Ich begleitete die Zeitschrift zeitweise mit kritischen Leserbriefen und Sprüchen im Publik-Forum spiritletter sowie Anregungen in der Homepage von „Wir sind Kirche“ auch zum Synodalen Weg.

Als kirchenkritischer Christ sammelte ich seit einigen Jahren Christen die „gegen den Strom schwimmen“ alle zwei Monate um mich zu einem „Publik-Forum Leserkreis“ mit Teilnehmern nicht nur aus Achern, sondern als einem Radius bis Offenburg und Kehl, wobei Artikel aus Publik-Forum sowie zu theologischen, sozialethischen, philosophischen und anderen weltanschaulichen Themen diskutiert werden.

Als „Ökumeniker“ Initiator der Wiederaufnahme der Camping-Gottesdienste auf dem Acherner Campingplatz, des einstigen „Ökumenemobils“ und des „Ökumenehocks“ in einem Achern Lokal.

Als „Ökumeniker“ wie mich manche nennen, der sich als „kathelisch“ empfindet, weil ich mich in beiden Kirchen zu Hause fühle, nahm ich bisher an allen ökumenischen Kirchentagen teil. Im Jahre 2016 initiierte ich mit einer Gruppe von kritischen Christen eine Petition zur Freistellung des Pflichtzölibat mit über 4000 Unterschriften im Internet und auf Unterschriftslisten in der Region, die jedoch der Schlagzeile einer Journalistin zufolge „mit Arroganz abgeschmettert“ wurde.

Was mein heutiges Verhältnis zur Kirche betrifft: Papst Franziskus, der erst seine größte Hoffnung war, ist inzwischen teilweise eine Enttäuschung geworden, weil er zwar Jesu Programm umsetzen möchte, sich jedoch immer wieder von manchen Konservativen ausbremsen lässt, manche ihrer Irrtümer bisweilen nachplappert und so selbst zum Bremser von Reformen wird.

Warum ich dennoch aus dieser Kirche nicht austrete:

  1. Weil ich die, die sich redlich mühen, nicht im Stich lassen möchte,
  2. Weil ich mir nicht den Mund verbieten lassen will mit dem Argument: „Du hast uns nichts mehr zu sagen und dich einzumischen, weil du ja ausgetreten bist.“

Gottesdienste sehe ich mir oft nur noch im Fernsehen an, weil ich nicht den Eindruck erwecken will, dass ich doch in die Kirche komme, egal was von Rom verlautet wird.

Klaus Huber

 

P. S.: Eines meiner Gedichte

 

INNERE HALTUNG (5. Februar 2022)

Innerlich ein Mönch geblieben,

habe ich mich dem verschrieben,

was als Wert zeitlos kann gelten

– fern von unechten Schein-Welten,

die nur kurzzeitig erfüllen,

jedoch keinen Hunger stillen,

um es selbstbewusst zu wagen,

mancher Lockung zu entsagen.

Führt der Weg gewollt nach innen,

lässt er uns im Grund gewinnen .
 

Klaus Huber

 

 

Zuletzt geändert am 23­.04.2024