25. Bundesversammlung (Bericht)
Spiritualität kein Luxus sondern Kraftquelle gerade in der aktuellen kirchenpolitischen Situation – Bildungsoffensive über die Aufbrüche des 2. Vatikanischen Konzils
„Spiritualität ist kein überflüssiger Luxus sondern wichtige Kraftquelle im Alltag und in der politischen Arbeit“, so das zentrale Resümee der 25. Bundesversammlung der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche, die vom 27. bis 29. März 2009 in Magdeburg tagte. Angesichts der aktuellen kirchenpolitischen Situation wird die katholische Reformbewegung aber auch ihre Bildungsarbeit über die Aufbrüche des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) verstärken. Die von Wir sind Kirche wesentlich mitgetragene „Petition Vaticanum II“ läuft noch bis Gründonnerstag, 9. April und soll danach in geeigneter Weise dem Vatikan zur Kenntnis gebracht werden.
Ausgehend von der Person Mechthild von Magdeburg, deren 800. Geburtstag im Jahr 2007 begangen wurde, gab die ökumenische Theologin Dr. theol. Annette Esser aus Köln einen fundierten Überblick über den Zusammenhang von Mystik und Politik. Mechthild, aus höfischem Leben stammend, war als Begine in der Armutsbewegung tätig und gilt auf Grund ihrer sprachkräftigen Dialoge zwischen Gott und sich, der Seele, auch als erste mystische Schriftstellerin deutscher Sprache. Für sie war Spiritualität nicht überflüssiger Luxus, sondern „überfließendes Licht“ (lat: Lux = Licht).
Spiritualität, von Karl Rahner nach dem Konzil als „Leben aus dem Geist bezeichnet“, stellt seit Ende der 1970er Jahre gegenüber der dominanten biblischen und dogmatischen Tradition der christlichen Kirchen und deren rationalistischer Theologie ein kritisches Gegengewicht dar, das auf die gelebte Verinnerlichung des Glaubens und auf die Notwendigkeit der Glaubenspraxis statt bloß verbaler Theologie drängt, so Esser. Sie promovierte 2007 über „Interkontexte feministischer Spiritualität“ (LIT-Verlag) im ökumenischen Kontext.
Die Diskussion über die aktuelle kirchenpolitische Situation vor allem nach der bedingungslosen Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der „Priesterbruderschaft St. Pius“ nahm einen breiten Raum in der Bundesversammlung ein, jedoch nicht in resignativer Weise sondern neuen Anstoß gewinnend, die Aufbrüche des Zweiten Vatikanischen Konzil vor allem in der Pastoral neu in den Blick zu nehmen. Die KirchenVolksBewegung wird hierzu ihre Bildungsarbeit vor allem für diejenigen intensivieren, die das Konzil nicht mehr aus eigenem Erleben kennen.
Am Freitagabend gab es einen konstruktiven Gedankenaustausch mit Ordinariatsrätin Dr. Annette Schleinzer, theologische Referentin des Magdeburger Bischofs Dr. Gerhard Feige, und Ordinariatsrat Ulrich Lieb, Leiter des Fachbereichs Pastoral in Kirche und Gesellschaft, über die besondere Seelsorgesituation im Bistum. Angesichts der Säkularisierung werden die hier gemachten Erfahrungen auch für die westdeutschen Bistümer in Zukunft immer relevanter werden.
Die Vorbereitungen für den 2. Ökumenischen Kirchentag 2010 (ÖKT) begleitete Herbert Koch, früherer Superintendent in Wolfsburg und Autor des Buches „Einheit der Kirche. Besichtigung einer Utopie“ (Patmos). Koch warnte vor einer zunehmenden Konfessionalisierung und einer Ausklammerung der strittigen Fragen der Ökumene, besonders beim Herrenmahl und der Ämterfrage. Nach Ansicht von Wir sind Kirche müssen im Hinblick auf die Thematik des 2. ÖKT Liturgie und Diakonie wieder mehr zusammengeführt werden. „Menschendienst ist Gottesdienst“ ist der Arbeitstitel einer für den ÖKT geplanten Veranstaltung. Weitere Programm- und Gottesdienstvorschläge für den ÖKT werden derzeit gemeinsam mit anderen Reformgruppen erarbeitet.
Am Evangelischen Kirchentag Ende Mai 2009 in Bremen wird sich die KirchenVolksBewegung wie bei allen Kirchentagen mit einem großen Stand „Gespräche am Jakobsbrunnen“ auf dem Markt der Möglichkeiten beteiligen.
Pfingstmontag (1. Juni 2009) wird Wir sind Kirche in der Berliner Gethsemane-Kirche die ökumenische Pilger-Rad-Tour starten, die in drei Etappen bis zum 2. ÖKT nach München führen wird.
Mit einem Mahngottesdienst zum „Weltgebetstag für Frauenordination“ (25. März), der vor der Kathedrale St. Sebastian gefeiert wurde, ging die Frühjahrs-Bundesversammlung am Sonntagmittag zu Ende. Die nächste Bundesversammlung zum Thema Ökumene u.a. mit Prof. Dr. Urs Baumann (ehem. Geschäftsführer des Instituts für Ökumenische Forschung an der Universität Tübingen) wird vom 23.-25. Oktober 2009 in München stattfinden, der Stadt des 2. ÖKT.
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Zuletzt geändert am 29.03.2009