Zur KNA-Meldung: Bischöfe dürfen Protestierer aus Räten ausschließen
Wir sind Kirche bedauert neue Art der Dialogverweigerung durch die katholische Kirchenleitung
Wir sind Kirche-Pressemitteilung München/Rom, 25. Mai 2009
Als neuerliches und äußerst bedenkliches Zeichen der innerkatholischen Dialogverweigerung sieht die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche die heute veröffentlichte Entscheidung des obersten Gerichtshofs der katholischen Kirche (> KNA-Meldung: Bischöfe dürfen Protestierer aus Räten ausschließen (25.5.2009)), die Bischöfen das Recht zuspricht, Mitstreiter der „Wir sind Kirche“-Bewegung aus kirchlichen Gremien auszuschließen.
Ausgehend von einem Einzelfall im Bistum Regensburg - der Klage eines seit seiner Jugend in der katholischen Kirche engagierten Mannes wegen des Entzugs des passiven Wahlrechts bei der Kirchenverwaltungswahl - wird der Versuch unternommen, eine seit bald 15 Jahren weltweit vertretene innerkatholische Reformbewegung grundsätzlich zu diskreditieren. Dies geschieht in totalitärer Art und Weise von römischen Schreibtischen aus, ohne dass es je eine Anhörung oder die Möglichkeit einer Stellungnahme gab. Der Kläger aus dem Bistum Regensburg hat das vom 14. März 2009 datierte Dekret nur auf Latein erhalten, der KirchenVolksBewegung wurde es bisher noch nicht einmal auf Anfrage zur Kenntnis gegeben.
Die heute veröffentlichte Entscheidung ruft Erinnerungen wach an die schrittweise Ausgrenzung von Katholikinnen und Katholiken, die sich in der Schwangerschaftskonfliktberatung in dem von ZdK-Mitgliedern gegründeten Verein „Donum Vitae“ bzw. in dem zur KirchenVolksBewegung gehörenden Verein „Frauenwürde e.V.“ engagieren sowie an die erst kürzlich von einigen Bischöfen verweigerte Zustimmung zum designierten Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).
Falls einzelne Bischöfe dem Beispiel des Regensburger Bischofs Dr. Gerhard Ludwig Müller folgen und in der KirchenVolksBewegung engagierte Menschen aus kirchlichen Gremien ausschließen sollten, so würde das schon jetzt vielerorts gestörte Vertrauensverhältnis zwischen Kirchenvolk und Kirchenleitung weiter massiv beeinträchtigt, ja die Gefahr einer Kirchenspaltung „von oben“ von den amtskirchlichen Verantwortlichen selbst provoziert. Solche Art der Dialogverweigerung widerspräche auch eklatant der Communio-Theologie („communio“ heißt „Gemeinschaft“), die das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) besonders in der Dogmatischen Konstitution über die Kirche „Lumen gentium“ formuliert hat.
Den Bischöfen sollte bewusst sein, dass nicht nur sogenannte „Laien“, sondern auch viele Priester, pastorale MitarbeiterInnen und Ordensleute die Reformanliegen der KirchenVolksBewegung unterstützen. Auch für die Freiheit der theologischen Forschung bedeutet das Dekret eine große Gefahr, stellt es doch jedes Vorausdenken und damit die Reformwilligkeit und Reformfähigkeit der römisch-katholischen Kirche grundsätzlich in Frage, und dies trotz des so offensichtlichen Reformstaus auf vielen Gebieten.
Wären die Bischöfe zum konstruktiven Dialog bereit, wie ihn die Internationale Bewegung Wir sind Kirche schon seit Jahren sucht und ihn auch das Staatssekretariat in Rom im Sommer 2006 empfohlen hat, hätte es nicht zu dieser pauschalen Ausgrenzung der KirchenVolksBewegung kommen können, die sich um innerkirchliche Reformen auf der Linie des Zweiten Vatikanischen Konzils und der darauf aufbauenden theologischen Forschung und pastoralen Praxis bemüht.
Mit Schreiben vom 23. August 2006 hatte das Staatssekretariat in Rom über die Apostolische Nuntiatur in Berlin der KirchenVolksBewegung mitteilen lassen: „Sie und die anderen Mitglieder können zu jeder Zeit mit den Bischöfen und Priestern der zuständigen Bistümer und Pfarreien einen konstruktiven Dialog über die aktuellen Fragen und Probleme in der Kirche führen.“ Doch leider währt die auch nach diesem Schreiben praktizierte Dialogverweigerung schon lange: Bereits 1991 – noch vor dem KirchenVolksBegehren 1995 – hatte das ZdK in seiner Schrift „Dialog statt Dialogverweigerung“ die Dialogverweigerung der Bischöfe konstatiert.
Sogar das katholische Kirchenrecht sieht im Canon 212 § 3 CIC vor, dass die Gläubigen „entsprechend ihrem Wissen, ihrer Zuständigkeit und ihrer hervorragenden Stellung ... das Recht und bisweilen sogar die Pflicht (haben), ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, den geistlichen Hirten mitzuteilen und ... den übrigen Gläubigen kundzutun.“ Dieser Kanon wird durch das Agieren des vermutlich durch sehr kirchenkonservative Kardinäle und Bischöfe geprägten obersten vatikanischen Gerichtshofs stark in Frage gestellt.
Nach Kenntniserhalt des Dekrets vom 14. März 2009 wird die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche ausführlich dazu Stellung nehmen.
Kontakt:
Sigrid Grabmeier
0991-2979585 oder 0170-8626 290
Christian Weisner
08131-260250 oder 0172-5184082
presse@wir-sind-kirche.de
Bemerkenswerte aktuelle Aussage von Papst Benedikt XVI.:
> Papst: „Bildung eines engagierten Laienstandes fördern!“
27.05.2009 - Newsletter von Radio Vatikan
> Abschließendes Dekret des Obersten Gerichts der Apostolischen Signatur vom 5. Mai 2009 (PDF)
> Abschließendes Dekret des Obersten Gerichts der Apostolischen Signatur vom 14. November 2007 (PDF)
neu
Sabine Demel: Rechtskultur ade?
Orientierung 13/14-2009, 149f.
»Es gibt ein verbürgtes Recht auf Kritik«
Wird es für die katholische Kirchenvolksbewegung schwieriger? Fragen von Hartmut Meesmann an den Inititor Christian Weisner
Publik-Forum 24.7.2009
Norbert Brieskorn SJ: Recht auf Kirchenkritik
> „Stimmen der Zeit“ 7/2009, Seite S. 433 f.
> weiteres Presse-Echo
> Presseaussendung der Plattform »Wir sind Kirche« Austria (26.5.2009):
Vatikan will „Wir sind Kirche“ ausgrenzen
English translation
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The Apostolic Signatura, the highest court of the Roman-Catholic Church, has published their decision, dated March 14, 2009, that the Bishops are generally allowed to exclude from all parish and pastoral councils etc. those who are involved in the We are Church movement.
Press note from „We are Church“, Munich / Rome May 25, 2009
Today, the decision of the Supreme Court of the Catholic Church allowing bishops to expel “We are Church” movement’s supporters from Church committees was published (> KNA (Catholic News Agency, Germany): Bishops may exclude protesters from councils (May 25th, 2009)). The catholic reform movement “We are Church” thinks this decision to be repeatedly an alarming sign of dialogue refusal inside the Catholic Church.
A singular case in the diocese of Regensburg – the complaint of a man highly committed to the Catholic Church because he was prevented from being candidate in the elections for a parish’s financial committee – prompted the effort to fundamentally denigrate a catholic reform movement, which had been working worldwide for almost 15 years. This is realized by Rome in a totalitarian way: without any chance of hearing or statement. The plaintiff from Regensburg diocese received the decree, dated March 14, 2009, only in Latin; “We are church” did not receive a copy of it even on request.
The decision published today reminds of the gradual expulsion of Catholics who support the pregnancy consultation organization “Donum Vitae”, founded by members of the ZdK (central committee of German Catholics), or the organization “Frauenwürde e. V.” (“Woman’s dignity”), belonging to “We are Church”. Furthermore, this decision reminds of several German bishops denying their OK for the designated president of ZdK recently.
If bishops follow the example of Regensburg bishop Dr. Gerhard Ludwig Müller in expelling committed people from Church committees, the confidential relationship between the people and the leaders of the Church – which is already presently broken in many respects – would continue being damaged. Moreover, the Church leaders would provoke a Church split “from above”. Such dialogue refusal would contrast severely with the “Communio” theology of the Second Vatican Council (1962-1965), especially of its Dogmatic Constitution on the Church “Lumen Gentium”. (“communio” means “community”.)
Bishops should be aware that not only so-called “lay” people support the reform requests of “We are Church”, but also many priests, pastoral employees and members of orders. Additionally, the decree bears dangers for the freedom of theological research by calling any vision into question – and also the ability and will of reforms in the Roman-Catholic Church. This happens in spite of the obvious necessity of reforms in many respects.
If the bishops had been ready for constructive dialogue as intended by the International Movement “We are Church” since years – and as recommended by Vatican State Secretary in Summer 2006 – the sweeping exclusion of “We are Church” would not have happened. It is “We are Church” that takes big efforts on reforms following the Second Vatican Council and the theological researches as much as the pastoral practice emerging from there.
On August 23, 2006, the Vatican State Secretary had let “We are Church” know via Apostolic Nunciature, Berlin: “You and the other members are always invited to lead a constructive dialogue with bishops and priests of the appropriate dioceses and parishes.” Unfortunately, the refusal of dialogue, realized after this letter as well, has been lasting for a long time: It was already in 1991 – still before the “KirchenVolksBegehren” (Church reform referendum) of 1995 – that the ZdK stated the refusal of dialogue shown by the bishops in its statement “dialogue: practice instead of refusal”.
Even the Catholic Canonic Law provides the right and the obligation for the members of the Church to show their opinion concerning the welfare of the Church to bishops and fellow Christians (cf. canon 212 § 3 CIC). This law is now called into question by the highest Vatican Court, which is presumably influenced by conservative cardinals and bishops. After getting knowledge of the decree from March 14, 2009, the Catholic reform movement “We are Church” will publish a detailed statement.
Contact:
Sigrid Grabmeier
+49-991-2979585 or +49-170-8626 290
Christian Weisner
+49-8131-260250 or +49-172-5184082
presse@wir-sind-kirche.de
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KNA (Catholic News Agency, Germany), May 25th, 2009:
Bishops May Exclude Protesters from Councils
The supreme judicial court of the Roman-Catholic Church in the Vatican has ascribed to the bishops the right to exclude active members of the movement “We are Church” from church councils. A decree of the Supreme Court of the Apostolic Signatura says, that a person, who joins in public protests of the movement against the Pope, bishops and the teaching-office (?) makes himself “incapable of membership in church councils”.
The decree, dated March 14, 2009, which has come to the knowledge of the CNA, states, that members of a council would at least have to distance themselves from the principles and projects of the movement. In individual cases the right to decide rested with the local bishop.
This judgment of two cardinals and three bishops is the conclusive statement after a law suit within the church, which has been going on for years. After the rearrangement of the church councils in his diocese by bishop Gerhard Ludwig Müller of Regensburg, Fritz Wallner, the former chairman of the Diocesan Council, and another former member of the council had sued several times. The last case concerned Wallner’s right to be elected into the administrative body of the church in his hometown of Schierling. The diocese had withdrawn him this right. At several actions of public protest Wallner had appeared together with activists of “We are Church”.
The Vatican Signatura maintains that Wallner, being a Roman-Catholic, has neglected the acceptable extent of freedom of meaning, thus causing “quarrel and hatred of the church people” against the bishop and diminishing his reputation. They furthermore argue, that Wallner’s own public appearances had even before impaired his capability to be elected.
With respect to “We are Church” the judges recall the letter of the Roman Congregation of Faith to the German bishops in 1996, in which they state, that the demands of the so called church referendum “partly contradict the church’s teachings and are in open disagreement with church laws”. The supporters thus exceeded “by far the limits of rightful demands” and increased the split between the people in the pews and the hierarchy. Among other things “We are Church” proclaimed an “unacceptable model of a democratic church”.
The movement “We are Church” developed from the so called church referendum, which, starting in Austria, was held in several countries in 1995, when far more than a million people signed a catalogue of desired reforms. Among the demands were the abolition of compulsory celibacy and the ordination of women to priesthood.
Zuletzt geändert am 11.08.2009