Sodano / Cantalamessa
Rote Karte für den Vatikan
„In beiden Wortmeldungen wird das Verhältnis Täter-Opfer völlig umgekehrt“, sagt Hans Peter Hurka in einer ersten Reaktion. Nicht die Kirche und auch nicht der Papst sind Opfer einer Kampagne. Die wahren Opfer sind die Menschen, welche durch Vertreter der katholischen Kirche missbraucht, geschlagen und erniedrigt wurden, meint der Vorsitzende der Plattform „Wir sind Kirche“. Das „Leid“, welches Papst Benedikt jetzt zu ertragen hat ist mit den Schmerzen der Opfer nicht zu vergleichen. Solche Vorfälle sind mit Dementis des Pressesprechers, dem Jesuitenpater Federico Lombardi, nicht mehr zu korrigieren.
Sowohl die Worte des 75-jährigen Kapuzinerpaters als auch die des 82-jährigen Kardinals sind ein Hohn, sowohl für die Opfer des Missbrauchs als auch für die Opfer der Shoa. Menschen, die ihre Erklärungen im Namen des Kirchenvolkes abgeben und so wenig Gespür haben, was das Gottesvolk angesichts des Leids empfindet und denkt, haben ihre Berechtigung dazu zur Gänze verloren. Jesus stand ganz auf der Seite der Opfer. Daran sollte sich auch ein Kardinal angesichts des Osterfestes erinnern können.
„Wir sind Kirche“ missbilligt auch die anschließende Umarmung des Papstes, weil er damit offensichtlich seinen Dank für diese Worte Sodanos zum Ausdruck bringen wollte. Sowohl das Schweigen des Papstes als auch die Zustimmung oder Duldung solcher Reden empört viele Christinnen und Christen zutiefst.
Kardinal Sodano ist damit allen Bemühungen in den Rücken gefallen, die in der letzten Zeit ein ehrliches Bedauern der Missbrauchsvorfälle und ihre Reue zum Ausdruck gebracht haben. Seine Worte treiben einen Keil zwischen die Ortskirchen und dem Vatikan. Er hat alle kurialen und päpstlichen Beteuerungen als Heuchelei entlarvt und die Glaubwürdigkeit der Kirche erneut schwer geschädigt.
„Wir sind Kirche“ ruft deshalb alle Bischöfe dazu auf, insbesondere die österreichischen, deutschen und schweizer Bischöfe, gegen diese Reden, die auch noch vom Papst mit einer Umarmung honoriert wurde, zu protestieren, weil sie alle ihren guten und verheißungsvollen Bemühungen um Aufarbeitung des Unrechts sowie den Anfang der dringend notwendigen Reformen als unehrlich und unglaubhaft erscheinen lassen. Ebenso ladet die innerkirchliche Reformbewegung alle Gläubigen ein, dem Vatikan die rote Karte zu zeigen (Mail mit roter Schriftfarbe an: benediktxvi@vatican.va ).
Um den Opfern und der Wahrheit ins Auge blicken zu können brauchen wir kritische Loyalität statt falscher Solidarität!
Für den Vorstand der Plattform „Wir sind Kirche“ Hans Peter Hurka
> siehe auch
Zuletzt geändert am 07.04.2010