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Veröffentlicht am 18­.05.2010

Bischof Hofmann / Zölibat und Pille

Wir sind Kirche-Stellungnahme zum Interview des Würzburger Bischofs Dr. Friedhelm Hofmann mit dem Bayerischen Rundfunk

München / Würzburg, 18. Mai 2010

Stellungnahme von „Wir sind Kirche“ zum Interview des Würzburger Bischofs Dr. Friedhelm Hofmann mit dem Bayerischen Rundfunk, Studio Mainfranken, über Zölibat und Pille

Quelle: BR Studio Franken: "Zölibat entzweit fränkische Bischöfe" (16.5.2010)

siehe auch Main Post „Die Ökumene“, 17. 05. 2010

1. Der Zölibat in der Diskussion

„Beim Zölibat oder bei der eucharistischen Gemeinschaft mit anderen Christen geht es nicht um Peanuts oder theologische Randprobleme" behauptet der Würzburger Diözesanbischof Dr. Friedhelm Hofmann in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Die Kirchenvolksbewegung Wir sind Kirche weist die Absicht des Bischofs, Zölibat und Eucharistie auf eine Ebene zu stellen, als theologisch unqualifiziert zurück. Zölibat und Eucharistie liegen auf verschiedenen Ebenen. Während es beim Zölibat um eine disziplinäre Norm geht, die geändert werden kann, geht es bei der Eucharistiefeier um dogmatische Fragen. Verglichen mit der Abendmahlsfrage ist der Zölibat ein theologisches Randproblem oder in der Sprache des Bischofs „Peanut“.

2. Aus der Kirchenkrise nichts gelernt?

Der Bamberger Erzbischof Dr. Ludwig Schick regt an, über das Zölibatsgesetz zumindest nachzudenken. Die Diözese Würzburg hätte allen Grund dazu: Allein im letzten Jahr mussten drei junge Priester wegen des Zölibatsgesetzes ihren Hut nehmen. In Hammelburg, Unterfranken, betet die „Kirche in Bewegung“ (KIB) jeden Donnerstag für eine reformorientierte Kirche. Immer mehr Katholiken und Katholikinnen schließen sich an. Auch in der Diözese Würzburg gibt es sexuellen Missbrauch von Priestern, der zumindest indirekt mit dem Zölibat in Zusammenhang steht, wie Dr. Wunibald Müller, Leiter des Recollectiohauses in Münsterschwarzach, Diözese Würzburg, bestätigen kann. Wenn Bischof Hofmann seinen Bamberger Kollegen indirekt kritisiert, entstehen Zweifel, ob er aus der Kirchenkrise wirklich etwas lernt.

3. Die „Würzburger Synode“ diskutierte schon vor 35 Jahren über verheiratete Priester.

Die „Würzburger Synode“ hätte schon vor 35 Jahren die Möglichkeit der Priesterweihe für „Viri Probati“ vorgesehen, wenn ein Beschluss für ein Votum nach Rom erlaubt gewesen wäre. Das Votum scheiterte am Veto der Bischofskonferenz. Zumindest die Normen für die Dispens vom Zölibat sollten schon damals dahingehend geändert werden, „dass die den Laien zugänglichen Funktionen (...) auch von laisierten Priestern ausgeübt werden können“ (Synodenbeschluss). Dieser Antrag ging als Votum nach Rom, wurde aber nie beantwortet. Es wäre besser, das Votum erneut aufzugreifen und heiratswillige Priester weiter in der Seelsorge einzusetzen, anstatt ihnen sogar Lektorendienste, Kommunionausteilung und vieles andere mehr zu untersagen. Die Stellungnahme fällt hinter die Standards der Würzburger Synode zurück.

4. Julius Kardinal Döpfner für die „Pille“

Die ehemalige Landesbischöfin und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Dr. Margot Käßmann, hat auf dem ÖKT im Münchner Liebfrauendom die „Pille“ verteidigt. Wenn der Würzburger Diözesanbischof salopp feststellt, die Kirche habe zur Pille eine andere Meinung als Frau Dr. Käßmann, so übersieht er, dass die Kirche wir alle sind. Er widerspricht auch seinen Vorgängern im Bischofsamt. Denn die deutschen Bischöfe haben in der berühmten „Königsteiner Erklärung“ die „Pille“ in die Gewissensentscheidung der einzelnen Katholiken und Katholikinnen gestellt. Die Erklärung bindet die Nachfolger im Bischofsamt so lange, bis sie aufgehoben wird.

5. Katholische Moraltheologinnen für Reform der Sexuallehre

Wenn Frau Dr. Käßmann die „Pille“ als Möglichkeit der Empfängnisverhütung sieht, befindet sie sich in guter Gesellschaft mit katholischen Moraltheologinnen und -theologen - sowie katholischen Frauenverbänden. Diese sind aufgefordert, Bischof Dr. Friedhelm Hofmann ihre abweichende Sichtweise zur Kenntnis zu bringen.


Kontakt:

Dr. Edgar Büttner, Bad Aibling, Wir sind Kirche im Erzbistum München und Freising
Tel. 08061/36874
info@dr-buettner.com

Magnus Lux, Schonungen, Wir sind Kirche-Bundesteam
Tel: 09721-58875
Famlux@t-online.de





Stellungnahme von Prof. Dr. Norbert Scholl
zur Aussage des Würzburger Bischofs Dr. Friedhelm Hofmann „Beim Zölibat oder bei der eucharistischen Gemeinschaft mit anderen Christen geht es nicht um Peanuts oder theologische Randprobleme. Sie können nicht einer Mehrheitsentscheidung unterworfen werden."
Quelle: BR Studio Franken: "Zölibat entzweit fränkische Bischöfe" (16.5.2010)

Die Worte des Bischofs verraten eine gehörige Portion Unwissenheit und Arroganz:

1. Der erstmals vom damaligen Chef der Deutschen Bank verwendete und damit ursprünglich aus der Finanzwelt stammende Peanuts-Vergleich verrät im Zusammenhang mit der hier anstehenden Frage wenig Sensibilität.

2. Wenn der Bischof sagt, bei der Zölibatsdiskussion handele es sich nicht um Peanuts, so unterstellt er damit allen, die sich erlauben, offen und ernsthaft über das Problem zu sprechen, genau jene Auffassung. Das ist eine Beleidigung.

3. Die Zölibatspflicht für Priester ist ein Hauptgrund für den immer bedrohlicher werdenden Priestermangel.

4. Die Worte des Bischofs verraten eine fatale Nähe zur Auffassung der Machthaber in der ehemaligen DDR: „Die Partei hat immer recht“. Wie kläglich die uneinsichtigen Greise geendet haben, weil sie den Willen des Volkes ignorierten, ist hinlänglich bekannt.

5. Der Bischof kennt offenbar nicht die Worte des Konzils: „Die Gesamtheit der Gläubigen… kann im Glauben nicht irren“ (II. Vaticanum, Kirche 12).

6. Auch die so genannten Laien sind mit „Glaubenssinn“ ausgerüstet: Und zwar von Christus selbst (II. Vaticanum, Kirche 35).

7. Die Auffassung des Bischofs stellt eine Desavouierung der Orthodoxen Kirchen dar, in denen es keine Zölibatspflicht für Priester gibt.

8. Die Zölibatspflicht für Priester ist letztlich kein theologisches Problem, sondern eine kirchenrechtliche Regelung, die jederzeit geändert werden kann.

9. „Niemand hat das Recht, die Autorität der Kirche ausschließlich für sich und seine eigene Meinung in Anspruch zu nehmen“ (II. Vaticanum, Kirche/Welt 43). Das gilt auch für den einzelnen Bischof.

10. Die Bischöfe sollen Diener sein (II. Vaticanum, Bischöfe 16) und dürfen „den Geist nicht auslöschen“ – z.B. durch Diffamierung der Meinung anderer (II. Vaticanum, Laien 3). Sie haben eine „Pflicht zum Dialog“ (II. Vaticanum, Bischöfe 13).

Prof. em. Dr. theol. Norbert Scholl, Wilhelmsfeld







Weiterführende Links:

Königsteiner Erklärung (Wortlaut)
www.kathpedia.com/index.php/K%C3%B6nigsteiner_Erkl%C3%A4rung_%28Wortlaut%29

Erklärung der deutschen Moraltheologen zu den Fällen von sexuellem Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen
www.uni-saarland.de/fak3/fr33/Erklaerung_Moraltheologen.pdf

Wir sind Kirche-Positionspapier zur Sexualethik "Sexualität als Leben spendende Kraft"
www.wir-sind-kirche.de/files/844_PositionSexualethik2.pdf

Hans Küng: Zölibat und Missbrauch
www.wir-sind-kirche.de/index.php?id=393&id_entry=2428

Zuletzt geändert am 19­.05.2010