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Veröffentlicht am 25­.03.2012

Bundesversamml. Hildesheim (Ende)

Wir sind Kirche: „Ohne einen offenen und ständigen Dialog ist Kirche nicht denkbar“

Pressemitteilung Hildesheim / München, 25. März 2012

„Eine kirchliche, um ihre Wahrheit bemühte Gemeinschaft ist ohne einen offenen und ständigen Dialog nicht denkbar. Diesem Dialog haben sich auch die Kirchenleitungen zu stellen“, so das Resümee der 31. Bundesversammlung der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche, zu der an diesem Wochenende 100 Delegierte aus 22 der 27 deutschen Diözesen sowie Interessierte in die Domstadt Hildesheim gekommen waren.

In seinem sehr prägnanten Referat „Glaube und Vernunft – angesichts von Säkularisierung und Fundamentalismus“ zeichnete der Tübinger Theologe Hermann Häring, der früher Systematische Theologie an der Universität Nijmegen in den Niederlanden lehrte, ein sehr differenziertes Bild der Theologie Joseph Ratzingers. Der heutige Papst Benedikt XVI. habe den christlichen Glauben schon immer als ein menschen- und vernunftfreundliches existentielles Ereignis verstanden. Doch spiegele Ratzingers Theologie die verbreitete Neigung der römisch-katholischen Theologie wider, den Glauben am liebsten in definierte Sätze zu fassen und wirksame Kritik durch Tabuisierung des Heiligen in Riten und Personen zu verhindern. Ihr tief verwurzelter Glaubensgehorsam scheue sich vor substantiellen Neuerungen.

Häring sieht den zunehmenden christlichen Fundamentalismus als Folge einer tiefen Verunsicherung über die Ergebnisse moderner Bibelkritik und Naturwissenschaft, denn sie lösten einen tiefgreifenden Interpretationswechsel von biblischen Texten aus. Ratzingers Verurteilung eines jeden „Pluralismus“, den er als „Diktatur des Relativismus“ diskriminiert, zeuge von einem tiefen Misstrauen gegen die Wahrheits- und Dialogfähigkeit der menschlichen Vernunft, wie dies schon im katholischen „Antimodernismus“ der Fall war, so Häring.

Den primären Grund für die westeuropäischen Säkularisierungsprozesse sieht Häring nicht im Verschwinden des Glaubens bei den Menschen, sondern in der Unfähigkeit der verfassten Kirchen, auf die Differenzierungsprozesse der Gesellschaft und auf die religiösen Fragen der Menschen angemessen einzugehen. Deshalb hätten reformorientierte Gruppen wie Wir sind Kirche die Aufgaben zu übernehmen, die amtlich Beauftragte sträflich vernachlässigt haben.

Die Berichte der Wir sind Kirche-VertreterInnen aus den verschiedenen Diözesen zeigten, dass der von den Bischöfen im September 2010 als Antwort auf den Missbrauchskandal versprochene Gesprächsprozess in vielen Diözesen bis jetzt noch sehr unbefriedigend geführt werde.

Wir sind Kirche begleitet die weltweite Vernetzung der 2006 in Österreich gegründeten Pfarrer-Initiative mit großem Interesse und bedauert sehr, dass der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle eine für den 19. März in Soltau geplante Veranstaltung mit deren Vorsitzenden Pfarrer Helmut Schüller aus Wien hat verbieten lassen. Wie das kürzlich erschienene Buch „Katholische Reformbewegungen weltweit“ (Tyrolia-Verlag) eindrücklich zeigt, gibt es in Deutschland und weltweit immer mehr hoffnungsmachende Aufbrüche in der katholischen Kirche.

Den Prozess der lokalen Kirchenentwicklung im Bistum Hildesheim stellten am Sonntagvormittag Elisabeth Eicke, Vorsitzende des Diözesanrates des Bistums Hildesheim, sowie Dr. Christian Hennecke, Regens des bischöflichen Priesterseminars, vor. Der angestrebte Paradigmenwechsel setzt auf die Bewusstmachung bei allen Christgläubigen, dass sie auf Grund ihrer Taufe und Firmung berufen und befähigt sind, ihre jeweiligen Charismen in der Kirche verantwortlich einzubringen.

Präsentiert wurde in Hildesheim eine Vorschau auf das Programm des Ökumenischen Themenzentrums zum Katholikentag 2012, das die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche gemeinsam mit dem Ökumenischen Netzwerk Kirche von unten und der Leserinitiative Publik e.V. vom 17. bis 19. Mai 2012 in der evangelischen Johanniskirche in Mannheim durchführen wird.

Mit einem Mahngottesdienst zum „Weltgebetstag für Frauenordination“ (25. März) auf dem Platz vor der Basilika St. Godehardt ging die Frühjahrs-Bundesversammlung am Sonntagmittag zu Ende.

Vom 18. bis 21. Oktober 2012 veranstaltet Wir sind Kirche zusammen mit anderen kirchlichen Reformgruppen in Frankfurt/Main die Konziliare Versammlung „Zeichen der Zeit – Hoffnung und Widerstand“ anlässlich des 50-jährigen Konzilsjubiläums, das im Oktober 1962 begann. Die 32. Wir sind Kirche-Bundesversammlung wird vom 15. bis 17. März 2013 in Bamberg stattfinden.

Pressekontakte:
Sigrid Grabmeier, Tel: 0170 8626 290, E-Mail: grabmeier@wir-sind-kirche.de
Magnus Lux, Tel: 0176-41266392, E-Mail: Famlux@t-online.de
Christian Weisner, Tel: 0172-518 40 82, E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de





Eine thesenhafte Zusammenfassung des Vortrags von Prof. Hermann Häring steht schon jetzt auf der Webseite www.wir-sind-kirche.de/index.php?id=124&id_entry=3212.

In einem Pressegespräch am Montag, 26. März 2012 um 12:00 Uhr in München wird Wir sind Kirche die Ergebnisse einer aktuellen Recherche über den Stand des sogenannten "Dialogprozesses" in den 27 deutschen Diözesen präsentieren, den die deutschen Bischöfe initiiert haben: www.wir-sind-kirche.de/index.php?id=128&id_entry=3929

Zuletzt geändert am 25­.03.2012