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Veröffentlicht am 24­.04.2014

Intern. Bewegung Wir sind Kirche

Kritische Anmerkungen der Internationalen Bewegung „Wir sind Kirche“ zur Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II. MULTILINGUAL

Pressemitteilung 24. April 2014

„Das gesamte System der Heiligsprechungen ist fragwürdig geworden und bedarf der Demokratisierung“, sagt Dr. Martha Heizer, Vorsitzende der Internationalen Bewegung „Wir sind Kirche“. „Die Reform der Heiligsprechungsverfahren sollte anderen aktuellen Reformen einhergehen, die Papst Franziskus in den Bereichen der Leitung, der Transparenz und der Finanzen angestoßen hat. Diese Reformen sind von wesentlicher Bedeutung für die Kirche, damit sie auch künftig „Licht für die Welt“ sein kann.“

„Wir sind Kirche“ ist der Meinung, dass Heiligsprechungsverfahren mehr in demokratischer Form durchgeführt und weniger für die Ziele vatikanischer Politik instrumentalisiert werden sollen. Die Heiligsprechung zweier Päpste – verbunden mit der Tatsache, dass die meisten der in der neueren Kirchengeschichte verstorbenen Päpste auf dem Weg zur „Ehre der Altäre“ sind – verklärt den Absolutheits- und Unfehlbarkeitsanspruch des Papsttums zuungunsten des restlichen Volkes Gottes.

In der Tradition der Kirche werden Christen, die ausgesprochen tugendhaft gelebt haben oder als Märtyrer gestorben sind, besonders geehrt, indem sie öffentlich ins Kalendarium der Heiligen aufgenommen werden. Jedoch weist diese Tradition ein Ungleichgewicht auf, da vor allem katholische Kleriker und Ordensfrauen heiliggesprochen wurden. „Wir sind Kirche“ erinnert an das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65), das in Lumen Gentium alle Mitglieder des Gottesvolkes zur Heiligkeit aufruft: „…sind alle Christgläubigen … auf ihrem jeweiligen Weg vom Herrn zu der Vollkommenheit der Heiligkeit berufen, in der der Vater selbst vollkommen ist (Lumen Gentium, Kapitel 11).

Vorbehalte gegen rasche Heiligsprechung

Während wir mit Anerkennung und Freude auf die heiligmäßigen Lebenswege von Papst Johannes XIII. und Papst Johannes Paul II. blicken, beobachten wir die unnötige Eile beim Heiligsprechungsverfahren von Letzterem mit Sorge. „Wir sind Kirche“ ist der Meinung, dass die Reformen des Zweiten Vatikanums während des Pontifikats von Johannes Paul II. teilweise rückgängig gemacht wurden.

Die Apostolische Konstitution „Divinus Perfectionis Magister“, veröffentlicht von Papst Johannes Paul II. am 25. Januar 1983, änderte die Praxis der Heiligsprechungsverfahren, indem der traditionelle Zeitraum zwischen Tod und Eröffnung des Verfahrens von fünfzig auf fünf Jahre verringert wurde; außerdem wurde der „Advocatus Diaboli“ abgeschafft. Diese radikalen Änderungen führten zum einen zu einem Anstieg der Heiligsprechungen; zum anderen fanden bei raschen Verfahren die Argumente, die gegen eine Heiligsprechung standen, kaum mehr Beachtung. Nun ermöglichen die genannten Änderungen, dass Papst Johannes Paul II. in Rekordzeit heiliggesprochen wird; kein „Advocatus Diaboli“ darf auf dessen Untätigkeit gegen sexuellen Missbrauch durch Kleriker hinweisen oder auch auf dessen Unterstützung für den Gründer der „Legionäre Christi“, P. Maciel, dem sexueller Missbrauch zur Last gelegt wird.

Bedeutet dies, dass die Heiligkeit als logische Folge der Ernennung zum Papst zu sehen ist, oder ist es eher so, dass nur Heilige zum Papst gewählt werden? Beides widerspricht dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils.

Weiterhin müssen wir untersuchen, welche Verbindung zwischen der Volksfrömmigkeit und der radikalen Botschaft Jesu in den Evangelien besteht. Glanz und Gloria der katholischen Kirche des Mittelalters werden am kommenden Sonntag auf dem Petersplatz wieder sichtbar werden; sie stehen in scharfem Kontrast zur Lebenswirklichkeit der Mehrheit des Gottesvolkes, die in Armut lebt, an den Rand gedrängt und abgewiesen. Papst Franziskus setzt sich für eine Kirche der Armen ein; wir bieten ihm unsere Unterstützung an bei seinen Bemühungen, diese pompöse Kirche in eine Kirche der Solidarität mit den Armen zu verwandeln – eine Kirche, die sich des Reiches Gottes bewusst ist, in dem die Letzten die Ersten sein werden.


Pressekontakt:
Dr. Martha Heizer +43-650-4168500 martha.heizer@inode.at

Pressekontakte Wir sind Kirche-Bundesteam:
Sigrid Grabmeier, Tel: 0170-8626 290, E-Mail: grabmeier@wir-sind-kirche.de
Magnus Lux, Tel: 0176-41266392, E-Mail: Famlux@t-online.de
Christian Weisner, Tel: 0172-5184082

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siehe auch:

„Heiligsprechung darf nicht die kritische Auseinandersetzung mit Papst Johannes Paul II. verhindern!“
> Pressemitteilung deutschsprachiger Reformgruppen vom 15. April 2014

Zbigniew Kaźmierczak:
Alter Christus. Eine kritische Rekonstruktion der Weltsicht von Johannes Paul II.

Universitas Verlag, Krakau (Polen), April 2014 Die Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche hat aus Anlass der Heiligsprechung von Johannes Paul II. die Drucklegung eines polnisch-sprachigen Buches ermöglicht, in dem der polnische Religionsphilosoph Zbigniew Kaźmierczak in Ergänzung zu den vielen Lobeshymnen sich kritisch mit der Persönlichkeit und Weltsicht des Papstes auseinandersetzt.
Link zur deutschsprachigen Zusammenfassung des polnischen Buches auf www.herberthaag-stiftung.ch

Seligsprechung eines bemerkenswerten, aber widersprüchlichen Papstes Johannes Paul II.
> Wir sind Kirche-Pressemitteilung vom 14. Januar 2011

Zuletzt geändert am 28­.04.2014