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Veröffentlicht am 06­.01.2015

Ausblick auf 2015

Jahr der Jubiläen und großen Herausforderungen

50 Jahre Konzil – 40 Jahre Synode – 20 Jahre Wir sind Kirche – Familiensynode - und mehr

Pressemitteilung München, 6. Januar 2015

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche sieht die römisch-katholische Kirche im Jahr 2015 vor sehr wichtigen Entscheidungen. Sie werden zeigen, ob die von Papst Franziskus gesetzten Impulse für Reformen konsequent aufgegriffen und weitergeführt werden.

Dieser Papst treibt endlich den Erneuerungskurs voran, den das 2. Vatikanische Konzil (1962-65) vor 50 Jahren entwickelt hat und der die Kirche zu einer solidarischen Partnerin der gegenwärtigen Menschheit machen sollte. Dazu ist es allerdings erforderlich, dass die Kirchenleitungen sehr viel stärker als bisher die theologischen Wissenschaften, das Kirchenvolk und vor allem auch die Frauen einbeziehen.

Wie die Familiensynoden 2014/2015 und andere Ereignisse zeigen, weht seit der Wahl von Papst Franziskus in Rom ein neuer Wind. Die Liste der neuen Kardinäle zeigt, dass die kulturelle Vielfalt vorangetrieben wird. Eine Dezentralisierung der Kirchenstruktur muss folgen.

Appell an Theologen und Theologinnen sowie an Bischöfe
Zugleich appelliert Wir sind Kirche an die Theologen und Theologinnen, die weitgehend unerfüllten Impulse des Konzils – dieses Feuerwerk an neuen Ideen – aufzugreifen und nach nunmehr 50 Jahren konsequent weiterzudenken. Die Bischöfe sind gefordert, sich mit bislang tabuisierten und neueren theologischen Erkenntnissen anzufreunden und deren pastorale Umsetzung zu fördern.
Die katholische Kirche muss die überholten, teilweise mittelalterlichen Denkmuster und Sprachformen, die die gegenwärtigen Kirchenkrisen am Kochen halten, überwinden. Neue Modelle der Glaubensverkündigung und der Glaubenspraxis liegen vor. Sie können auf der ganzen Welt und von allen Menschen guten Willens verstanden werden, man lese nur das programmatische päpstliche Schreiben „Evangelii Gaudium“ („Die Freude des Evangeliums“ vom 24. November 2013).

Papst-Rede an Kurie ist auch Weckruf an die Weltkirche
In der Weihnachtsrede an die führenden Kurienmitarbeiter am 22. Dezember 2014 hat Papst Franziskus 15 Krankheiten der Kurie überdeutlich diagnostiziert. Diese Krankheiten warten auf eine Therapie, soll Kirche nicht in Agonie verfallen und in Passivität dahinsiechen. Dieser Weckruf gilt auch allen Bischöfen der Weltkirche sowie dem ganzen Kirchenvolk, dessen Unterstützung sich Franziskus sicher sein sollte (www.pewglobal.org/2014/12/11/pope-francis-image-positive-in-much-of-world). Die deutschen Bischöfe, allen voran Kardinal Reinhard Marx als päpstlicher Berater bei der Kurienreform, tragen eine große Mitverantwortung daran, dass der Reformkurs von Franziskus greift.

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50 Jahre Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils (8. Dezember 2015)
Die Erinnerung an das von Johannes XXIII. begonnene und 1965 zu Ende geführte Konzil ist höchst beunruhigend. Sie führt vor Augen, wie konsequent seine großartigen Reformansätze von Anfang an blockiert wurden. Die Kirche hätte eine Gemeinschaft aktiver Partizipation, eine Institution dienender Weltsolidarität, ein Ort ökumenischer Offenheit und interreligiöser Toleranz, eine Hüterin der Gewissensfreiheit und eine Verteidigerin des Weltfriedens werden können. Sie hätte nicht mehr ihr eigenes Licht, sondern das Licht Christi verbreitet. Dies alles ist in den Dokumenten des Konzils nachzulesen. Es sind diese großen Visionen, auf die sich die KirchenVolksBewegung und andere Reformbewegungen ungeduldiger denn je berufen.

50 Jahre Katakombenpakt: Wegweiser für das Dienstverständnis der Bischöfe
Von der Idee einer „Kirche der Armen” (Papst Johannes XXIII.) inspiriert haben am 16. November 1965 – drei Wochen vor dem Abschluss des Konzils – vierzig Konzilsbischöfe den Katakombenpakt für eine dienende und arme Kirche verfasst, den damals rund 500 Bischöfe unterschrieben haben (www.wir-sind-kirche.de/index.php?id=125&id_entry=2971). Dieser wegweisende Pakt, Vorbild für den Lebensstil von Papst Franziskus, misst die Bischöfe heute an der Frage, ob sie schlichte Diener ihrer Gemeinde sind. Worte und Bücher belehren nur, aber Vorbilder reißen mit.

40 Jahre Ende der Würzburger (22. November 2015) und Dresdner Synode
Die Würzburger Synode (1971-1975) und die Dresdner Synode (1973-1975) hatten die Umsetzung des Konzils für West-Deutschland und die damalige DDR zum Ziel. Endlich sprachen Bischöfe und gewählte Vertreter/innen aus allen Diözesen auf Augenhöhe miteinander und hatten das gleiche Stimmrecht. Diese Errungenschaft wurde in den Folgejahren gnadenlos unterdrückt. Wir sind Kirche unterstützt deshalb den neuen Aufruf „Bündnis für eine Synode“ der deutschen Bistümer. Der im September 2015 zu Ende gehende bischöfliche „Gesprächsprozess“ darf nicht mehr so folgenlos wie frühere Anstrengungen bleiben.

20 Jahre KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche
Getragen von der Volk-Gottes-Vision des Konzils haben vor 20 Jahren (16. September bis 12. November 1995) allein in Deutschland mehr als 1,8 Millionen Frauen und Männer das in Österreich gestartete KirchenVolksBegehren unterzeichnet. Es hatte fünf Punkte der innerkirchlichen Erneuerung zum Inhalt: geschwisterliche Kirche, volle Gleichberechtigung der Frauen, freiwilliger Zölibat, ein bejahendes Verhältnis zur Sexualität, Frohbotschaft statt Drohbotschaft. Keine dieser Forderungen hat die Kirchenleitung je ernsthaft diskutiert, geschweige denn realisiert. Wir sind Kirche konnte aber – gemeinsam mit vielen anderen Reformkräften in aller Welt – dazu beitragen, das Bewusstsein des Kirchenvolkes tiefgreifend zu verändern. Das ist ein enormer Erfolg.
Deshalb sind wir sind uns sicher, dass dieses neue Denken zu neuem Handeln führen wird. Im Geist Christi hat das Kirchenvolk ein enormes Gestaltungspotential. Wir wollen und erwarten nicht, dass die Bischöfe alles neu regeln. Vielmehr fordern wir, dass sie ihrer Regel- und Kontrollsucht gegenüber den Kirchenbürgerinnen und Kirchenbürgern, alle im Geist Christi getauft und gefirmt, endlich ein Ende setzen. Dabei ist Kritik an der Kirchenleitung, die aus der jesuanischen Erinnerung und aus den Fragen der Gegenwart entwickelt wird, unabdingbar. Als Beitrag zu einer zeitgemäßen Bibelauslegung bietet die KirchenVolksBewegung seit Anfang dieses Jahres Wir sind Kirche-Sonntagsbriefe an: www.wir-sind-kirche.de/?id=517.

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Beteiligung des Kirchenvolkes an der „Familien-Synode“, so wie Rom es fordert
Wir sind Kirche erinnert die deutschen Bischöfe erneut an die Aufforderung des Vatikans, eine breite Beteiligung des ganzen Kirchenvolkes zur Familien-Synode 2015 zu gewährleisten, deren Ergebnisse bereits im April 2015 nach Rom zu geben sind. Konkrete Lösungsvorschläge, u. a. zur Situation der geschiedenen Wiederverheirateten und homosexuellen Partnerschaften müssen aus den Kreisen der Betroffenen kommen.
Im Arbeitsdokument vom 9.12.2014 heißt es: „Die Bischofskonferenzen sind aufgefordert, … die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen und zu diesem Zweck alle Gliederungen ihrer Teilkirchen sowie akademische Institutionen, Organisationen, gewählte Laiengremien und andere kirchlichen Einrichtungen einzubeziehen, … um konkrete Lösungen für alle Schwierigkeiten und die unzähligen Herausforderungen zu finden, welchen die Familien begegnen müssen.“
(Arbeitsübersetzung von Wir sind Kirche) Dieser Satz fehlt bis heute in der bisherigen offiziellen deutschen Übersetzung des Vatikans aus noch ungeklärten Gründen. In anderssprachigen Übersetzungen ist er enthalten (www.wir-sind-kirche.de/index.php?id=675).
Für den Fortgang der Synode wird auch entscheidend sein, wer außer Kardinal Marx und dem „Familienbischof“ Heiner Koch (Dresden) an der Synode im kommenden Oktober teilnehmen wird. Die Bischöfe sollten anerkennen, dass die pastorale Praxis in vielen Pfarreien längst von Barmherzigkeit und Gerechtigkeit geprägt ist und nicht vom Kirchenrecht.

Beteiligung an den 2015 anstehenden Bischofsbestellungen
Bei den bevorstehenden Bischofsbestellungen in Limburg, Berlin und Hamburg wird sich konkret zeigen, ob das Kirchenvolk ernsthaft gehört wird. Die Bischöfe tun gut daran, die umherschwirrenden Gerüchte von Machtkalkülen bei der Verteilung wichtiger Bischofsstühle durch angstfreie Transparenz zu widerlegen. Der altkirchliche Rechtssatz lautet: „Wer allen vorstehen will, muss von allen gewählt werden.“ Wer dieses Mitspracherecht missachtet, ruiniert nur die bischöfliche Autorität, die heute ohnehin zur Diskussion steht.

Alle laufend aktualisierten Termine auf der Webseite www.wir-sind-kirche.de/?id=632.

Das Wir sind Kirche-Bundesteam wünscht Ihnen und Ihren Angehörigen ein gutes Jahr 2015 und steht Ihnen auch in diesem Jahr der Entscheidungen für alle Fragen gerne zur Verfügung.

Für das Wir sind Kirche-Bundesteam:
Christian Weisner, Tel: 08131-260250 o. 0172-5184082, presse@wir-sind-kirche.de
Sigrid Grabmeier, Tel: 0991-2979585 o. 0170-8626 290, grabmeier@wir-sind-kirche.de
Magnus Lux, Tel: 09721-58875 o. 0176-41266392, Famlux@t-online.de

Zuletzt geändert am 06­.01.2015