Interview Kardinal Kasper
„Bischofskonferenz muss endlich mutige Vorschläge machen!“
Pressemitteilung München, 7. April 2017
Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche begrüßt, dass nach Papst Franziskus im ZEIT-Interview sich jetzt auch Kardinal Walter Kasper für eine offene Debatte über verheiratete Priester ausspricht. Es ist absolut richtig, wenn er im KNA-Interview sagt „Wir können so, wie es jetzt ist, nicht weitermachen“ und sich gegen immer noch größere Seelsorgeeinheiten ausspricht.
Doch nach Ansicht von Wir sind Kirche sollte die Debatte nicht bei der Frage „Zölibat ja oder nein“ beginnen, sondern bei der dramatischen Situation der Gemeinden. Seit Jahrzehnten sind immer wieder neue Pastoralpläne und Strukturmodelle entwickelt worden, aber alle unter der Prämisse der Leitung durch einen Priester. Doch das Prinzip „Gemeinde“ ist für das Christentum ursprünglicher und wichtiger als Priesteramt und Zölibat. Die Gemeinde ist Subjekt der Seelsorge, nicht Objekt. In ihrer Versammlung ist Christus gegenwärtig.
Das Leitbild einer Priesterkirche, in der dem Priester die Gemeinde als Teil der Herde Gottes anvertraut ist, trägt nicht mehr – weder theologisch noch rein zahlenmäßig (58 Priesterweihen im Jahre 2015 und 80 im Jahr 2016 für die 27 deutschen Diözesen). Die Zahl der Priester im Amt kann und darf nicht maßgebend für kirchliche Strukturen sein. Auch die Modelle einer Pastoral, die sich nur als Versorgung z. B. auch mit ausländischen Priestern begreift, haben keine Zukunft.
Die Aussagen von Kardinal Kasper und des Papstes, auch wenn sie vage sind, sind ein wichtiges Signal, dass eine offene Debatte nötig ist und es in der Kirchengeschichte auch immer grundlegende Änderungen gegeben hat. Jetzt ist es an den deutschen Bischöfen, nicht weiter über die Situation zu lamentieren, sondern möglichst gemeinsam „mutige Vorschläge“ nach Rom zu schicken.
Durch die Weihe von „viri probati“ allein oder die Wiedereingliederung bereits verheirateter Priester, die deshalb ihr Amt aufgeben mussten, werden die Probleme in Deutschland und erst recht weltweit allerdings nicht gelöst werden können. Die Zahl der dafür infrage kommenden Personen ist zu gering. Aber es kann ein erster Schritt sein. – Gegenüber den Frauen ist die Weihe von „viri probati“ immer auch ein weiterer diskriminierender Schritt. Deshalb muss nach Ansicht von Wir sind Kirche auch über die Frauenordination neu nachgedacht werden.
Wenn von den Kirchenleitungen keine neuen Wege gesucht und gefunden werden, müssen auf der Gemeindeebene Männer und Frauen letztverantwortlich die Dinge selbst in die Hand nehmen und handeln. Gemeinsam wird ein anderes theologisches Kirchen- und Gemeindebild mit neuen Verantwortungsmodellen zu entwickeln sein, das den verschiedenen Kirchenregionen jeweils angemessen ist.
Der Aufruf „Es ist höchste Zeit! Eckpunkte für eine neue Kirchenzukunft durch Gemeindeerneuerung“ ist auf der KirchenVolksKonferenz am 10./11. März 2017 in Würzburg von den knapp 100 Teilnehmenden aus dem deutschen Sprachraum einstimmig beschlossen worden. Die KirchenVolksKonferenz war von der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche gemeinsam mit Gruppen und Gemeinden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz organisiert worden.
> Aufruf „Es ist höchste Zeit!“
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Kardinal Kasper: "So geht es nicht weiter"
> Video auf katholisch.de
Kardinal Kasper für offene Debatte über verheiratete Priester
Bonn (KNA) Der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper pocht auf eine offene Diskussion über verheiratete Priester in der katholischen Kirche. Konkret geht es ihm nicht um die allgemeine Abschaffung des Zölibats, sondern um die Möglichkeit, sogenannte "viri probati" zu Priestern zu weihen, also in Ehe und Beruf erfahrene Männer. "Wir können so, wie es jetzt ist, nicht weitermachen", sagte Kasper am Donnerstag dem Internetportal katholisch.de. Wenn die Idee tatsächlich einmal umgesetzt werden solle, brauche sie zudem einen gewissen Vorlauf.
Grundsätzlich sehe Papst Franziskus die Diskussion über "viri probati" positiv, fügte Kasper hinzu. Die Entscheidung wolle er jedoch den einzelnen Bischofskonferenzen überlassen. Für eine weltweite Lösung seien die Situationen zu verschieden.
Der Priestermangel in Deutschland sei ein großes Problem für die Gemeinden und auch für die Priester selbst, so der Kardinal. "Man kann die Seelsorgeeinheiten nicht immer noch größer machen", betonte Kasper. Auch Priester aus anderen Ländern könnten nicht die alleinige Lösung sein. Hier brauche es neue Ideen.
Wichtiger als strukturelle Reformen sei indes eine innere Erneuerung des Glaubens, sagte der Kardinal weiter. "Wenn keine Glaubensbegeisterung da ist, dann laufen alle Reformen ins Leere." Etwa bei der Glaubensvermittlung könne man ansetzen mit der Botschaft: "Der Glauben ist etwas Schönes."
Zuletzt geändert am 07.04.2017