| |
Veröffentlicht am 22­.02.2019

während des Krisengipfels in Rom

„Krisengipfel in Rom muss die systemischen Ursachen ansprechen!“

Pressemitteilung München / Rom, 22. Februar 2019

  • 21 Punkte können nur erste Schritte sein – Fundamentale Neuausrichtung erforderlich
  • Uneingeschränkte Solidarität mit den internationalen Betroffenengruppen in Rom
  • Nach wie vor dringender Handlungsbedarf auch in Deutschland

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche findet es unerlässlich, bei dem Krisengipfel im Vatikan die tieferen Ursachen der sexualisierten Gewalt und die Prozesse der Vertuschung anzusprechen, die wesentlich durch das klerikale Autoritätssystem der römisch-katholischen Kirche bedingt sind. Sexualisierte Gewalt ist vor allem Missbrauch von Macht. Deshalb müssen auf der Konferenz im Vatikan auch die Fragen nach Macht und Amt gestellt und strukturelle Probleme des „Systems Kirche“ angesprochen werden.

Wenn der Krisengipfel im Vatikan gegen den weltweiten sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche wenigstens ansatzweise gelingen soll, dann braucht es die klare Bereitschaft aller Teilnehmenden, sich den erdrückenden Tatsachen zu stellen, demütig Reue zu zeigen und verbindliche Handlungsschritte zu vereinbaren. Der auch immer wieder von Franziskus beklagte Klerikalismus und die kirchliche Fixierung auf Fragen der Sexualmoral müssen auf den Prüfstand.

Solange nicht auf allen Ebenen der Weltkirche eine radikale und erfolgreiche Umkehr bezüglich sexualisierter Gewalt vollzogen ist, hat die Kirchenleitung keinerlei Recht mehr, sich in moralischen Frage gegenüber dem Kirchenvolk oder der Öffentlichkeit zu äußern.

21 Punkte können nur erste Schritte sein – Fundamentale Neuausrichtung erforderlich

Die von Papst Franziskus am 21. Februar vorgelegten 21 Punkte können nur erste Schritte sein, weltweit verbindliche Standards für den Umgang mit Verdachtsfällen und die Prävention festzulegen und auch kirchenrechtlich festzuschreiben. Der jahrzehntelange massive spirituelle wie sexuelle Missbrauch an Kindern, Jugendlichen, Seminaristen, Frauen und Ordensfrauen und deren systematische Vertuschung sind kein Teilproblem, das isoliert gelöst werden kann, sondern ergeben sich aus der gegenwärtigen hierarchischen Grundstruktur der römisch-katholischen Kirche.

Deshalb bedarf es in der jetzigen existenziellen Krise einer fundamentalen Neuausrichtung dieser Kirche, die wieder an der Reich Gottes Botschaft Jesu ausgerichtet ist. Schritte auf diesem Weg sind die im Offenen Brief der neun Katholikinnen und Katholiken an Kardinal Marx genannten Reformforderungen wie Abschaffung des Pflichtzölibats, die Weihe von Frauen, eine andere Sexualmoral und eine echte Gewaltenteilung in der römisch-katholischen Kirche. Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche unterstützt diesen Brief mit einer Petition.

Uneingeschränkte Solidarität mit den internationalen Betroffenengruppen in Rom

Wir sind Kirche bekundet den derzeit in Rom anwesenden internationalen Betroffenengruppen ihre uneingeschränkte Solidarität. Wenn nach dem KirchenVolksBegehren 1995 in Österreich alle darin genannten Reformpunkte (geschwisterliche Kirche, Weihen für Frauen, freiwilliges Zölibat, Reform der Sexuallehre, Frohbotschaft statt Drohbotschaft) von der Kirchenleitung aufgegriffen und angegangen worden wären, wäre zumindest in den vergangenen 24 Jahren vielen Betroffenen viel Leid erspart worden. Anlass für das KirchenVolksBegehren, das damals fast 2,5 Mio. Menschen im deutschsprachigen Raum unterzeichnet hatten, waren die schweren Vorwürfe sexuellen Missbrauchs durch ehemalige Schüler des damaligen Wiener Kardinals Hans Hermann Groër.

Nach wie vor dringender Handlungsbedarf auch in Deutschland

Auch in der deutschen Kirche besteht nach wie vor dringender und grundsätzlicher Handlungsbedarf, wie die im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz erstellte MHG-Studie aufgezeigt hat. Umso enttäuschender ist es deshalb, dass Ende Januar 2019 der von einer Arbeitsgruppe von vier Bischöfen gemachte Vorschlag eines „synodalen Prozesses“, um die „Isolation der Bischöfe aufzuheben“, von der Gesamt-Bischofskonferenz abgeschmettert wurde. Die Analyse der vier Bischöfe der „existenziellen Krise, die vom Missbrauchsskandal nicht ausgelöst ist, hierin wohl aber einen Brennpunkt findet“ und die von ihnen geforderten Reformen hätten auch von Wir sind Kirche nicht deutlicher formuliert werden können.

Auszug aus dem Strategiepapier der Bischöfe Kohlgraf, Overbeck, Oster und Wiesemann für den Ständigen Rat der DBK am 29. Januar 2019 in Würzburg
„... Die Kirche befindet sich in einer existenziellen Krise, die vom Missbrauchsskandal nicht ausgelöst ist, hierin wohl aber einen Brennpunkt findet. Die Krise ist eine Glaubenskrise, eine Strukturkrise, eine Leitungskrise – mit einem Grundproblem: Leben und Reden fallen in der Kirche weit auseinander. Es braucht einen echten kirchlichen Wandel, der mit einem Mentalitätswandel (Demut) der Verantwortlichen beginnen muss. Die Herausforderungen sind so tiefgreifend, dass auch alle kirchlichen Reformen die Krise nicht einfach überwinden können. Dennoch braucht es diese Reformen – in Deutschland konkret beginnend und in Rom Veränderung einfordernd –, damit die Kirche auch künftig ihrem Auftrag der Verkündigung des Glaubens gerecht werden kann. Subsidiarität ist dabei ein Grundprinzip auch der Kirche. ...“

Pressekontakt Wir sind Kirche-Bundesteam:
Christian Weisner, Tel: 0172-5184082, presse@wir-sind-kirche.de
Magnus Lux, Tel: 0176-41707725, lux@wir-sind-kirche.de

 

> mehr zum Krisengipfel 21.-24. Februar 2019 in Rom

 

 

Zuletzt geändert am 22­.02.2019