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Veröffentlicht am 28­.09.2023

Herbst-Vollversammlung DBK - Ende

„Die lähmende Polarisierung muss überwunden werden!“

Wir sind Kirche zum Ende der Herbst-Vollversammlung der DBK

Pressemitteilung Wiesbaden, München 28. September 2023

Diese Vollversammlung der deutschen Bischöfe hat erneut gezeigt, dass die lähmenden Polarisierungen innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz wie auch im Verhältnis zum Vatikan überwunden werden müssen, wenn die katholische Kirche eine Zukunft haben soll. Eine Stillstand-Theologie oder Alles-bleibt-wie es-ist-Theologie wäre ein Verrat an der Aufgabe, die aufrüttelnde und befreiende Gottes-Botschaft des Jesu von Nazaret immer wieder neu den Menschen in allen Kulturen nahezubringen.

Der Synodale Weg in Deutschland wie auch der Vorbereitungsprozess der von Papst Franziskus initiierten Weltsynode, die in sechs Tagen in Rom beginnt, haben beide viel Positives auf den Weg gebracht. Aber nur wenn es gelingt, die bestehenden Polarisierungen konstruktiv zu gestalten, werden die mit beiden Prozessen verbundenen Erwartungen zumindest ansatzweise realisiert werden können, erklärt die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche nach Ende der Herbstvollversammlung 2023 in Wiesbaden.

Geistliche und sexualisierte Gewalt fünf Jahre nach MHG-Studie, 13,5 Jahre nach Canisius-Kolleg

Auch und genau fünf Jahre nach der Vorstellung der erschütternden MHG-Studie am 25. September 2018 sind die damals erfolgten Versprechen der Bischöfe nach einem unverzüglichen, transparenten und einheitlichen Handeln nicht eingelöst. Zu Recht hat jetzt auch der Koordinator der MHG-Studie, der Psychiater Prof. Harald Dreßing, beklagt, dass die Kirche diese Chance vertan habe. Nicht einmal eine Aufarbeitungskommission haben alle Diözesen bisher implementiert. Bei den Missbrauchsstudien gibt es einen löcherigen Flickenteppich. Bei allem Verständnis für die Komplexität der Aufgaben ist die bisherige Bilanz vor allem für die Betroffenen unzureichend und unerträglich.

Zu fragen ist, was die Bischöfe Dr. Helmut Dieser und Erzbischof Stephan Burger, die seit einem Jahr mit der Neustrukturierung der Arbeit im Themenbereich sexuellen Missbrauchs betraut sind, insgesamt erreicht haben bzw. erreichen konnten angesichts der Polarisierungen innerhalb der Bischofskonferenz. Denn immerhin erschüttern die Missbrauchsskandale seit 2010 die Kirche in Deutschland – Stichwort Canisius-Kolleg und P. Klaus Mertes. Die von den Bischöfen bereits im Frühjahr 2023 beschlossene und jetzt in Wiesbaden vorgestellte Arbeitshilfe gegen geistlichen Missbrauch ist anerkennenswert, aber nur ein kleiner Baustein im Themenbereich sexuellen Missbrauchs.

Synodaler Weg ist Pionierleistung für Weltsynode, aber ...

Den Synodalen Weg in Deutschland sieht Wir sind Kirche als eine theologische Pionierleistung trotz aller Widerstände einiger weniger im deutschen Episkopat und trotz mehrfacher Bremsversuche aus dem Vatikan, manchmal leider auch von Papst Franziskus. Dass die von Franziskus eingesetzte Päpstliche Kinderschutzkommission jetzt dazu aufruft, dass der Schutz vor sexuellem Missbrauch Priorität bei der kommenden Weltsynode im Vatikan haben soll, zeigt, dass die von der katholischen Kirche in Deutschland getroffene Entscheidung, auf dem Synodalen Weg die Risikofaktoren sexualisierter Gewalt und ihrer Vertuschung anzugehen, richtig war und bleibt.

Die fünf deutschen Bischöfe, die an der Weltsynode in Rom teilnehmen werden, erinnert Wir sind Kirche daran, dass diese dort nicht ihre Privatmeinung vorzutragen haben, sondern als Vertreter der katholischen Kirche in Deutschland die Ergebnisse des Synodalen Weges bestmöglich einzubringen haben, so wie es den Erwartungen der großen Mehrheit der Katholikinnen und Katholiken entspricht. Dass nur Bischöfe und keine anderen Personen aus dem Synodalen Weg in Rom stimmberechtigt mitwirken dürfen, ist höchst enttäuschend. War der Synodale Weg doch vor vier Jahren in gleichberechtigter Verantwortung von Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken gestartet worden.

Skandal Hengsbach systembedingt

Der kurz vor dem Bischofstreffen publik gewordene Skandal um den verstorbenen Kardinal  Dr. Franz Hengsbach weist deutliche Parallelen zum ebenfalls sehr beliebten und verehrten Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Jansen auf und auch zum Wiener Kardinal Hans-Herman Groër. Dessen Skandal im Jahr 1995 war mit ein Anlass für die Formulierung der Reformforderungen von Wir sind Kirche in Österreich, die schließlich auch auf der Agenda des Synodalen Weges in Deutschland standen. Die jetzt wieder aufgeflammte Empörungsrhetorik und der schnelle Abbau der Hengsbach-Statue reichen nicht aus.

Die immer häufiger und weltweit zu Tage tretenden Skandale klerikalen Machtmissbrauchs zeigen die katholische Kirche in einem desolaten Zustand. Dieser Zustand ist systembedingt und selbstverschuldet, auch durch das viel zu lange Bremsen Roms unter den letzten beiden Päpsten. Die 2003 erfolgte Klassifizierung als „päpstliches Geheimnis“, die bis zum Jahr 2010 andauerte, entsprach einer päpstlichen Weisung zur Vertuschung. Diesen klerikalen gordischen Knoten gilt es aufzubrechen.    

Neuer stellvertretender Vorsitzender der DBK

Dem als Nachfolger von Bischof Dr. Franz-Josef Bode (damals dienstältester Bischof) gewählten neuen stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Michael Gerber (jetzt dienstjüngster Bischof) wünscht Wir sind Kirche Gottes Segen, Kraft und Erfolg für sein neues zusätzliches Amt. Möge es ihm, gemeinsam mit Bischof Dr. Bätzing innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz und auch in der Kommunikation mit dem Vatikan gelingen, die dringend anstehenden Reformprozesse und strukturelle Reformen aktiv voranzubringen.

Appell der Reformkräfte

Den Appell „Verantwortung übernehmen für eine Kirche am Scheidepunkt“ von fast 40 katholischen Verbänden, Reformgruppen und Betroffenen-Initiativen haben 27 Menschen in Stellvertretung für die 27 deutschen Diözesen vor dem Eröffnungsgottesdienst der Generalsekretärin Dr. Beate Gilles übergeben. Zu einer Begegnung mit den Bischöfen, die einen anderen Kircheneingang nutzten und weiten Abstand hielten, ist es dabei bedauerlicherweise nicht gekommen.

Pressekontakt:

Angelika Fromm, Aktion Lila Stola der KirchenVolksBewegung
Tel: 0174-4873219 und 06131-22 24 86, E-Mail: mariafromm@googlemail.com 

Christian Weisner, Wir sind Kirche-Bundesteam
(vom 2. bis 5. Oktober 2023 zur Eröffnung der Weltsynode in Rom)
Tel: 0172 5184082, E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 29­.09.2023