Preisträger der Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche 2005
Josef Imbach für seinen freimütigen Katholizismus
Josef Imbach (58) ist Franziskaner-Konventuale und kämpft weiter mit Humor und ohne Verbitterung für einen freimütigen Katholizismus ohne Scheuklappen, obwohl ihm vor zwei Jahren die Glaubenskongregation das Recht zur Lehrtätigkeit zuerst für ein Jahr und dann für unbestimmte Zeit entzogen hat. Imbachs Schwerpunkt ist die Zusammenschau von Literatur und Theologie sowie Bücher zu aktuellen Lebens- und Glaubensfragen, mit denen er denn auch den Unwillen der römischen Glaubenskongregation auf sich gezogen hat.
Seine Doktorarbeit schrieb Josef Imbach über "Dostojewski und die Gottesfrage in der heutigen Theologie" und die Habilitationsschrift über "Literatur im Vorfeld des Glaubens? Fundamentaltheologische Untersuchungen zur Gottesfrage in der deutschsprachigen Literatur seit 1945". Seit 1979 ist er Professor für Fundamentaltheologie an der Päpstlichen theologischen Fakultät San Bonaventura in Rom und schrieb rund 50 Bücher zu aktuellen Lebens- und Glaubensfragen, die in viele Sprachen übersetzt wurden und in einem anregenden Stil verfasst sind (etwa: "Mit Abraham unterwegs. Vom Abenteuer des Glaubens", "Kirchenfürsten, Künstler, Kurtisanen. Rom - Geschichten einer Stadt", "Woran Gott glaubt. Denkanstöße für Zeitgenossen". In seinem nächsten Buch wird Josef Imbach den Themenkreis Kirche, Macht und Moral behandeln (erscheint im Frühjahr 2005).
Die Luzerner Synode für ihre Erklärung zu einem zeitgemässen priesterlichen Dienst
Am 5. November 2003 hat die Synode der römisch-katholischen Landeskirche des Kantons Luzern mit 73 zu 8 Stimmen eine Erklärung verabschiedet, in der die Aufhebung des Pflichtzölibates und die Zulassung der Frauen zum Priesteramt gefordert werden. Mehrere Kirchenparlamente anderer Kantone haben die Erklärung unterstützt, ebenso der Katholische Seelsorgerat des Kantons Luzern: "Wir sind unserer Synode dankbar für ihre Erklärung zu dringenden seelsorgerlichen Fragen. Wir leiden ebenso wie die Synodalen unter dem Reformstau, der sich verhängnisvoll auf das kirchliche Leben und die Weitergabe des Glaubens auswirkt." Der Appell der Luzerner Synode für dringende Reformen des priesterlichen Dienstes verleiht der öffentlich-rechtlich verfassten katholischen Kirche eine Stimme und ist zukunftsweisender Ausdruck für ein mündiges Christentum und eines Gespürs für die Notwendigkeiten eines lebendigen Glaubens in Gegenwart und Zukunft. Initiantin der Erklärung ist Paula Beck-Steiger, derzeitige Präsidentin der Synode Bernadette Rüegsegger-Eberli. Sie werden den Preis für Freiheit in der Kirche entgegen nehmen.
Sepp Riedener für seine menschenwürdige Drogenpolitik
Der Luzerner Theologe und Sozialpädagoge Sepp Riedener (61) kämpft seit 30 Jahren gegen viel Widerstand für eine menschenwürdige Drogenpolitik. Er versteht sich als "Sprachrohr für Stimmlose" und ist Mitgründer des Vereins Kirchliche Gassenarbeit, getragen in vorbildlicher Ökumene von katholischen, reformierten und christkatholischen Kirchgemeinden. Aufgrund der gesammelten Erfahrungen mit den Leuten auf der Gasse entstanden Projekte im Bereich Wohnen, Essen, Arbeit, medizinische Betreuung und Aidsprävention. Der ehemalige Ordensmann ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Das Evangelium beim Wort genommen ist ihm verbindliche Richtschnur: "Es darf keine Menschen geben, die ,in Gottes Namen' keine persönlichen oder gesellschaftlichen Chancen haben." Die Herbert Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche anerkennt mit dem Preis sein Engagement im Namen des Evangeliums und seinen Kampf gegen Ungerechtigkeit.
Herbert Haag und seine Stiftung "für Freiheit in der Kirche"
"Die gegenwärtige Krise in der Kirche ist in ihrer Verfassung begründet, die unvermeidlich zur Unfreiheit der Gläubigen führen muss. Dies steht im offenen Widerspruch zur Botschaft Jesu, der ein Evangelium der Freiheit verkündete. Die Stiftung "für Freiheit in der Kirche" wird diese nicht herbeiführen, aber sie möchte dafür wenigstens Zeichen setzen." So Herbert Haag, Professor der Theologie an der Universität Tübingen, der 1985 die nach ihm benannten Stiftung gründete.
Herbert Haag wurde 1915 in Singen-Hohentwiel geboren. 1942 promovierte er an der Universität Freiburg/CH. Von 1948-1960 war er Professor für Altes Testament an der Theologischen Fakultät Luzern, 1960-1980 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, 1964-1973 Vorsitzender des Kath. Bibelwerks Stuttgart. 1980 wurde er emeritiert und lebte danach bis zu seinem Tod am 23. August 2001 in Luzern. Ein Jahr zuvor erhielt er den Prix Courage, eine Auszeichnung der Zeitschrift Beobachter für den mutigsten Schweizer. Herbert Haag war ein langjähriger Freund des Theologen Hans Küng.
Die Preisverleihung findet am 11. Februar 2005, am 90. Geburtstag von Herbert Haag in Luzern statt. Mitglieder des Stiftungsrats der Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche sind Prof. Hans Küng, Herbert N. Haag und Dr. Erwin Koller.
Die österreichische Plattform "Wir sind Kirche" und die deutsche KirchenVolksBewegung "Wir sind Kirche" hatten im Januar 1996 den Preis der Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche erhalten.
Luzern, Anfang Oktober 2004/Erwin Koller
Kontakt Erwin Koller, Stauberbergstrasse 45, 8610 Uster
Tel.: +41 (0)1 940 8642; E-Mail: erwin.koller (at) setarkos.com
Andreas Heggli, Herbert-Haag-Stiftung; Postfach, 6000 Luzern 15
Tel: +41 (0)41 370 3971 oder +41 (0)41 375 7216; E-Mail: kurse (at) romerohaus.ch
www.herberthaag-stiftung.ch
Zuletzt geändert am 06.05.2006