Herbst-Vollversammlung DBK (Ende)
„Wirklich ‚Gemeinsam Kirche sein‘ !“
Pressemitteilung München/ Fulda, 23. September 2016
Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche begrüßt das weiterhin starke Engagement der katholischen Kirche in Deutschland zur Aufnahme der Geflüchteten und die deutlichen Stellungnahmen der Bischöfe gegen jede Art von Rassismus, Populismus und Fremdenfeindlichkeit. Dies ist ein christliches Kerngeschäft und muss auch in schwieriger werdenden Zeiten so bleiben.
Die Bischöfe müssen jetzt allerdings auch dafür Sorge tragen, dass die bestehenden Pfarrstrukturen nicht weiter ausgehöhlt werden, damit die Flüchtlings- und Integrationsarbeit auch weiterhin direkt vor Ort von den zahllosen vor allem auch ehrenamtlichen Kräften geleistet werden kann. Aus diesem aktuellen Anlass erneuert Wir sind Kirche die Forderung, die seit Jahrzehnten praktizierten pastoralen Umstrukturierungen und „Flurbereinigungen“ endlich zu stoppen. Kirche kann nur von unten wachsen, lebendige Gemeinden müssen nah bei den Menschen sein.
Mutige Vorschläge unterbreiten!
Bei allem Respekt für das vielgestaltige Engagement: Jeder einzelne Bischof und auch die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) als Ganzes muss sich fragen lassen, ob der Reformkurs von Papst Franziskus auch wirklich intensiv genug unterstützt und in der Kirche in Deutschland spürbar wird. Papst Franziskus möchte auf allen Ebenen eine synodale, d.h. gemeinsam verantwortete Kirche und erwartet, dass ihm in den immer drängender werdenden pastoralen Fragen mutige Vorschläge von den Ortskirchen unterbreitet werden. Welche Antworten haben die Bischöfe auf den rapide wachsenden Mangel an zölibatär lebenden Priestern? Sind sie bereit, das bereits von der „Würzburger Synode“ (1971-1975) ausgesprochene Votum für den Frauendiakonat, zu dem Franziskus jetzt eine Studienkommission eingerichtet hat, zu erneuern?
Nach dem Anfang April 2016 veröffentlichten nachsynodalen Papstschreiben „Amoris laetitia“ zu Ehe- und Familienfragen erwarten die Katholikinnen und Katholiken in Deutschland jetzt von den deutschen Bischöfe eine aktive Fortentwicklung der Sexualethik, Pastoral und Familientheologie für unser Land, so wie es z.B. kürzlich die Argentinische Bischofskonferenz getan hat. Franziskus hat den Ortskirchen eine große Freiheit, aber auch große Verantwortung übertragen. Die Bischöfe stehen jetzt – unter Einbeziehung der theologischen Wissenschaften und aller Gläubigen – in der Pflicht, die von Franziskus gesetzten Grundlinien, Impulse und Gestaltungsspielräume aufnehmen und weiterzuführen. Das mit großen Hoffnungen und Erwartungen aufgenommene Schreiben „Amoris laetitia“ darf nicht zerredet werden oder gar in Vergessenheit geraten!
Vor einem Jahr veröffentlichten die deutschen Bischöfe ihr Wort „Gemeinsam Kirche sein“ zur Erneuerung der Pastoral, an dessen selbst gesetzten Anspruch sie sich jetzt messen lassen müssen. Doch in vielem hat sich der Wunsch nach verstärkter Kommunikation und gemeinsamer Verantwortung noch immer nicht erfüllt, nicht einmal in der „Gemeinsamen Konferenz“ zur Zusammenarbeit zwischen DBK und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).
Die aktuellen Bestrebungen für eine neue gesamtdeutsche Synode werden deshalb auch von der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche unterstützt. Diese sollte nach dem Vorbild der „Würzburger Synode“ eine möglichst breite Repräsentativität haben sowie gleiches Stimmrecht und Entscheidungsbefugnisse für alle Teilnehmenden. Wenn dies nach dem Kirchenrecht von 1983 derzeit nicht möglich ist, so sollten sich die deutschen Bischöfe in Rom intensiv für eine Korrektur des Kirchenrechts einsetzen.
Bei der von den Bischöfen erörterten Umgestaltung des konfessionellen Religionsunterrichts stellt sich die Frage, ob er noch der gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Situation gerecht wird, die sich seit der Verabschiedung des Grundgesetzes grundlegend gewandelt hat. Ein – wie bisher – konfessionell gebundener Unterricht, der eine Klasse möglicherweise in vier Gruppen aufsplittern würde (evangelisch, katholisch, islamisch, religionslos) ist pädagogisch kontraproduktiv und organisatorisch kaum zu bewältigen. Sinnvoller und für die heutige Situation angemessener erscheint ein Unterricht im Klassenverband für alle.
Sich den Grundsatzfragen des Glaubens stellen!
Vor der Herbst-Vollversammlung hatte Wir sind Kirche in einem Offenen Brief an die Bischöfe appelliert, sich offen den Grundsatzfragen des Glaubens zu stellen, die Gottesfrage nicht zu tabuisieren und gemeinsam mit den Menschen nach zeitgemäßen Glaubensaussagen zu suchen. Die tieferen Ursachen der gegenwärtigen Glaubens- und Kirchenkrise seien in den Blick zu nehmen, Gottesfrage und Strukturfragen dürften dabei nicht gegeneinander ausgespielt werden! Angesichts der bestehenden pastoralen Notlage müssen jetzt konkrete Antworten auf die drängenden Fragen wie Pflicht-Zölibat, Beteiligung der Frauen bei der Kirchenleitung und Reform der Sexuallehre gefunden werden, die bisher immer wieder als Reizthemen diskreditiert wurden.
Offener Brief von Wir sind Kirche an die Bischöfe zur Gottesfrage:
www.wir-sind-kirche.de/?id=128&id_entry=6371
Pressekontakt Wir sind Kirche-Bundesteam:
Sigrid Grabmeier, Tel: 0170-8626 290, E-Mail: grabmeier@wir-sind-kirche.de
Magnus Lux, Tel: 0176-41 70 77 25, E-Mail: lux@wir-sind-kirche.de
Christian Weisner, Tel. 0172-5184082, E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de
> Pressebericht von Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
Zuletzt geändert am 24.09.2016