4.2.2011 - Westfälische Nachrichten
Fusion von oben, aber "Wir sind Kirche"
Zu den Kirchenfusionsplänen des Bistums erreicht die Redaktion diese Leserzuschrift:
Da wird auf Bistumsebene zentralistisch und bürokratisch entschieden: Bis 2015 werden zig Gemeinden im Münsterland fusioniert. Dabei besteht z.B. für die Gemeinden in Ascheberg, Davensberg und Herbern zurzeit überhaupt noch kein Handlungsbedarf. Aber auf Bistumsebene macht man sich nicht die Mühe, nach der jeweiligen Situation vor Ort zu entscheiden, sondern man möchte „das Problem“ vom Tisch haben - spätestens bis 2015.
Unsere Gemeinde St. Benedikt wird seit 20 Jahren geleitet von dem überaus beliebten Pfarrer Rudolf Kruse, der zwar gesundheitliche Probleme hat, dessen Arbeit aber von Pater Heinz Klapsing hervorragend unterstützt wird. Über diese Konstellation ist die Gemeinde sehr glücklich. Etwa 600 Ehrenamtliche unterstützen die Arbeit der Priester vor Ort. Dieses wohl einmalige Engagement der Gemeindemitglieder wurde über die Jahre hinweg umsichtig aufgebaut und pastoral begleitet.
Unmittelbar nach Bekanntwerden der von oben gesetzten Fusion ging es dann schon in die falsche Richtung: Pfarrer Kruse kündigte seinen voraussichtlichen Fortgang für 2013 an.
Warum wird hier nicht vor der Festlegung der Jahreszahl 2015 mit allen Beteiligten, zumindest mit dem Pfarrer, dem Pfarrgemeinderat und dem Kirchenvorstand geredet, um gemeinsam die künftigen personellen und seelsorgerischen Entscheidungen zu beraten, damit diese möglichst maßgeschneidert zur Situation der Gemeinde passen?
Zu dem Argument, die katholische Kirche in Deutschland habe zu wenige Priester kann man nur sagen: Das Problem ist hausgemacht. Schon seit Jahrzehnten zeichnet sich diese Entwicklung ab. Sehenden Auges ließen unsere Bischöfe den Zug gegen die Wand fahren. Es macht uns wütend zu lesen, in der „Führungsetage“ denke man vorsichtig über die Notwendigkeit des Zölibats nach, ganz zu schweigen vom Diakonat oder gar Priestertum von Frauen. Wir an der Basis baden die Starrheit und Mutlosigkeit vieler Bischöfe aus.
Die personellen Probleme in den Gemeinden sind nicht dadurch abzustellen, dass sogenannte „Priester der Weltkirche“, also Priester aus Afrika, Indien, Polen etc. den Sonntagsgottesdienst vor Ort sicherstellen. Es genügt nicht, sie sprachlich gut vorzubereiten. Wie schwierig ein Zurechtfinden in einer fremden Gesellschaft ist, zeigt doch die augenblickliche Integrationsdebatte. Wie will man dann die Freuden, Sorgen und Nöte der Menschen verstehen, wenn man nicht über einen sehr langen Zeitraum fest in einer Gemeinde verwurzelt ist? Wie will man 600 Ehrenamtliche betreuen, motivieren, neue ansprechen - so etwas gelingt nur über die persönliche Schiene.
Wir bitten daher die Akteure des Generalvikariats im Konsens mit den zuständigen Gremien der Gemeinde Ascheberg die nächsten Schritte zu diskutieren und erst dann zu entscheiden:
1. Kann man eine Gemeinde mit etwa 4000 Kirchenmitgliedern, etwa 600 Ehrenamtlichen, zwei Kindergärten, einer katholischen Grundschule einfach so fusionieren?
2. Können nicht 4000 Kirchensteuerzahler eine adäquate „Dienstleistung“ erwarten?
3. Warum können nicht die zurzeit agierenden Priester wie bisher weiterarbeiten und zwar so lange, wie sie es selbst möchten?
4. Kann nicht dann ein hauptamtlicher „Ständiger Diakon“ oder ein/e „Pastoralreferent/In“ die Gemeinde langfristig betreuen, die Ehrenamtlichen motivieren oder deren Arbeit koordinieren und Wortgottesdienste halten?
Reinhard Hartwig, Ascheberger Straße 13;
Heinz Wesselmann, Merschstraße 29
59387 Ascheberg
Zuletzt geändert am 04.02.2011