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Veröffentlicht am 13­.10.2012

13.10.2012 - Süddeutsche Zeitung

Kirchenfürst ohne Kirchenvolk?

Priesterkritik an Kardinal Marx

zu „Priester rufen Marx zu mehr Dialog auf“ und Kommentar „Ein deutliches Signal“ (5. Oktober) sowie „Ausgelaugt und frustriert“ (11. Oktober, Thema des Tages: „Wird die Kirche rückschrittlich?“):

Sprachrohr der Mehrheit

Es wurde höchste Zeit, dass auch in der Münchner Diözese Geistliche aufstehen, um gegen die Scheingespräche der Bischöfe zu protestieren und um wirkliche Bewegung in den wichtigen Fragen der Kirche zu fordern. Wir in den Gemeinden können uns nur darüber freuen und dankbar sein, dass Geistliche sich zum Sprachrohr der Mehrheit der aktiven Katholiken machen.

Werner Berberich, München


Dank und Hochachtung

Den Priestern und Diakonen, die ein Zeichen der Zivilcourage setzen und in kluger und besonnener Weise einfordern, dass die Kirche „eine Kirche des Konzils“ bleiben muss, möchte ich meinen Dank und meine Hochachtung aussprechen. Wer ein wenig Insider-Blick hat, weiß, dass eine solche Initiative von Kirchenmännern eine Gratwanderung zwischen Gehorsamspflicht ihrem Bischof gegenüber und dem mutigen Einsatz dafür ist, dass das „Volk Gottes“ auch in Zukunft in und mit der Kirche unterwegs sein kann. Es darf kein Zurück zur Klerikerkirche geben. „Dem Glauben Zukunft geben“ lautete das Motto für den Dialogprozess im Erzbistum München und Freising, und die Ergebnisse des Zukunftsforums warten auf ihre dialogische und transparente Umsetzung. Da steckt noch viel Arbeit drin.
Wer, wenn nicht die in der Seelsorge Tätigen, und wann, wenn nicht 50 Jahre nach dem Beginn des II. Vatikanischen Konzils, könnte am besten aus dem pastoralen Blickwinkel heraus Not-Wendendes aufzeigen?

Helga Blaschke, Fürstenfeldbruck


Zeit des Handelns

Wie nötig jede öffentliche Meinungsäußerung gegen den wieder wachsenden Klerikalismus ist, lässt sich an der Gründung des „Münchner Kreises“ erkennen. Vertritt dieser doch Meinungen, die von 70 bis 80 Prozent der Katholikinnen und Katholiken geteilt werden und theologisch gut begründet sind. Die Frage ist nur, ob die Zeit des erfolglosen Redens nicht abgelöst werden muss durch eine Zeit des Handelns, wie wir das zurzeit in Österreich und der Schweiz erleben.
Ich habe den Eindruck, dass die Bischöfe unter diesem Papst aus Bayern nicht ernsthaft reden wollen oder können. Der Papst beklagt den Zeitgeist in der Welt und sieht nicht den von ihm vertretenen kirchlichen Zeitgeist. Papst Johannes XXIII. und mit ihm die große Mehrheit der Bischöfe haben vor 50 Jahren die Zeichen der Zeit erkannt und danach gehandelt. Ich wünsche dem „Münchener Kreis“ viel Zuspruch aus dem Kreis der Gläubigen, Standhaftigkeit gegenüber der Hierarchie und baldigen Erfolg.

Walter Hürter, Ingolstadt


Wie Fürstbischöfe

Konkordat und Kirchenrecht in Deutschland (nicht so zum Beispiel in der Schweiz) vereinen alle Macht in der Hand unserer Bischöfe. Es darf nicht verwundern, wenn dann auch manche wie Fürstbischöfe agieren. Bisher sind alle Laienproteste an diesen Mauern verpufft.
Umso mehr ist es zu begrüßen, verdient unseren höchsten Respekt, wenn sich die unmittelbarsten Mitarbeiter, unsere Priester, diesem Diktat widersetzen, gemeinsam mit uns, als einem gewichtigen Teil des Gottesvolkes, Dialog auf Augenhöhe fordern. Sollen wir, die Aufklärung schon lang hinter uns, auf unser eigenes Mitdenken, Hinterfragen verzichten?
Entgegen der Formulierung in dem SZ-Artikel wird der Diözesanrat gerade nicht seiner Aufgabe als Vertretung der Laien gegenüber dem Bischof gerecht, und dies schon seit Jahren. Ganz im Gegensatz zum Beispiel zum Diözesanrat der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Nicht der Diözesanrat, wohl aber Mitglieder des Diözesanrats, Mitglieder des Zukunftsforums zusammen mit weiteren engagierten Christen, haben 61 Empfehlungen aller Facetten der Probleme unserer Diözese erarbeitet. Der echte ergebnisoffene Dialog darüber muss eingefordert werden.

Tillo Weinmann, Puchheim


Rigoros und autoritär

Als vom Geist des Konzils geprägte langjährige Religions- und Ethiklehrerin möchte ich den Priestern und Diakonen des „Münchner Kreises“ meine Solidarität bekunden: Ich teile ihre Sorgen um die Situation der Kirche in der Erzdiözese. Es ist auch für „uns Laien“ frustrierend, beschämend und traurig mitzuerleben, wie der Herr Kardinal in kirchenfürstlicher Art der Selbstdarstellung, mit rigorosem Management und autoritärem Machtgebaren die Anregungen und Wünsche seiner Glaubensschwestern und -brüder aus dem „Kirchenvolk“ vom Tisch fegt und ins Leere laufen lässt – obwohl er selbst zuvor zum Dialog eingeladen hatte. Da kommt der Verdacht auf, das Dialog-Angebot habe reine Alibifunktion, eine auf die Sorgen, Nöte und Hoffnungen der mündigen Gläubigen an der Basis zugeschnittene Pastoral werde gar nicht wirklich angestrebt.
So bleibt die Seelsorge in den übergroßen Pfarrverbänden oft auf der Strecke; die physischen, psychischen und spirituellen Kräfte engagierter, glaubwürdiger Pfarrer werden verschlissen; zukunftsorientierte, einsatzbereite Laien, besonders Frauen, werden in kirchenrechtlich zementierte Schranken verwiesen, und zuvor geschiedene Wiederverheiratete und Gläubige in konfessionsverschiedenen Partnerschaften werden auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertröstet, wenn sie das gemeinsame Mahl mitfeiern möchten. Ist es da verwunderlich, wenn immer mehr überzeugte Christen und besonders sinnsuchende junge Menschen der Amtskirche den Rücken kehren?

Maria-Anna Berg, München

Zuletzt geändert am 13­.10.2012