9. September 2018 - Der Pilger
Aufrufe allein reichen nicht
Zum Beitrag „Neues Denken in der Kirche gefordert“, „der pilger“ vom 26. August, S. 3.
In dem Artikel steht der Satz: „Manche Kommentatoren vermissen konkrete Maßnahmen.“ Mir scheint, dass dies eine berechtigte Kritik am ganzen Pontifikat von Papst Franziskus ist. Der Papst ruft unentwegt alle Glieder der Kirche zu einem Mentalitätswandel auf, aber er entscheidet wenig. Er fordert sogar die Bischofskonferenzen dazu auf, selbst zu handeln oder ihm Vorschläge für Entscheidungen zu machen, aber die Bischofskonferenzen sind sich uneinig oder es fehlt ihnen der Mut oder die Phantasie für Vorschläge. Es ist deshalb zu befürchten, dass die Veränderungen, die Papst Franziskus im Auge hat, Strohfeuer sind, die von seinem Nachfolger wieder gelöscht werden.
Zwei Beispiele:
- Der Papst wünscht sich, dass sich die Homosexuellen in der Kirche zu Hause fühlen (siehe Pilger vom 19. August 2018, S. 12), aber es fehlt ein Zeichen, das dies überzeugend zum Ausdruck bringt. Das wäre nach meiner Kenntnis aus Sicht der Homosexuellen die Segnung ihrer Partnerschaften oder Ehen. Sie wird von ihnen dringend gewünscht, aber das darf in der katholischen Kirche nicht sein – wohl aber in den meisten evangelischen Landeskirchen. Somit bleibt das Anliegen des Papstes wolkig und unverbindlich.
- Dass die für die zahlreichen Opfer und für das Ansehen der Kirche so katastrophalen Missbrauchsfälle mit dem Pflichtzölibat zu tun haben, ist inzwischen mehr als eine Vermutung. Papst Franziskus scheut sich zwar nicht, die Missbrauchsfälle mit den schärfsten Worten zu geißeln und zur Nulltoleranz aufzufordern, aber zu einer Ursachenbekämpfung etwa durch Abschaffung des Pflichtzölibats kann er sich nicht entschließen.
Meines Erachtens müssten Laien wie auch Kleriker vom Papst als auch von den Bischöfen mit Nachdruck kirchenrechtliche Entscheidungen fordern. Aufrufe zum Sinneswandel reichen nicht.
Dr. Rudolf Walter, Frankenthal
Zuletzt geändert am 09.09.2018