16.12.2020 an Bergische Landeszeitung
Leserbrief zu: kath. Kirche und das Recht
In Leserbriefen der Herren H. Pfeil und G. Pröhl (BLZ vom 14.12., Seite 13 und BLZ vom 15.12., Seite 18) werden Fragen gestellt zu katholische Kirche und Recht. Ich versuche Antworten:
Ja, das kirchliche Recht ist eine Parallelwelt, die nicht zum Verfassungsrecht und zum Strafrecht der Bundesrepublik passt.
Ja, der Bischof entscheidet alleine in seiner Diözese. Er kann einen Rat anhören, er muss es aber nicht. Hat er Berater bestellt, braucht er ihren Rat nicht anzunehmen. Was der Bischof zu glauben lehrt und was er an Personal- und Sachentscheidungen trifft, das haben die Gläubigen in christlichem Gehorsam anzunehmen. So steht es im Canon (Paragrafen) 212 des Kirchenrechts.
Ja, es sind der Papst und die Kirchenfürsten (Bischöfe), die in der katholischen Kirche alleine das Sagen haben. Nein, die Laien haben in der katholischen Kirche nichts zu sagen!
Nein, das Rechtssystem der Institution katholische Kirche steht nicht auf dem Boden des Grundgesetzes! Das wird erreicht mit einem Trick:
„(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig.“ So steht es in Art. 137 Weimarer Verfassung. Dieser Art. ist nach Art. 140 GG Bestandteil des Grundgesetzes. Darauf beruft sich dann im Streitfall die katholische Kirche und sagt: Das ist alles unsere innere Angelegenheit, die ordnen und verwalten wir selbständig.
Die Sache hat aber einen Haken. Das Zitat aus Art. 137 WRV137 ist nicht vollständig. Unterschlagen wird der zweite Teil des Art 137, der lautet: (3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Hier ist ohne jeden Zweifel das Grundgesetz gemeint. Da stehen in Art. 1 bis 19 die Grundrechte/Menschenrechte. Die gelten aber alle in der katholischen Kirche nicht!
Es gibt in Deutschland nicht viele Menschen, die sich etwas im Kirchenrecht und auch im Verfassungsrecht auskennen. So bleiben die Hintergründe für Konflikte verborgen, wie sie durch Herrn Kardinal Woelki entstanden sind.
Mit freundlichen Grüßen
Wilhelm Gatzen
Zuletzt geändert am 16.12.2020