21.9.2007 - Süddeutsche Zeitung
Vom Papst toleriert
Im Artikel von Matthias Drobinski ist von einer „Meute von Feinden” die Rede, gegen die sich der Regensburger Bischof Müller glaubt verteidigen zu müssen. Seit seinem Amtsantritt werden häufig Katholiken, die sein persönliches Fehlverhalten als Bischof kritisieren, von ihm als Kirchengegner und sogar als Kirchenfeinde diskriminiert. Er beweist damit eine Unfähigkeit, die er bereits als Theologieprofessor gezeigt hat, nämlich sich sachlich mit der abweichenden Meinung anderer fair und in christlichem Geist auseinanderzusetzen. Trotz dieses schwerwiegenden Mangels in der Menschenführung wurde ihm vom Papst Johannes Paul II. das verantwortliche Amt eines Bischofs übertragen. Noch verhängnisvoller ist die Tatsache, dass der jetzige Papst das andauernde Fehlverhalten des Bischofs toleriert und offensichtlich sogar unterstützt.
Walter Hürter, Ingolstadt
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Dadurch, dass der Regensburger Bischof Müller einen wegen sexueller Übergriffe an Kindern und Jugendlichen vorbestraften Pfarrer im Jahre 2003 entgegen den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz in einer neuen Gemeinde als Pfarrer eingesetzt hat und der neuen Gemeinde die Vorstrafe ihres neuen Pfarrers wegen sexueller Vergehen verschwiegen hat, verstieß dieser Bischof nicht nur gegen die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz, sondern er hat zudem deutlich gemacht, dass es in der Kirchenhierarchie nach wie vor Tendenzen gibt, sexuelles Fehlverhalten von Klerusangehörigen zu verharmlosen bzw. zu vertuschen.
Dass es auch in der neuen Pfarrgemeinde erneut zu sexuellen Übergriffen gegenüber Messdienern gekommen ist, dafür trägt der Bischof ein Großteil der Verantwortung. Ihm möchte ich Mt. 18,6 anempfehlen; dort urteilt Jesus über die Verführung von Kindern: „Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde.” Nach einer Denkpause käme Müller vielleicht zu der Erkenntnis, dass er sich genauso schuldig gemacht hat wie der Täter. Die Entscheidung Müllers, in Kenntnis der Vorgeschichte einen solchen Priester erneut einer Gemeinde – und damit Kindern und Jugendlichen – zuzumuten, ist unfassbar, unverständlich und in moralischer Hinsicht zutiefst unanständig!
Zu fragen bleibt auch nach der Vorsorgepflicht des Bischofs von Rom. Warum belässt der Papst einen Bischof, der eine solch folgenschwere Schuld auf sich geladen hat, noch weiterhin im Amt? Warum zieht Rom angesichts eines unzweideutig schwerwiegenden Vergehens von Seiten des Regensburger Oberhirten nicht die notwendigen Konsequenzen? Warum haben Bischöfe, die wissentlich pädophile Priester als Sextäter in der Soutane einer Gemeinde zumuten, eine größere Narrenfreiheit als einfache Priester, die die evangelischen Christen zum Abendmahl einladen und deswegen ihrer Ämter enthoben werden?
Paul Haverkamp, Lingen
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Der aktuelle Missbrauchsfall im Bistum Regenburg macht in erschreckender Weise die Folgen des Fehlens unabhängiger Beratungsstellen deutlich. Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche hat deshalb bereits vor Verabschiedung der bischöflichen Leitlinien im Jahr 2002 das „Zypresse-Not-Telefon” für Kinder und Jugendliche bei sexueller Gewalt in der Kirche eingerichtet. Aber auch für Täter, die ein erstes Gespräch zur Lösung ihrer Probleme suchen, steht das Not-Telefon bereit.
Christian Weisner, Dachau
Zuletzt geändert am 29.01.2014