3.12.2012 - National Catholic Reporter
Editorial: Ordination von Frauen würde ein Unrecht beseitigen
Der Ruf zum Priestertum ist ein Geschenk Gottes. Er wurzelt in der Taufe und er wird hervorgerufen von und bestätigt durch die Gemeinschaft, denn dieser Ruf ist authentisch und er ist erkennbar im Charisma einer Person. Katholische Frauen, die den Ruf zum Priestertum vernommen haben und deren Ruf von der Gemeinschaft bestätigt wurde, sollten in der Römisch Katholischen Kirche ordiniert werden. Frauen von der Ordination zum Priestertum auszuschließen ist ein Unrecht, dass nicht bestehen bleiben darf.
Die ungeheuerlichste Aussage in der Pressemitteilung vom 19. November, in der Roy Bourgeois’ „Exkommunikation, Ausschluss und Zuweisung des Laienstatus“ mitgeteilt wurde, ist die Behauptung, dass der „Ungehorsam" von Bourgeois und „die Kampagne gegen die Lehren der Katholischen Kirche" „keine Rücksicht auf die Empfindlichkeiten der Gläubigen nimmt." Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Bourgeois, der sein ganzes Leben auf die Menschen am Rande der Gesellschaft gehört hat, hat die Stimme der Gläubigen gehört und hat auf diese Stimme geantwortet.
Bourgeois zeigt den wirklichen Kern dieses Themas auf. Er sagt, dass keiner bestimmen kann, wen Gott zum Priestertum rufen kann und wen nicht. Zu sagen, dass die Anatomie auf irgendeine Weise ein Hindernis darstellt für die Fähigkeit Gottes eins seiner Kinder zu berufen, wäre eine widersinnige Begrenzung der Macht Gottes in der Meinung der Mehrheit der Gläubigen.
Schauen wir uns an, wie sich die Antwort Roms auf die Forderung seitens der Gläubigen, dass Frauen ordiniert werden sollen, über die Jahre hinweg entwickelt hat:
Im April 1976 hat die Päpstliche Bibelkommission einstimmig beschlossen: „Es scheint nicht, dass sich aufgrund des Neuen Testaments allein das Problem einer möglichen Zulassung von Frauen zum Presbyterat klar und ein für alle Mal entscheiden lässt.“ Nach weiteren Beratungen entschied sich die Kommission mit 12 gegen 5 Stimmen für die Sichtweise, dass die Schrift allein die Ordination von Frauen nicht ausschließt, sowie ebenfalls mit 12 gegen 5 Stimmen für die Sichtweise, dass die Kirche Frauen ordinieren könne, ohne dabei gegen den ursprünglichen Willen Christi zu verstoßen.
Im Schreiben Inter insigniores (datiert vom 15. Oktober 1976, aber erst den nachfolgenden Januar veröffentlicht) erklärte die Glaubenskongregation: „Die Kirche hält sich aus Treue zum Vorbild ihres Herrn nicht dazu berechtigt, die Frauen zur Priesterweihe zuzulassen." Diese Erklärung, veröffentlicht mit der Zustimmung von Papst Paul VI, war ein relativ bescheidenes „hält sich nicht berechtigt."
In seinem Schreiben Ordinatio Sacerdotalis (22 Mai 1994) verstärkte Papst Johannes Paul II die Aussage beträchtlich, indem er erklärte, „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“ Johannes Paul wollte eigentlich den Bann als nicht „reformierbar" beschreiben, eine noch viel stärkere Aussage als „endgültig daran zu halten haben.“ Dies traf jedoch auf erheblichen Widerstand der hochrangigen Bischöfe, die zu einem besonderen Treffen im März 1995 im Vatikan zusammengekommen waren, um das Dokument zu besprechen. NCR berichtete damals davon. Selbst damals erreichten die Bischöfe, in Kenntnis der seelsorgerischen Bedürfnisse der Kirche, ein Zugeständnis an die Möglichkeit, dass diese Lehre geändert werden könne.
Doch dieser geringfügige Sieg verflüchtigte sich schnell.
Im Oktober 1995 unternahm die Glaubenskongregation weitere Schritte. Sie veröffentlichte ein Responsum ad propositum dubium bezüglich der in Ordinatio Sacerdotalis vorgelegten Lehre: „Diese Lehre fordert eine endgültige Zustimmung, weil sie, auf dem geschriebenen Wort Gottes gegründet und in der Überlieferung der Kirche von Anfang an beständig bewahrt und angewandt, vom ordentlichen und universalen Lehramt unfehlbar vorgetragen worden ist.“ Das Verbot der Frauenordination ist Teil des „Glaubensguts", erklärte das Responsum.
Das Ziel des Responsum war es, alle Diskussionen zu beenden.
In einem Begleitschreiben zu dem Responsum, bat Kardinal Joseph Ratzinger, damals Chef der Kongregation, die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen, „alles Mögliche zu tun, um die Verbreitung und positive Aufnahme des Responsums sicherzustellen. Insbesondere und vor allem sollte sichergestellt werden, dass seitens Theologen, Seelsorgern und Geistlichen, keine unklaren und entgegen gesetzten Aussagen mehr gemacht werden.“
Trotz der Bestimmtheit die Ordinatio Sacerdotalis und das Responsum ausdrückten, beantworteten die Dokumente nicht alle Fragen zu dem Thema.
Viele wiesen darauf hin, dass die Aussage, die Lehre basiere auf dem geschriebenen Wort Gottes, das Ergebnis der Untersuchung der Päpstlichen Bibelkommission von 1976 komplett ignoriere.
Andere merkten an, dass die Glaubenskongregation sich nicht auf päpstliche Unfehlbarkeit berief - sie sagte, dass die Lehre des Papstes in Ordinatio Sacerdotalis „vom ordentlichen und universalen Lehramt unfehlbar vorgetragen worden ist." Doch auch darüber wurden Zweifel laut, weil zu der Zeit viele Bischöfe auf der ganzen Welt in Bezug auf diese Lehre ernste Bedenken hatten, obwohl nur wenige sich öffentlich äußerten.
Der Theologe und Jesuit Francis A. Sullivan, ein Spezialist in Sachen Lehramt, schrieb 1995 in der Zeitschrift The Tablet, dass eine Doktrin nicht als unfehlbar gelten kann, solange es nicht eindeutig ist, dass sie als unfehlbar definiert wurde. Er bezog sich hierbei auf Kanon 749. „Die Frage bleibt hier, ob es wirklich unzweifelhaft bewiesen wurde, dass die Bischöfe der Katholischen Kirche [von dieser Lehre"> genauso überzeugt sind, wie es Papst Johannes Paul offenbar ist," schreibt Sullivan.
Fast alle Bischöfe waren von dem Responsum überrascht. Obwohl es auf Oktober datiert war, wurde es erst am 18. November veröffentlicht. Erzbischof William Keeler aus Baltimore, damals der scheidende Vorsitzende der U.S. Bischofskonferenz, erhielt das Dokument ohne Vorankündigung 3 Stunden nachdem die Bischöfe ihr jährliches Herbsttreffen beendet hatten. Ein Bischof teilte NCR mit, dass er von dem Dokument erst aus der Zeitung (The New York Times) erfahren hatte. Er sagte, dass viele Bischöfe sehr verstört über diese Erklärung gewesen seien. Er, wie andere Bischöfe, sprach anonym.
Der Vatikan begann gleich damit, die Kritik zu unterbinden. Der Jesuit Thomas Reese berichtete 1989 in seinem Buch Erzbischof: In der Machtstruktur der katholischen Kirche in Amerika, dass unter Johannes Paul die Ansichten eines Kandidaten für das Bischofsamt zur Lehre gegen die Frauenordination zur Nagelprobe bei der Entscheidung über eine Beförderung gemacht wurden.
Weniger als ein Jahr nach der Veröffentlichung von Ordinatio Sacerdotalis, wurde die Barmherzige Schwester Carmel McEnroy, die als Professorin am St. Meinrad Priesterseminar in Indiana eine Anstellung auf Lebenszeit hatte, entlassen: Sie hatte einen offen Brief an den Papst unterschrieben, der sich für die Frauenordination aussprach. McEnroy war sehr wahrscheinlich das erste Opfer von Ordinatio Sacerdotalis, aber seitdem hat es viele weitere gegeben, zuletzt Roy Bourgeois.
Der selige John Henry Newman sprach von drei Lehrämter in der Kirche: die Bischöfe, die Theologen und das Volk. Zum Thema Frauenordination sind zwei der drei Stimmen zum Schweigen gebracht worden, deshalb ist es wichtig, dass sich jetzt die dritte Stimme Gehör verschafft. Wir müssen in jedem Gremium, in jeder Runde, überall, wo wir es können, unsere Stimme erheben: In den Pfarrgemeinderatssitzungen, in den Gruppen, in denen wir unseren Glauben teilen, bei Zusammenkünften auf Diözesanebene und bei akademischen Veranstaltungen. Wir sollten Briefe an unsere Bischöfe schreiben, an die Herausgeber unserer regionalen Zeitung und an die Fernseh- und Radiosender.
Unser Botschaft ist folgende: Wir glauben, dass es der Sensus Fidelium, die Meinung der Gläubigen, ist, dass der Ausschluss der Frauen vom Priestertum weder eine solide Basis in der Schrift hat noch dass es dafür irgendeinen anderen zwingenden Grund gibt und dass daher Frauen ordiniert werden sollten. In unzähligen Gesprächen in den Gemeindesälen, Vortragshallen und im Familienkreise haben wir die Zustimmung der Gläubigen dazu gehört. Das Thema wurde erforscht und es wurde darüber gebetet, einzeln und in Gruppen. Die mutige Zeugnis der Konferenz für die Ordination von Frauen (Women's Ordination Conference), um nur ein Beispiel zu nennen, gibt uns die Zusicherung, dass sich die Gläubigen diese Meinung gebildet haben, nach vielem Beten, Überlegen, sorgfältiger Nachforschung und Prüfung, ja selbst der Prüfung von Ordinatio Sacerdotalis.
NCR schließt sich Roy Bourgeois an und fordert die Katholische Kirche auf, diese unrechte Lehre richtig zu stellen.
Quelle: http://ncronline.org/news/people/editorial-ordination-women-would-correct-injustice
Dieser Artikel erschien in der gedruckten Ausgabe von 7. – 20. Dezember 2012 unter dem Titel: Correct an injustice: Ordain women.
Der National Catholic Reporter ist eine unabhängige Zeitschrift herausgegeben in Kansas City, Missouri, USA.
Übersetzung: bernie-wb.blogspot.de
Zuletzt geändert am 04.12.2012