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Veröffentlicht am 29­.08.2017

August 2017

Offener Brief von Pfarrer Siegfried Fleiner

Pfarrer Siegfried Fleiner

Kirchstein


Offener Brief an die Bischöfe der deutschen Diözesen


Sehr verehrte Mitbrüder im bischöflichen Amt


ich bin jetzt 85 Jahre alt und seit 60 Jahren Priester, elf davon in Lateinamerika. Bevor ich sterbe, möchte ich Euch Fragen stellen, die mich beschäftigen und bedrängen. Ich spüre eine zunehmende Wut auf Euch, weil Ihr sehenden Auges unsere Gemeinden und unsere Kirche in eine seelenlose Wüste führt. Jedes Gemeindemitglied weiß, woher der Priestermangel in unserer Kirche kommt, nämlich, weil Priester nicht heiraten dürfen. Das müsst ihr auch wissen und ich verstehe nicht, warum Ihr Euch nicht zusammentut und durch Euren Vorsitzenden, der ein Vertrauter des Papstes ist, diesen bittet, die Zulassungsbestimmungen zum Priesteramt zu ändern.

          Papst Franziskus hat einmal Bischof Kräutler bei einem Gespräch in Brasilien gesagt, Bischöfe sollten ihm diesbezüglich einen Vorschlag machen. Warum tut Ihr das nicht? Meine Antwort darauf, weil Ihr ein Haufen Feiglinge seid. Ich sage das nicht, um Euch zu beleidigen, sondern weil ich weiß, Ihr Oberhirten seid aus dem gleichen Holz geschnitzt, wie wir Unterhirten. In meinen langen Priesterjahren habe ich kaum erlebt, dass bei Priester- oder Dekanatskonferenzen brisante Themen angesprochen wurden. Wenn doch, wurde immer tunlichst vermieden, dass die Ergebnisse in die Öffentlichkeit gelangten, oder auch nur an die Kirchenoberen weitergegeben wurden. Ich vermute, bei Euch ist es ähnlich. Ausdrücklich davon ausnehmen möchte ich die Reformpriester in den Diözesen und die Bewegung "Wir sind Kirche", die vielen Gläubigen, die dieses Problem auch sehen und etwas dagegen unternehmen wollen, aber von Euch nicht als Gesprächspartner akzeptiert werden.


Ein weiteres Thema das mich beschäftigt, ist die Behandlung, die die Kirche alten und gebrechlichen Priestern zuteilwerden lässt. Nach meinem Schlaganfall wurde über das Pfarrhaus, das ich bewohne, gesagt, es sei sehr schwierig und teuer, dieses Behindertengerecht umbauen zu lassen.

          Es sei deshalb sicher besser, den Priester gleich in ein Pflegeheim zu stecken. Gottlob wurde das
durch eine wehrhafte Gefährtin verhindert sonst wäre ich in einem Heim wahrscheinlich schon längst eingegangen und ihr müsstet diesen Brief nicht lesen.

          Kürzlich, beim Fronleichnamsfest, als Dutzende von Ministranten und Ministrantinnen vor dem Altar aufzogen, ist mir zum ersten Mal der Gedanke gekommen, wie stolz ich wäre, wenn einer dieser mein Enkel wäre. Vielleicht denkt Ihr, ich sei nicht zum ehelosen Leben berufen. Das mag sein, jedenfalls fühle ich mich aber berufen, Euch zu bitten, doch endlich dem Papst den Vorschlag zu machen, die Zulassungsbedingungen zum Priesteramt zu ändern.

          Ich unterschreibe den Brief wie das früher gemacht wurde; nämlich:


Eure Exzellenz, Euer gehorsamst ergebener


Siegfried Fleiner, Priester in Ruhe

Zuletzt geändert am 29­.08.2017