Bischof 7 mal 7 Nachwort aus "Ein Mandala voll Gottvertrauen"
Bischof 7 mal 7
Nachwort aus "Ein Mandala voll Gottvertrauen"
Warum ich mich als Bischof berechtigt und verpflichtet sehe, berufene Frauen (genauso wie berufene Männer) zu Priestern zu weihen:
- weil mich die Synode aus bibeltheologischen Gründen, aus Gründen der Tradition, des Glaubenssinnes des Volkes und aus Gründen der Vernunft mit 84,1% Zustimmung dazu ermächtigt hat;
- weil Christus Mensch wurde, nicht Mann, nicht Frau, und den Schoß einer Frau und Mutter nicht verschmähte;
weil durch die Taufe alle am königlichen, prophetischen und priesterlichen Amt Christi teilhaben; - weil in der Bibel nur Christus "Priester" genannt wird und sich das dreigeteilte Amt erst ab dem 2./3. Jahrhundert entwickelt hat;
- weil es das Sakrament der Priesterweihe erst sehr spät gibt (ab dem 5. Jahrhundert) und die Lehre vom "unauslöschlichen Merkmal", das bei einer Weihe übertragen wird, erst endgültig seit dem Trienter Konzil (16. Jahrhundert);
- weil der 12-Männer-Kreis symbolische Bedeutung hat (12 Stämme - 12 Apostel!) und das Argument "Jesus wählte keine Frau" nicht gelten kann; er wählte auch keinen Nicht-Juden;
- weil die Frau nach der Schöpfungs- und Erlösungsordnung Christus und die in Christus versammelte Gemeinde genauso repräsentieren kann wie ein Mann;
- weil die höchste Christus-Repräsentation in der frühen Kirche von Frauen und Männern im Martyrium geschah und Märtyrer einen höheren Rang einnahmen als z. B. Bischöfe;
- weil es biblisch und theologisch kein wirkliches Gegenargument gibt;
- weil Frauen in der Bibel als Apostolinnen, Prophetinnen, Missionarinnen und Lehrerinnen gewirkt haben und Hausgemeinden vorstanden;
- weil der auferstandene Christus selbst Maria von Magdala als erste Zeugin der.Auferstehung zu den Aposteln sendet;
- weil Jesus mit der samaritanischen Frau am Jakobsbrunnen ein theologisches - und das erste biblisch bezeugte ökumenische - Gespräch führt;
- weil Frauen in der Bibel Maria von Magdala, Johanna und Susanna u. a. Jesus mit ihrem Besitz dienten;
- weil die Wirklichkeit Gottes sowohl den "männlichen" Logos- als auch den "weiblichen" Sophia-Gedanken umfaßt;
- weil Gott universal ist und zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten nicht unterschiedlich berufen kann;
- weil der Grund der "kultischen Unreinheit" nach der Botschaft Jesu überholt ist, da alles, was Gott geschaffen hat, gut ist und geheiligt wird durch die Annahme unter Dank und Gebet (1 Tim 4,1-4);
- weil durch die Taufe grundsätzlich nationale, gesellschaftliche und geschlechtliche Unterschiede aufgehoben sind (Gal 3,28);
- weil man nicht ein Sakrament gegen ein anderes stellen kann, sonst müßte man Frauen, "wenn sie weiheunfähig sind", auch als taufunfähig bezeichnen;
- weil kein ökumenisches Konzil noch irgend ein gesamtkirchlich verbindlicher Text die Frauenweihe mit dogmatischen Gründen ausschließt;
- weil die Kirche dem Wandel der Zeit unterworfen ist durch das Wirken der Geist-Wirklichkeit Gottes, die heute genauso am Werk ist wie zu Beginn der Kirche und weht wann, wo und wie sie will;
- weil es um das Heil des ganzen Menschen geht und all unser Kirche-Sein immer offen bleiben muß für die größere Wirklichkeit des umfassenden Heiles des Kommens des Reiches Gottes;
- weil Frauen damals eine andere gesellschaftliche Stellung und Geltung hatten als heute;
- weil die Sündenfallgeschichte in ihrer Auswirkung bis heute allein Eva die Schuld gab und gibt, während Adam widerspruchslos ein "Mitesser" war;
- weil gegen den Geist Jesu frühchristliche Frauentraditionen systematisch unterdrückt und zum Verschwinden gebracht wurden und erst heute mühsam wieder aufgedeckt werden;
- weil gegen den Geist Jesu aus einer Kirche der Gleichgestellten und aus der geschwisterlichen Ordnung (Mt - Gemeinderegel) Über- und Unterordnung wurde;
- weil gegen den Geist Jesu kirchliche Patriarchaüsierung Frauen vom Amt ausschloß und dies der Tendenz nach schon in den Pastoralbriefen beginnt und sich bei den Kirchenvätern fortsetzt;
- weil die PÖ lemik einiger Kirchenväter gegen das kirchliche Amt von Frauen nicht nur zur theologisch falschen Lehre von der Minderwertigkeit der Frau, sondern auch zur skandalösen Gleichsetzung von Frau und Häresie geführt hat (Hieronymus);
- weil gegen den Geist Jesu z. B. Tertullian Frauen verachtet und fürchtet und der Frau nicht nur die Verführung des Mannes, sondern auch die der Engel vorwirft und sie als "Einfallstor aller Sünde und des Teufels" diffamiert, was sich schlimm ausgewirkt hat, aber heute von niemandem ernsthaft vertreten werden kann;
- weil man biologisch falsch noch bis ins 19. Jahrhundert glaubte, im Sperma des Mannes sei der ganze Mensch enthalten und die Frau trage nur den schützenden Nährboden für den Fötus bei;
- weil es auch in anderen Fällen in der Kirche immer wieder Neuerungen gab: Zölibatsgesetz, liturgische Sprache, Kirchenstaat, neue Ämter und Dienste;
- weil Frauen als Diakoninnen - vor allem im Osten - im ersten Jahrtausend der Kirche bestens bezeugt sind und die gleiche Weihe wie die Männer empfingen (consecratio, nicht benedictio);
- weil historische Argumente gegen Frauen im Amt wie "Wiederkehr der Göttinnen", "Heiden nehmen Anstoß", "Gefahr des Einflusses reicher Frauen" (Witwen) ... heute nicht mehr gelten;
- weil in der konfliktreichen, geschichtlichem Diskussion um Weiheämter
- für Frauen vor allem Machtfragen, Probleme der Anerkennung und der öffentlichen Geltung eine entscheidend negative Rolle gespielt haben und aus eben diesem Faktum heute ein positives Argument wird;
- weil der Geist des Evangeliums dem Buchstaben der Tradition widerspricht und die Gründe für die Nachordnung der Frau (sie gehöre nicht an den Altar bzw. könne nicht lehren) entweder vorchristlicher Sakralordnung oder spätmittelalterlicher Lehre entspricht und somit sozio-kulturell bedingt sind;
- weil der von Tertullian und neuerdings wieder angeführte Verhinderungsgrund "der sündhaften Unordnung" (Johannes Paul II) nicht nur Frauen, sondern alle Menschen betrifft;
- weil kirchenrechtliche Bestimmungen wandelbar sind und die ontologische Begründung einer wesentlich entscheidenden Differenz zwischen Frau und Mann einer bestimmten (scholastischen) philosophischen Strömung entspringt, die später durch andere philosophische Systeme und Denkweisen (z.B. Existenzphilosophie) relativiert, ergänzt und überholt wurde;
- weil die Frauenordination heute eine Notwendigkeit ist und die Glaubwürdigkeit der Kirche auf dem Spiel steht;
- weil weit mehr Frauen als Männer sich religiös engagieren und am Gottesdienst teilnehmen und die Kirche die Frauen braucht;
- weil Frauen noch zu Beginn unseres Jahrhunderts "nicht für fähig gehalten wurden, im Kirchenchor mitzusingen" (Pius X), wozu sie später doch fähig wurden (vgl. auch Ministrantinnen!), wenn auch "im gemischten Kirchenchor, getrennt von den Männern" (Pius XII);
- weil es nach heutigem Empfinden natürlich und vernünftig ist, während es Paulus für unnatürlich hielt, wenn Frauen kurze Haare und Männer lange Haare tragen (vgl. 1 Kor 11,14) ;
- weil zu den herkömmlichen Kriterien bei der Beurteilung einer kirchlichen und den Glauben berührenden Angelegenheit: was sagt die Bibel, was sagt die Tradition, was sagt die öffentliche Meinung? noch das Kriterium der Gerechtigkeit hinzukommen muß;
- weil die Kirche kein Recht hat, berufene Menschen von einem kirchlichen Auftrag grundsätzlich auszuschließen;
- weil das Geschlecht eines Menschen nicht über die Fähigkeit zu einem kirchlichen Dienst befinden kann;
- weil "katholisch" allumfassend bedeutet und die anglikanischen und reformatorischen Kirchen, die Frauen ordiniert haben, nicht allesamt im Irrtum sein können, vielmehr Teile der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche sind;
- weil die Kirche Christus, dem Herrn der Kirche, und Gott nicht vorschreiben bzw. erlauben kann, unter welchen Bedingungen er einen Menschen und wen er in seinen Dienst berufen will;
- weil die männerdominierte Theologie und Christologie längst durch die Frauensicht ergänzt und bereichert worden ist und noch weiterer Ergänzung und Vervollständigung bedarf;
Quelle vermutlich:
Ein Mandala voll Gottvertrauen (1. Januar 1998)
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Zuletzt geändert am 05.08.2020