April 2024 - Eichstätter-Kurier
Vielfalt ohne Spaltung
Leserbrief zur Podiumsdiskussion zum synodalen Weg „Ohne den Dialog geht es nicht“ (EK 28./29.3.2024)
Die katholische Kirche muss sich erneuern, um überhaupt noch als relevant wahrgenommen zu werden mit ihrer so wichtigen Botschaft des Evangeliums. Auch steht eine nicht wirklich befriedigende Aufarbeitung der Missbrauchsskandale der Wiedererlangung ihrer Glaubwürdigkeit im Wege. Sie hat es versäumt, sich auf den Wandel von einer früher hierarchischen Obrigkeits-hörigen streng-gläubigen Gesellschaft zu einer heute mehr offenen und aufgeklärten Gesellschaft einzustellen. Der gebotene Abbau von Machtstrukturen hat nie stattgefunden. Zeitgemäße Antworten zur Sexualmoral, zum Umgang mit Homosexualität und geschlechtlicher Vielfalt, zur „Frauenfrage“, sowie zum Pflichtzölibat sind überfällig.
In dieser Zeit der Krisen und Unsicherheiten brauchen wir den wunderbaren christlichen Glauben, aber nicht eng definiert, passiven Gehorsam fordernd und entmündigend. An die Stelle von Bedingungen wie „Menschen müssen so sein und so glauben wie wir, um in der Kirche einen Platz zu haben“ sollte demütige Evangelisierung auf Augenhöhe treten.
Kirche muss mit leuchtendem Beispiel vorangehen und zeigen, wie heute „die Macht der Ohnmacht, die in der Liebe steckt“, gelebt wird. Wir dürfen darauf vertrauen, dass uns der Heilige Geist den richtigen Weg zeigt, Jesus Nachfolge zu leben - geprägt von Mitgefühl, Gerechtigkeit, Authentizität und von Verantwortung.
Papst Franziskus hat dazu aufgerufen, ein neues Modell zu suchen, das ungleiche Beziehungen, Über- und Unterordnungen überwindet und einen Dialog in Gang setzt, der neue kirchliche Wege und Strukturen für das dritte Jahrtausend zu finden versucht.
In der Haltung der Synodalität müssen Kompromisse gefunden werden, wie der neue Weg zu einer dienenden Kirche möglich wird. Macht muss auf mehrere – auch nicht klerikale – Schultern verteilt werden.
Das Horror-Szenario eines neues Schismas mit Abspaltung der deutschen Kirche darf den Dialogprozess des Synodalen Wegs nicht aufhalten. Die konservativen Bischöfe – wie auch unser Bischof – dürfen sich nicht hinter der vermeintlichen Ablehnung der Weltkirche gegenüber Synodalen Themen verstecken.
Es müssen auch nicht alle Christen auf der ganzen Welt alle Beschlüsse des Synodalen Wegs überall auf der Welt gleich auslegen und leben. Dezentrale Wege und Formen sollten vielmehr eine gelungene Vielfalt schaffen, ohne dass dies zur Spaltung führt.
Ein wunderbares Geschenk von Gott an uns Menschen ist Freiheit. Diese sollte auch die Römische Kirche den jeweiligen Bischofskonferenzen schenken und ihnen zugestehen, die zu ihren Gesellschaften passenden Regularien eines zeitgemäßen Glaubens zu gestalten.
Elisabeth Boretzky, Eichstätt
Zuletzt geändert am 16.04.2024