Exkommunikation Heizer
Wir sind Kirche (D): „Aufforderung zum Sinneswandel, nicht Ausschluss aus der Kirche“
Stellungnahme der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche Deutschland
Die Exkommunikation von Dr. Martha und Gert Heizer aus der Diözese Innsbruck schlägt hohe Wellen, auch deshalb, weil Martha Heizer eine Initiatorin des Kirchenvolksbegehrens 1995 war und jetzt Vorsitzende der Plattform Wir sind Kirche in Österreich und Sprecherin von IMWAC, der Internationalen Bewegung Wir sind Kirche ist.
Papst Paul VI. hat eine lex fundamentalis, ein Grundgesetz der Kirche in die Wege geleitet. Papst Johannes Paul II. hat diese Entwicklung gestoppt.
Nach der gegenwärtigen Rechtsnorm steht das gute Funktionieren der Kirche im Vordergrund, nicht die Würde des Menschen.
Bei aller Akzeptanz von Rechtsnormen muss immer wieder gefragt werden: Wer hat diese Gesetze aufgestellt, wem nützen sie und wen schließen sie aus?
Auch muss ein Grundsatz der Moral berücksichtigt werden, die Epikie. „Als E. (griech. Billigkeit) bezeichnet man das Verhalten eines Menschen, der erkennt, daß die Forderung eines Gesetzes den Gegebenheiten seiner Situation nicht entspricht, u. daher nicht das Gesetz befolgt, sondern sich entscheidet, das Situationsrichtige zu tun. (LChM 1976, Sp. 358-362). Letztlich gilt: „Nicht der Buchstabe des Gesetzes, sondern die theologische Wahrheit ist verpflichtend.“ Das macht bei Bedarf „eine Gesetzeskorrektur zur wahren Gerechtigkeit hin“ erforderlich (Prof'in Dr. Sabine Demel).
Nach dem Neuen Testament ist Mittler einzig und allein Jesus, der Christus. Die, die seinen Namen tragen, die Christen und Christinnen, sind hieráteuma (lat. sacerdotium), also „ein heiliges Volk von Priestern, eine königliche Priesterschaft“ (1 Petr 2,5-9).
Der ordinierte, also der „geweihte“ Priester ist presbys, presbyter = Ältester, Gemeindeleiter. Er ist eben nicht Mittler zwischen Gott und den Menschen, denn jeder Christ und jede Christin ist durch die Taufe befähigt, den anderen Menschen Gott zu vermitteln.
Der ordinierte Priester handelt zwar in persona Christi, aber eben letztlich im Auftrag der Gemeinde, die ihn im Notfall auch eigenständig dazu berufen kann. Die Weihe hebt den Priester nicht über die anderen Menschen, sondern stellt ihn in einen besonderen Dienst in der Gemeinde. Diesen Dienst kann im Grunde jede und jeder zugesprochen bekommen, darin sind sich die meisten Theologen heute einig. Die Aufforderung „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (1 Kor 11,25) ist an alle gerichtet. Ein bestimmter Adressat wird nicht erwähnt.
Wir können heute nicht einfach die urkirchlichen Verhältnisse kopieren, aber wir sind immer gehalten, uns daran zu orientieren, um uns nicht von dem zu entfernen, was Kirche auf den Weg gebracht hat. Von einer Hierarchie, einer heiligen Herrschaft, ist im Neuen Testament nie die Rede, sondern davon: „Einer ist euer Meister, ihr alle seid Brüder und Schwestern“ (Mt 23,8) und „Ich bin unter euch wie einer, der dient“ (Lk 22,27).
Es muss gelten: Was einmal möglich und gültig war – die Feier der Eucharistie ohne ordinierten Priester - kann heute nicht grundsätzlich unmöglich sein. Das gilt auch für die Leitung einer Eucharistiefeier durch eine Frau (vgl. Röm 16, 1.3.6.7.12; Phil 4,2 f.). Paulus sah keinen Grund, gegen das gleichberechtigte Auftreten von Frauen und Männern im Gottesdienst vorzugehen; er regelt lediglich bestimmte Äußerlichkeiten. Dieses Argument – was einmal möglich und gültig war, kann heute nicht grundsätzlich unmöglich sein – gilt heute mehr denn je; denn wir leben in einer Epoche großer Umstrukturierungen, in der viele überlieferte Formen nicht mehr plausibel sind.
Das aggiornamento, das Heutigwerden der Kirche, von dem der Konzilspapst Johannes XXIII. spricht, bedeutet nicht eine Anpassung an den Zeitgeist, sondern heißt, die befreiende Botschaft des Evangeliums vom Reich Gottes in unserer Zeit zu leben.
Daher verlangt nicht nur die Gerechtigkeit, sondern auch das Recht, dass vor dem Gesetz alle gleich sind. Es darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.
Wegen der durch Laien „simulierten Eucharistiefeier“ wurde die Exkommunikation verhängt.
Der sexuelle Übergriff eines Priesters ist nach dem CIC ein gleich schweres Verbrechen. Aber ein deswegen suspendierter Kleriker wird nicht mit Exkommunikation bestraft.
Es wird offenbar mit zweierlei Maß gemessen, weil ein sakralisiertes Kirchenverständnis vorliegt. Gemäß der Rechtssystematik wird Missbrauch nicht geahndet, weil Menschen geschändet werden, sondern weil das Priestersakrament geschändet wird.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist Dialog das Grundprinzip von Kirche. Dialog geschieht aber auf Augenhöhe und geht nicht davon aus, dass die eine Seite von vornherein Recht hat.
Den Piusbrüdern gegenüber zeigt die römische Kirchenleitung eine größere Geduld. Bei Bischof Williams, sogar von den Piusbrüdern selber suspendiert, bleibt die Exkommunikation aufgehoben.
Exkommunikation ist kein Ausschluss aus der Kirche. Wir sollten also Martha und Gert Heizer nicht wie Ausgeschlossene behandeln. Es besteht kein Grund, Martha den Rücktritt von ihren Aufgaben in der Kirchenvolksbewegung Wir sind Kirche nahelegen. Was ihnen beiden vorgeworfen wird, ist kein Rückschritt (wie z. B. bei den Piusbrüdern), sondern weist auf die Zukunft der Kirche hin, die sich wieder auf ihre Ursprünge besinnt.
Exkommunikation ist eine Aufforderung zum Sinneswandel. Wenn es bei dieser Exkommunikation nur Verlierer gibt, wie Bischof Manfred Scheuer meint, dann müsste sie auch eine Aufforderung zum Sinneswandel bei der Kirchenleitung sein.
Bundesteam der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche (25.5.2014)
Zuletzt geändert am 23.07.2014