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Veröffentlicht am 08­.04.2007

Christ in der Gegenwart Nr. 14 (2007) S. 108

Wann kommt die Kirche ins 21. Jahrhundert?

In CiG Nr. 5 lese ich im Beitrag „Wir kapitulieren?“, daß wir Westeuropäer uns zuwenig um ein neues christliches Selbstverständnis bemühen, aber daß wir – Ende gut alles gut - an Weite und Offenheit und innerer Geisteskraft gewonnen haben, anscheinend nicht zuletzt im Vergleich mit dem Islam. Etwas später im "Für Sie notiert" mit Äußerungen des Pastoraltheologen Karl Schlemmer (S.39) heißt es, wie wichtig und entscheidend eine ökumenische Christenheit für die Zukunft ist. Nein, so einfach geht es nicht! Es sind nicht die Westeuropäer, die sich zuwenig um ein erneuertes christliches Selbstverständnis bemühen. Es ist die Kirche selbst, die sich nicht darum küm- mert. Das ist die traurige nackte Realität, mit der wir seit Jahrzehnten leben müssen. Wo sind denn die verheirateten Priester, die pfarrerlose Gemeinden endlich betreuen dürfen? Wo die Priesterinnen, die endlich ihre Berufung leben dürfen und nicht mehr auf ein biologisches Nachfolgeverständnis reduziert werden? Wo sind die Theologen, die aidskranken Völkern außer Enthaltsamkeit auch etwas vom Kondom erzählen? Wo ist der Priester, der wiederverheirateten Geschiedenen die Eucharistie gibt, und wo die Bischöfin, mit der ich mal von Frau zu Frau familiäre Zukunftssorgen erörtern könnte? Wo ist die vereinigte ökumenische Kirche? Da bleibt einem doch die Luft weg ob all der kirchlichen Selbstzufriedenheit.

Auch wir Christen haben noch keine Möglichkeit von unserer Kirche bekommen, ins 21. Jahrhundert eintreten zu dürfen. Und wenn uns dann Muslime sagen, daß sie in vielem moderner sind als wir, dann nützt es auch nichts, sie auf ihre eigenen Rückständigkeiten zu verweisen. Denn auch das bringt uns keine Er- neuerung. Wann faßt sich die Kirche endlich an ihrer eigenen Nase? Damit Westeuropäer sich nicht länger als" verhinderte Christen im 21. Jahrhundert" sehen müssen und wieder gerne in die Kirche kommen? Menschen bleiben weg, wenn es nichts mehr zu bereden gibt, weil alles bereits tausendmal gesagt worden ist und die Kirche nichts gehört hat! Was macht man gegen Taubheit bei den Entscheidungsträgern?

Roswitha Delgado, Fribourg, Schweiz

Zuletzt geändert am 22­.04.2007